CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
Hauptquartier verlassen konnte. Sie sahen es als sein großes Verdienst an, dass er sich bemüht hatte, den Geheimdienst zu retten. Zur Schande freilich gereichte ihm, dass er am Ende die CIA vor der Politik hatte kuschen lassen.
»Was die nachrichtendienstliche Analyse betrifft, so kann ich dort keinen Leistungsabfall erkennen«, erklärte Kissinger auf der letzten Sitzung vor der Amtseinführung Jimmy Carters. »Das Gegenteil allerdings gilt für den Bereich der verdeckten Aktionen. Da sind wir mittlerweile handlungsunfähig.«
»Henry, da hast du recht«, sagte George Herbert Walker Bush, einer der eifrigsten Förderer, die der Zentrale Nachrichtendienst je hatte. »Wir sind ebenso untüchtig wie eingeschüchtert.«
V Freudloser Sieg
Die CIA unter Carter, Reagan und George H. W. Bush 1977 bis 1993
36 » Er war bestrebt, ihr System zu zerstören«
Während seiner Bewerbung um das Präsidentenamt hatte Carter die CIA als Schande für das Land angeprangert. An die Macht gelangt, unterzeichnete er im Laufe der Zeit fast so viele Anweisungen für verdeckte Aktionen wie Nixon und Ford. Der Unterschied war, dass er das im Namen der Menschenrechte tat. Das Problem bestand darin, die geschwundenen Kräfte der CIA diesem neuen Ziel zu verpflichten.
Seine Suche nach einem neuen Direktor für den Zentralen Nachrichtendienst verlief nicht sehr glücklich. Thomas L. Hughes, der frühere Leiter des im Außenministerium angesiedelten Amts für nachrichtendienstliche Informationen und Recherchen, lehnte dankend ab. Stattdessen ging der Ruf an den Redenschreiber Kennedys, Ted Sorensen. »Ich war nicht schlecht überrascht, als Carter mich anrief und mich bat, nach Plains zu kommen«, erinnerte sich Sorensen. »Ich hatte einen Bruder, der seit Jahren als Geheimagent für die CIA arbeitete. Ich fuhr hin und unterhielt mich kurz mit Carter, und am nächsten Tag bot er mir den Posten an.« Sorensen hatte aber im Zweiten Weltkrieg aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigert, und seine Ernennung scheiterte – das erste Mal in der Geschichte der CIA, dass so etwas passierte. »Carter versagte mir jeden Beistand, während ich da in der Luft hing«, erinnerte sich Sorensen voll Bitterkeit.
Beim dritten Anlauf entschied sich der neue Präsident für einen fast Unbekannten, nämlich für Admiral Stansfield Turner, den in Neapel stationierten Befehlshaber der Südflanke der NATO. Turner sollte der dritte Admiral in der Geschichte der Agency sein, der die Erfahrung machte, dass die CIA ein schwer zu steuerndes Schiff war. Er gab selber offen zu, dass er vom Nachrichtendienst keine Ahnung hatte. Es gelang ihm aber rasch, sich Respekt zu verschaffen.
»Die Sache so anzugehen, fand ich nicht richtig«
»Viele Leute glauben, Präsident Carter habe mich zu sich gerufen und gesagt: ›Räum’ da auf und greif’ richtig durch.‹ Das hat er nie getan«, erklärte Turner. »Von Anfang an war er massiv interessiert an einem guten Nachrichtendienst. Er wollte die Funktionsweisen verstehen, ob es sich nun um unsere Satelliten oder unsere Spione oder die Methoden handelte, mit denen wir das Geschehen analysierten. Er stand voll und ganz hinter den nachrichtendienstlichen Operationen. Gleichzeitig war mir einfach aufgrund der Kenntnis seines Charakters klar, dass wir im Rahmen der Gesetze der Vereinigten Staaten von Amerika zu operieren hatten. Ich wusste auch, dass es nach Präsident Carters Willen ethische Schranken für unser Handeln gab, und sooft ich anfing, mich zu fragen, ob wir uns diesen Schranken näherten, ging ich zu ihm und ließ ihn entscheiden. Fast immer entschied er sich für die Durchführung der Operation.«
»Die Regierung Carter hatte nichts gegen verdeckte Aktionen«, erklärte Turner. »Die CIA selbst hatte ein Problem mit verdeckten Aktionen, weil sie sich wegen der vielen Kritik, die sie hatte einstecken müssen, in einem Schockzustand befand.«
Schon früh konfrontierte der Geheimdienst Turner mit einer Entscheidung, bei der es um Leben und Tod ging. »Sie kamen zu mir und sagten: ›Wir haben es fast geschafft, einen Agenten in diese Terrororganisation einzuschleusen, aber sie wollen von ihm, dass er noch einen letzten Beweis seines guten Willens erbringt. Er soll losziehen und ein Mitglied der Regierung umbringen. Lassen wir ihn das machen?‹ Und ich sagte: ›Nein, wir ziehen ihn ab.‹ Wissen Sie, es ist ein Für und Wider. Vielleicht hätte er einige Leben retten können. Aber ich weigerte mich, die
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