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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Moskau werde nicht in Afghanistan einmarschieren.
    Weitere sowjetische Truppen wurden eingeflogen. Am 8.Dezember traf ein zweites Luftlandebataillon in Bagram ein. Der Tagesbericht des Nachrichtendienstes für das Weiße Haus schrieb ihr Eintreffen dem Bemühen zu, die Verteidigung des Luftstützpunkts gegen Angriffe der Rebellen zu verstärken. In der folgenden Woche berichtete das CIA-Büro in Kabul, nach dem Zeugnis von Gewährsleuten seien in den Straßen von Kabul sowjetische Spezialeinheiten gesichtet worden.
    Am Morgen des 17.Dezember, es war ein Montag, kam Admiral Turner ins Weiße Hause zu einer Sitzung des Koordinationssonderausschusses, dem die ranghöchsten Mitarbeiter des Präsidenten angehörten. Zu den Anwesenden zählten Vizepräsident Walter Mondale, Zbigniew Brzezinski, Verteidigungsminister Harold Brown und der stellvertretende Außenminister Warren Christopher. Turner berichtete ihnen, dass sich mittlerweile 5300 sowjetische Soldaten auf dem Luftstützpunkt Bagram befanden und dass es unmittelbar nördlich der afghanischen Grenze zwei neue sowjetische Befehlsstände gab. Dann erklärte er: »Die CIA sieht darin keinen rasanten Aufmarsch.« Die Sache stehe »vielleicht im Zusammenhang mit der Einschätzung der Sowjets hinsichtlich der raschen Verschlechterung der Lage der afghanischen Streitkräfte und mit der Notwendigkeit, ihnen irgendwann den Rücken zu stärken«. Das Wort Invasion kam nicht über seine Lippen.
    Die besten Analysten der CIA für den Bereich der Sowjetunion – unter ihnen Doug MacEachin, der später stellvertretender Direktor des Nachrichtendienstes wurde – arbeiteten rund um die Uhr, um ihre Lagebeurteilungen für den Präsidenten zusammenzuführen. Am 19.Dezember gelangten sie zu einer abschließenden offiziellen Einschätzung. »Das Tempo der sowjetischen Aufmarschbewegungen deutet nicht auf Eventualitäten dringlicher Natur hin«, erklärten sie. »Operationen zur Bekämpfung des Aufstandes im landesweiten Maßstab würden viel größere Kontingente an regulären Bodentruppen erfordern.« Kurz, die Sowjets planten keinen Angriff.
    Drei Tage später erhielt Vizeadmiral Bobby Ray Inman, der Direktor der Nationalen Sicherheitsbehörde, des elektronischen Abhörimperiums der Vereinigten Staaten, eine Eilbotschaft seiner Beobachter vor Ort: Der Einmarsch in Afghanistan stehe unmittelbar bevor. Tatsächlich war er bereits im Gang. Über hunderttausend sowjetische Soldaten besetzten das Land. Carter unterzeichnete unverzüglich eine Anweisung an die CIA, mit der Bewaffnung des afghanischen Widerstands zu beginnen, und die Agency machte sich an den Aufbau eines weltumspannenden Systems zum Einschleusen von Waffen nach Afghanistan. Die sowjetische Besetzung des Landes freilich war ein Fait accompli .
    Die CIA verschlief den Einmarsch nicht nur, sondern mehr noch, sie weigerte sich, zuzugeben, dass sie ihn verschlafen hatte. Niemand, der bei Sinnen war, würde doch in Afghanistan einmarschieren, das seit zweitausend Jahren allen Eroberern zum Grab geworden war? Nicht Mangel an Informationen war verantwortlich für das Versagen der CIA. Mangel an Fantasie war schuld daran.
    So sahen sich bei der sowjetischen Invasion die Vereinigten Staaten »in die Zuschauerrolle« verwiesen, wie der Staranalyst der Agency, Doug MacEachin, mehr als zwanzig Jahre später schrieb. »Die USA konnten auf der Tribüne jede Menge Krach machen, aber auf dem Spielfeld hatten sie nicht viel zu bestellen. Damit mussten sie bis zur nächsten Runde im Großen Spiel warten.«

37  »Wir haben schlicht
und einfach geschlafen«
    Seit ihm die CIA im Jahr 1953 den Thron rettete, bildete der Schah des Iran eine zentrale Figur für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten im Mittleren Osten. »Ich wünschte bloß, es gäbe ein paar mehr Politiker mit seinem Weitblick in der Welt«, sinnierte Präsident Nixon im April 1971. »Und mit seiner Fähigkeit, eine Herrschaft auszuüben, die im Grunde, sagen wir es offen, auf eine faktische Diktatur wohltätiger Art hinausläuft.«
    Nixon hatte vielleicht gar nicht vor, ein Zeichen zu setzen, als er Richard Helms 1973 als amerikanischen Botschafter in den Iran schickte. Aber er tat es. »Wir waren verblüfft, dass uns das Weiße Haus einen Mann schickte, der ausgerechnet so eng mit der CIA verknüpft war, die jeder Iraner für schuld am Sturz Mossadeghs hielt«, erklärte Henry Precht, der leitende politische Beamte der Botschaft. »In unseren Augen gab es damit jeden

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