CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
den Spionen einen Etat, der weit höher lag als die vom Präsidenten beantragte Summe. Damals, im Herbst 1978, begann der Wiederaufbau des seit den Jahren Nixons durch Haushaltskürzungen schwer mitgenommenen und demoralisierten Geheimdienstes.
Die Stimmung in der Hochburg des amerikanischen Nachrichtendienstes freilich blieb verhagelt. »Trotz der derzeitigen (und sich noch verschlimmernden) Probleme mit ihrer Kampfmoral wird, wie ich vermute, die CIA nach wie vor einen gewissen Einfallsreichtum an den Tag legen«, erklärte Brzezinskis Verbindungsmann zur Agency diesem am 5.Februar 1979. »Dennoch dürfen wir uns nichts vormachen: Die Talente, die der CIA traditionell zur Verfügung standen, sind im Augenblick äußerst dünn gesät, und es gibt äußerst wenige Beamte, die um des Erfolgs willen Risiken von der Art einzugehen bereit sind, wie das früher gang und gäbe war.«
Noch in der gleichen Woche stürzte der Himmel über der CIA ein.
»In der Zuschauerrolle«
Am 11.Februar 1979 brach die Armee des Schahs von Persien zusammen, und ein fanatischer Ajatollah übernahm in Teheran die Macht. Drei Tage später geschah ein paar hundert Kilometer weiter östlich ein Mord, der in den Vereinigten Staaten einen nicht minder großen Eindruck hinterließ.
Der amerikanische Botschafter in Afghanistan, Adolph »Spike« Dubs, wurde in Kabul auf offener Straße von afghanischen Rebellen, die das prosowjetische Marionettenregime bekämpften, gekidnappt und getötet, als afghanische Polizisten – begleitet von sowjetischen Beratern – das Hotel angriffen, in dem er festgehalten wurde. Das war ein klares Zeichen dafür, dass Afghanistan außer Kontrolle geriet. Die von Pakistan unterstützten Rebellen steuerten mit Macht auf eine Revolution gegen ihre gottlose Regierung zu. Die führenden Greise der Sowjetunion blickten angstvoll nach Süden. Über vierzig Millionen Muslime lebten in den Sowjetrepubliken Zentralasiens. Die Sowjets sahen, wie sich die Flammen des islamischen Fundamentalismus den sowjetischen Grenzen näherten. Auf einer ausgedehnten Sitzung des Politbüros, die am 17.März begann, erklärte Andropow, man dürfe »Afghanistan nicht verlieren«.
Während der folgenden neun Monate versäumte es die CIA, den Präsidenten der Vereinigten Staaten vor einer Invasion zu warnen, die das Antlitz der Welt verändern sollte. Die Agency wusste ziemlich gut über die sowjetischen Kapazitäten Bescheid. Von den Absichten der Sowjets hatte sie keine Ahnung.
»Die Sowjets dürften kaum geneigt sein, Bodentruppen in großem Umfang nach Afghanistan zu schicken«, verkündete das National Intelligence Daily , das streng geheime tägliche Bulletin der CIA für das Weiße Haus, das Pentagon und das Außenministerium vollmundig, am 23.März 1979. In der gleichen Woche begannen sowjetische Kampftruppen mit einer Gesamtstärke von 30 000 Mann in Lastwagen, Panzern und Mannschaftstransportern nahe der afghanischen Grenze aufzumarschieren.
In den Monaten Juli und August verstärkten die Rebellen ihre Angriffe, in afghanischen Garnisonen brachen Meutereien aus, und Moskau flog ein Bataillon Luftlandetruppen zum Luftstützpunkt Bagram außerhalb von Kabul. Von Brzezinski angetrieben, unterzeichnete Präsident Carter eine Anweisung an die CIA, in einer verdeckten Aktion die afghanischen Rebellen mit medizinischer Hilfe, Geld und Propaganda zu versorgen. Die Sowjets schickten dreizehn Generäle nach Kabul, angeführt vom Befehlshaber der sowjetischen Bodentruppen. Dennoch versicherte die CIA dem Präsidenten am 24.August: »Die Verschlechterung der Lage ist kein Anzeichen für eine Eskalation des sowjetischen militärischen Engagements im Sinne eines direkten Kampfeinsatzes.«
Am 14.September teilte Admiral Turner dem Präsidenten mit, in Afghanistan stünden »die sowjetischen Führer möglicherweise kurz vor einer Entscheidung, ihre eigenen Truppen einzusetzen, um den Zusammenbruch des Regimes zu verhindern« – aber das würden sie nur scheibchenweise tun, mit kleinen Gruppen von Militärberatern und Truppen von einigen wenigen tausend Mann. Da sie sich ihrer Einschätzung nicht sicher war, bot die CIA ihre ganze Fachkompetenz auf, trug alles zusammen, was ihr die Aufklärungsarbeit des amerikanischen Militärs, die elektronischen Abhörprotokolle und die Spionagesatellitenaufklärung lieferte, und unterzog das Material einer umfassenden Begutachtung. Am Abend des 28.September gelangten die Experten einmütig zu dem Ergebnis,
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