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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Anschein von Neutralität auf und bekräftigte, dass der Schah unsere Marionette war.«
    Am 31.Dezember 1977 bezeichnete Carter in einem Toast, den er auf einem prunkvollen Staatsdiner auf den Schah ausbrachte, die Monarchie als eine »Insel der Stabilität in einem stürmischen Meer«, eine Sichtweise, die Spione und Analysten der CIA fünfzehn Jahre lang nachbeteten und bekräftigten. Tatsächlich entsprach das wortgetreu dem Selbstbild, das der Schah von sich hatte.
    Als freilich Howard Hart, einer der mutigsten Beamten, die der Geheimdienst je hervorbrachte, ein paar Wochen später nach Teheran kam und anfing, das zu tun, was er am besten konnte – sich in den Straßen herumzudrücken und über die wirkliche Welt zu berichten –, stellte er das Gegenteil fest. Seine Ergebnisse waren so niederschmetternd, dass seine Vorgesetzten sie in der Schublade verschwinden ließen. Was er herausfand, widersprach diametral allem, was die CIA seit den sechziger Jahren über den Schah berichtet hatte.
    Nichts in den Berichten der Organisation hatte darauf hingedeutet, dass der Schah Probleme haben könnte. Die CIA erwies sich als außer Stande, eine fünfundzwanzigjährige eigene Berichterstattung einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Im August 1978 erklärte sie dem Weißen Haus, der Iran sei einer Revolution denkbar fern. Wenige Wochen später brachen Straßenunruhen aus. Während sie sich ausbreiteten, legten die führenden Analysten der CIA Admiral Turner den Entwurf einer offiziellen Lagebeurteilung zur Unterschrift vor, der zufolge der Schah sich weitere zehn Jahre an der Macht halten konnte – oder auch nicht. Turner las den Entwurf und packte ihn als wertlos in die Ablage.
    Am 16.Januar 1979 floh der Schah aus Teheran. Ein paar Tage später verfinsterte sich der Eindruck, den Howard Hart auf den Straßen gewann, ganz entschieden.
    Er wurde von einer bewaffneten Bande überfallen – von Anhängern eines siebenundsiebzig Jahre alten religiösen Eiferers namens Ajatollah Musawi Chomeini, der sich anschickte, aus dem Exil nach Teheran zurückzukehren. Hart war der Sohn eines Investmentbankers; als kleines Kind hatte er im Zweiten Weltkrieg drei Jahre in einem japanischen Gefangenenlager in den Philippinen verbracht. Jetzt war er erneut ein Gefangener. Er wurde zusammengeschlagen, vor ein Femegericht gestellt, zum CIA-Spion erklärt und sollte standrechtlich erschossen werden. Hart, der seine Unschuld beteuerte, um sein Leben bettelte und sich auf den Tod gefasst machte, bat, mit einem Mullah sprechen zu dürfen. Ein junger Geistlicher kam und fand den blonden, blauäugigen athletischen Spion in den Klauen der Lynchjustiz.
    »Ich sagte ›Das ist unrecht – nirgendwo im Heiligen Koran findet sich eine Rechtfertigung für dies hier‹«, erinnerte sich Hart. Der Mullah dachte nach und stimmte ihm zu. Hart wurde freigelassen.
    »Wir begriffen nicht, wer Chomeini war«
    Ein paar Tage später, am 1.Februar 1979, bereitete der Volksaufstand, der den Schah vom Pfauenthron gestoßen hatte, den Weg für Chomeinis Rückkehr nach Teheran. Tausende von Amerikanern, darunter der Großteil des Botschaftspersonals, wurden evakuiert, während das Chaos in den Straßen immer größer wurde. Noch führte Seite an Seite mit einem Revolutionsrat ein säkularer Ministerpräsident die Amtsgeschäfte, und die CIA bemühte sich, mit ihm zusammenzuarbeiten, Einfluss auf ihn zu nehmen und ihn als Bundesgenossen gegen Saddam Hussein zu gewinnen. »Auf Ministerpräsidentenebene fanden einige sehr, sehr heikle Geheimgespräche statt«, sagte Bruce Laingen, der geschäftsführende Diplomat in der amerikanischen Botschaft. »Wir gingen so weit, mit ihnen zusammenzuarbeiten und ihnen hochgeheime Informationen über den Irak zu liefern.«
    Im Jahr 1953 hatte Laingen als jüngster Beamter in der amerikanischen Botschaft in Teheran angefangen. 1979 war er der Dienstälteste. In den dazwischenliegenden Jahren hatten sich die diversen Botschafter und CIA-Bürochefs allzu eng mit dem Schah verbandelt, hatten sich allzu sehr an seinen Kaviar und seinen Champagner gewöhnt. »Wir haben das teuer bezahlt«, meinte Laingen. »Wir sind hier, um herauszufinden, wie die Leute denken und warum sie so denken und sich so verhalten, wie sie es tun. Und wenn wir so bequem werden, dass wir glauben, was wir glauben möchten – dann erleben wir eben unser blaues Wunder.« Der Gedanke, dass sich am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts die Religion als

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