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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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die für die nationale Sicherheit zuständige Gruppe im Präsidialamt unablässig bekriegte und von heftigen persönlichen und politischen Rivalitäten zerrissen wurde. Das Außenministerium und das Pentagon bekämpften sich wie feindliche Armeen. Im Verlauf von acht stürmischen Jahren lösten sich im Amt des Präsidentenberaters für die nationale Sicherheit sechs Personen ab. Reagan machte nie den Versuch, das Hauen und Stechen zu unterbinden.
    Casey gewann die Oberhand. Als George P. Shultz Haig im Amt des Außenministers ersetzte, stellte er verblüfft fest, dass Casey abenteuerliche Pläne verfolgte, wie etwa eine Invasion des im Nordosten Südamerikas gelegenen Surinam durch einen von der CIA unterstützten Kommandotrupp aus 175 Koreanern. »Es war eine hirnverbrannte Idee«, erklärte Shultz, der die Sache abblies. »Verrückt. Ich war entsetzt, festzustellen, dass man sich solche Spinnereien einfallen ließ.« Er begriff rasch, dass »die CIA und Bill Casey sich aufführten wie der Elefant im Porzellanladen und dass ihre Dreistigkeit ihrem fehlenden Urteilsvermögen in nichts nachstand«.
    »Eine Kameradschaft mit Scheuklappen«
    Bill Casey war ein kluger Kopf und an Fähigkeit und Einfallsreichtum jedem, die vor ihm die CIA geleitet hatten, ebenbürtig. Außerdem sei er ein »selbstherrlicher Freibeuter« gewesen, meinte Admiral Bobby Ray Inman, der die Nationale Sicherheitsbehörde leitete, als ihn Präsident Reagan 1981 zu Caseys Stellvertreter ernannte.
    »Casey hat mir ganz unverblümt gesagt, dass er nicht die traditionelle Rolle eines Leiters des Zentralen Nachrichtendienstes spielen wolle«, berichtete Inman. »Er sehe sich vielmehr als Nachrichtendienstoffizier des Präsidenten und werde den Geheimdienst der CIA auf Vordermann bringen.«
    Nach Caseys Ansicht war der Geheimdienst zu einer »Kameradschaft mit Scheuklappen« verkommen, »die von den Legenden und Leistungen ihrer Vorgänger in den fünfziger und sechziger Jahren zehrte« – so Caseys erster Stabschef, Bob Gates. Er habe eine Blutauffrischung für nötig gehalten. Um die Organisationsstruktur der CIA habe er sich um keinen Deut geschert; er sei entschlossen gewesen, die Agency bis die tiefsten Tiefen zu durchwühlen oder außerhalb von ihr nach Leuten zu suchen, die taten, was er wollte.
    John McMahon drängte er als Chef des Geheimdienstes aus dem Amt. »Er fand mich lahmarschig, wenn es um verdeckte Aktionen ging – ihm zufolge hatte ich keinen Mumm in den Knochen«, sagte McMahon. »Er wusste, dass ich auf das, was er oder die Agency planten, mäßigend einwirken würde.«
    Den Veteranen, der eine dreißigjährige Dienstzeit in der CIA hinter sich hatte, ersetzte Casey durch einen alten Freund namens Max Hugel, der für Reagans Wahl zum Präsidenten Geld und Stimmen gesammelt hatte. Hugel war ein unflätiger Bonze aus dem Geschäftsleben, der seine Karriere nach dem Krieg als Gebrauchtwagenhändler in Japan begonnen hatte. Von der CIA hatte er keine Ahnung, was sich sofort zeigte. Einmal erschien das kleine Männchen mit Toupet in einem bis zum Nabel offen stehenden lavendelfarbenen Overall und mit Goldkettchen auf seiner grau behaarten Brust zur Arbeit. Wie ein Mann machten die Geheimagenten, egal ob noch im Dienst oder schon in Rente, Front gegen ihn. Sie wühlten in seiner Vergangenheit, spielten den Schmutz, den sie aufspürten, der Washington Post zu, und in weniger als zwei Monaten musste er seinen Hut nehmen. An seine Stelle trat John Stein, der bei Mobutus Aufstieg zur Macht mitgeholfen und im Vietnamkrieg das CIA-Büro in Kambodscha aufgebaut hatte. Auch Stein, der fünfte Geheimdienstleiter innerhalb von fünf Jahren, erwies sich für Caseys Geschmack als zu bedächtig. Er wurde zugunsten eines wahrhaft draufgängerischen Geheimagenten namens Clair George abserviert. Nachdem Casey McMahon als Leiter des Geheimdienstes abgelöst hatte, beauftragte er George damit, das Direktorium des Nachrichtendienstes umzubilden und seinen Analysten Feuer unterm Hintern zu machen. McMahons Versuch, das Direktorium zu reorganisieren, war der erste seit dreißig Jahren.
    Das war aber nichts im Vergleich mit dem, was Bob Gates unternahm, als er Anfang 1982 an McMahons Stelle trat. Der dreißigjährige Gates hatte sich die Beförderung mit einer Denkschrift an Casey verdient, die dessen Aufmerksamkeit erregte. »Die CIA verwandelt sich allmählich ins Landwirtschaftsministerium«, schrieb er. Die Agency leide an »fortgeschrittener

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