CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
militärisch-industriellen Komplexes Amerikas sowjetischen Spionen eine ganze Reihe Trojanischer Pferde auf technischem Gebiet zukommen. Zu den Zeitbomben zählten Computerchips für Waffensysteme, ein Konstruktionsplan für einen Raumgleiter, Baupläne für Chemieanlagen und Konstruktionszeichnungen für hochentwickelte Turbinen.
Die Sowjets bemühten sich um den Bau einer Gas-Pipeline von Sibirien nach Osteuropa. Sie brauchten Computer zur Überwachung der Messgeräte und Ventile. Die Software dafür suchten sie auf dem freien Markt in den Vereinigten Staaten. Washington wies eine entsprechende Anfrage zurück, wies aber diskret auf eine kanadische Firma hin, die vielleicht habe, was Moskau suche. Die Sowjets schickten einen Offizier von Linie X hin, der die Software stehlen sollte. Die CIA und die Kanadier kamen überein, ihm die Software zuzuspielen. Ein paar Monate lang funktionierte sie prächtig. Dann ließ sie allmählich den Druck in der Pipeline immer weiter ansteigen. Die Explosion in der sibirischen Wildnis kostete Moskau Millionen, die anderweitig schmerzlich vermisst wurden.
Der leise Angriff auf die staatlichen Rüstungs- und Bauprogramme der Sowjetunion ging etwa ein Jahr lang weiter. Casey setzte ihm ein Ende, als er John McMahon nach Westeuropa schickte und ihn den befreundeten Nachrichtendiensten eine Liste übergeben ließ, auf der rund zweihundert sowjetische Offiziere und Agenten standen, deren Namen das Lebewohl-Dossier offenlegte.
Bei der Operation kamen fast alle Waffen zum Einsatz, die der CIA zu Gebote standen – psychologische Kriegführung, Sabotage, Wirtschaftskrieg, strategische Täuschung, Gegenspionage, elektronischer Krieg. All das geschah in enger Zusammenarbeit mit dem Nationalen Sicherheitsrat, dem Pentagon und dem FBI. Der Operation gelang es, eine starke sowjetische Spionagegruppe zu zerschlagen, der sowjetischen Wirtschaft Schaden zuzufügen und den sowjetischen Staat zu destabilisieren. Es war ein triumphaler Erfolg. Andersherum hätte es vielleicht als Terrorakt gegolten.
39 »Auf gefährliche Weise«
Bereits mehr als ein Jahrzehnt lang hatten Terroristen Flugzeuge entführt, Geiseln genommen und amerikanische Botschafter ermordet. Weder die CIA noch eine andere Abteilung des amerikanischen Staatsapparates hatten eine klare Vorstellung davon, was sich dagegen unternehmen ließ.
Am letzten Samstag im Januar 1981 erhielt Anthony Quainton, der nach wie vor als Koordinator der Terrorbekämpfungsmaßnahmen der Regierung fungierte, einen dringenden Anruf von Reagans Außenminister Haig: Am folgenden Montag, um 13 Uhr, sollte Quainton das Weiße Haus über seine Arbeit ins Bild setzen. »Ich erstattete meinen Bericht dem Präsidenten, dem sich der Vizepräsident zugesellte, dem Chef der CIA, dem Leiter des FBI und einer Reihe von Mitgliedern des Nationalen Sicherheitsrates«, erinnerte sich Botschafter Quainton. »Nach zwei Weingummis döste der Präsident ein. Das allein war schon ganz schön frustrierend.«
In derselben Woche verkündete Haig, das Problem des internationalen Terrorismus habe die Menschenrechtsfrage auf der Dringlichkeitsskala der Vereinigten Staaten abgelöst. Bald darauf erklärte Haig, die Sowjets stünden insgeheim hinter den üblen Machenschaften der weltweit schlimmsten Terroristen. Er forderte die CIA auf, Beweise für diese kühne Behauptung zu suchen. Persönlich stimmte Casey mit Haig überein, aber Fakten, die als Beleg hätten dienen können, fehlten ihm. Die Analysten der CIA konnten sie nicht liefern, mochte ihr Chef auch noch so sehr verbal auf sie einprügeln. Unter Druck gesetzt, produzierte die CIA einen Scheinbeweis – Caseys Schlüsse, gepropft auf eine Analyse, die sie nicht zu untermauern vermochte. Der Versuch, dem Kreml die Schuld zuzuschieben, war gleichbedeutend mit dem Versäumnis, die wahren Ursachen des Terrors im Nahen und Mittleren Osten zur Kenntnis zu nehmen.
Die CIA hatte vormals über einen außergewöhnlich gut platzierten Informanten verfügt: Ali Hassan Salameh, Chef des Nachrichtendienstes der Palästinensischen Befreiungsorganisation und Mittäter bei der Ermordung von elf israelischen Sportlern während der Olympischen Spiele in München 1972. Die Informationen, die er lieferte, waren ein Ölzweig, den der Vorsitzende der PLO, Jasir Arafat, den Vereinigten Staaten entgegenstreckte. Salamehs Führungsoffizier war Bob Ames, der auf den Straßen von Beirut zugange war, bevor er zum stellvertretenden Leiter der
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