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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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falle ihm schwer, mit »einer alle zwei Jahre wechselnden Horde Neunzehnjähriger« ernsthafte Analysearbeit zu betreiben. Er übertrieb ein bisschen, aber nicht sehr.
    »Die Spannungen wachsen in dem Maße, wie das Budget sich verknappt«, schrieb Gates nicht lange nach seiner Vereidigung in ein persönliches Arbeitsjournal. Die Kürzungen gingen weiter, und Bush und viele andere gaben die Schuld daran den unverbesserlichen Liberalen. Die Akten zeigen indes, das sie genauso sein eigenes Werk waren. Sie entsprachen dem Geist der damaligen Zeit, festgehalten in einem Fernsehwerbespot, den Bill Colby zu Beginn der Wahlkampfsaison im Jahr 1992 für eine Initiative machte, die sich »Bündnis für Demokratische Werte« nannte.
    »Ich bin William Colby«, erklärte er dort, »und ich war Leiter der CIA. Aufgabe des Nachrichtendienstes ist es, vor militärischen Bedrohungen zu warnen. Der Kalte Krieg ist mittlerweile vorbei, und die militärische Bedrohung hat sich stark verringert. Jetzt ist die Zeit gekommen, unsere Rüstungsausgaben um fünfzig Prozent zu kürzen und das Geld in unsere Schulen, unser Gesundheitswesen und unsere Wirtschaft zu investieren.« Das war die berühmte Friedensdividende.
    Dieser Friede aber erwies sich als ebenso vergänglich wie der nach dem Zweiten Weltkrieg, nur dass es diesmal keine Siegesparaden gab und dass die Veteranen des Kalten Krieges Grund hatten, um den geschlagenen Feind zu trauern.
    »Wenn Sie bei der Spionage mitmachen wollen, müssen Sie wissen, worum es geht«, sagte einmal Richard Helms zu mir, wobei sich seine Augen verengten und seine Stimme leiser und dringlicher wurde. »Spionage ist nicht Jux und Dollerei. Sie ist schmutzig und gefährlich. Es besteht immer die Chance, dass Sie dabei draufgehen. Im Zweiten Weltkrieg, im OSS, wussten wir, worum es ging – die verdammten Nazis zu schlagen . Im Kalten Krieg wussten wir, worum es ging – die verdammten Russen zu schlagen . Plötzlich ist der Kalte Krieg vorbei, und worum geht es jetzt? Was könnte jemanden veranlassen, sein Leben mit so etwas zuzubringen?«
    Gates verbrachte ein Jahr damit, Antwort auf diese Fragen zu finden – endlose Tage, an denen er vor dem Kongress aussagte, um politische Unterstützung warb, öffentliche Vorträge hielt, Arbeitsgruppen und Gespräche am runden Tisch leitete, mehr Hilfe für das Militär zusagte, den politischen Druck auf die Analysten zu vermindern versprach, einen Generalangriff auf die zehn Hauptgefahren, eine neue CIA, eine bessere CIA in Aussicht stellte. Die Zeit, eine dieser Visionen in die Tat umzusetzen, ließ man ihm nicht. Er war gerade erst zehn Monate im Amt, als er seine Arbeit ruhen lassen und nach Little Rock fliegen musste, um den Mann in die Materie einzuführen, der nächster Präsident der Vereinigten Staaten werden sollte.

VI  Die Abrechnung
    Die CIA unter Clinton und George W. Bush 1993 bis 2007
    44  »Uns fehlten Fakten«
    Seit Calvin Coolidge hatte noch kein Präsident das Weiße Haus bezogen, den weltpolitische Fragen weniger beschäftigten als Bill Clinton. Bei seinen Reisen rund um den Globus ging es letztlich immer um die Vereinigten Staaten.
    Seine Prägung erhielt der 1946 geborene Clinton, der genauso alt war wie die CIA, durch den Widerstand gegen den Vietnamkrieg und die Einberufung zum Militär. Seine politische Könnerschaft erwarb er sich als Lokal- und Regierungspolitiker in Arkansas. Gewählt wurde er aufgrund seines Versprechens, die amerikanische Wirtschaft auf Vordermann zu bringen. Den fünf Hauptpunkten seiner Agenda fehlten jegliche weltpolitischen Aspekte. Genaue Vorstellungen bezüglich der strategischen Interessen Amerikas nach dem Ende des Kalten Krieges hatte er nicht. In den Worten seines nationalen Sicherheitsberaters Tony Lake begriff er seine Amtszeit »als eine ungeheure zeitgeschichtliche Chance für Demokratie und unternehmerischen Aufschwung«. Nach acht Monaten Regierungszeit verkündete Lake schließlich die neue Außenpolitik der Vereinigten Staaten: die weltweite Ausbreitung des freien Marktes. Das war eher ein Wirtschaftsplan als eine politische Strategie. Clinton setzte freie Märkte und Freiheit in eins, so als ob der bloße Verkauf amerikanischer Waren amerikanische Wertvorstellungen in der Welt verbreiten würde.
    Die Mitglieder von Clintons Verteidigungsausschuss waren Leute aus der zweiten Reihe. Zum Verteidigungsminister ernannte er den hochgesinnten, aber wirrköpfigen Kongressabgeordneten Les Aspin; Aspin

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