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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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Pariser Büro waren nur eine Lappalie verglichen mit dem, was in der lateinamerikanischen Abteilung des Geheimdienstes vor sich ging. Innerhalb der CIA bildete diese Abteilung eine Welt für sich, in der die Veteranen aus dem Krieg gegen Castro das Sagen hatten, Männer, die nach ihren eigenen Regeln und Vorschriften arbeiteten. Seit 1987 waren Beamte in Costa Rica, El Salvador, Peru, Venezuela und Jamaika beschuldigt worden, ihre Vorgesetzten belogen zu haben; ihnen war sexuelle Belästigung, Diebstahl sowie Bedrohung von Untergebenen mit vorgehaltener Waffe vorgeworfen worden, außerdem eine Antidrogenkampagne, bei der eine Tonne Kokain auf den Straßen Floridas gelandet war, und schlampige Buchführung im Zusammenhang mit einer Million Dollar Staatsgelder. Die Abteilung war die einzige, in der die Bürochefs regelmäßig wegen schlechter Führung von ihren Posten abberufen wurden. Die Sonderstellung dieser Abteilung leitete sich zum Teil aus den innenpolitischen Verhältnissen der Länder ab, in denen sie operierte. Den gesamten Kalten Krieg hindurch hatte die CIA gemeinsam mit den Militärregimen linksgerichtete Aufstände in Lateinamerika bekämpft. Die alten Seilschaften ließen sich nur schwer auflösen.
    In Guatemala waren nach einem Staatsstreich, den die CIA 1954 gegen einen gewählten Präsidenten angezettelt hatte, im Laufe von vierzig Jahren Widerstandskampf zweihunderttausend Zivilisten umgekommen. 90 bis 96 Prozent dieser Morde wurden von guatemaltekischen Militärs verübt. Noch 1994 gaben sich die CIA-Agenten in Guatemala große Mühe, ihre engen Beziehungen zu den Militärs zu vertuschen und Berichte darüber, dass die guatemaltekischen Offiziere, die auf der Gehaltsliste der CIA standen, Mörder, Folterer und Diebe waren, zu unterdrücken. Diese Vertuschung verfälschte das Ergebnis des Tests, mit dem Woolsey 1994 begonnen hatte, einer Untersuchung, die sich »Agentenvalidierung« nannte und die Qualität der von Agenten gelieferten Informationen gegen seine praktischen Verfehlungen abwägen sollte.
    »Man sollte vermeiden, dass man mit Militärs oder mit Regierungsbeamten verkehrt, von denen allgemein bekannt ist, dass sie Blut an den Händen haben, es sei denn, das Ganze dient einem legitimen nachrichtendienstlichen Ziel«, sagte Generalinspekteur Fred Hitz. »Also, wenn etwa die betreffende Person weiß, dass es im Süden Guatemalas ein Versteck gibt, wo biologische Waffen fabriziert werden, die auf dem freien Markt verkauft werden sollen, und die Person ist Ihre einzige Informationsquelle. Ist jemand dafür berüchtigt, dass er Menschen abschlachtet und Gesetze bricht, dann muss die Tatsache, dass die CIA Kontakt zu der Person unterhält, gegen den Wert der Informationen abgewogen werden, die der Betreffende aller Wahrscheinlichkeit nach liefern wird. Wenn die Information den Schlüssel zu einem sehr wichtigen Geheimnis liefert, dann ergreifen wir die Gelegenheit. Aber wir sollten das ganz bewusst tun und nicht aus Trägheit beziehungsweise Übereifer.«
    Die Sache geriet außer Kontrolle, als einem guatemaltekischen Obersten, der auf der Gehaltsliste der CIA stand, nachgewiesen wurde, dass er in die Vertuschung des Mordes an einem amerikanischen Gastwirt und an einer guatemaltekischen Guerillera, der Ehefrau eines amerikanischen Rechtsanwalts, verwickelt war. Die Empörung über den Mord an dem Gastwirt brachte die Regierung Bush dazu, die millionenschwere Dollarhilfe für das guatemaltekische Militär einzustellen, während die CIA ihre finanzielle Unterstützung für den militärischen Geheimdienst Guatemalas fortführte. »Das CIA-Büro in Guatemala war ungefähr doppelt so groß wie eigentlich nötig«, sagte Thomas Stroock, von 1989 bis 1992 amerikanischer Botschafter in Guatemala. Offenbar aber konnte man sich dort nicht aufraffen, ordnungsgemäß über den Vorfall Bericht zu erstatten. Der Bürochef, Fred Brugger, verheimlichte Botschafter Stroock, dass der Oberst, einer der Hauptverdächtigen, CIA-Agent war. »Nicht nur hat man mir nichts davon mitgeteilt«, sagte Botschafter Stroock, »man hat auch meinen Chef, den Außenminister, beziehungsweise den Kongress nicht informiert. Das war Dummheit.«
    1994 verwandelte sich die Dummheit in Bösartigkeit, als Dan Donahue Bürochef wurde. Während die neue amerikanische Botschafterin, Marilyn McAfee, Menschenrechte und Gerechtigkeit pries, hielt die CIA dem mörderischen guatemaltekischen Geheimdienst die Stange.
    Die Botschaft teilte sich

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