CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
internationaler Kontrollen, die, von Inspektoren der UNO geleitet, nach Belegen für ein verstecktes Waffenarsenal Saddams fahndeten. Sie durchkämmten das Land und beschlagnahmten, was sie konnten.
Mitte der neunziger Jahre fürchtete sich Saddam mehr vor internationalen Wirtschaftssanktionen als vor einem weiteren Angriff der USA. Gemäß den Forderungen der Vereinten Nationen zerstörte er seine Massenvernichtungswaffen. Er behielt aber die Produktionsanlagen für diese Waffen. In diesem Punkt log er, und die Vereinten Nationen wussten, dass er log. Aufgrund dieser Lügen misstrauten die Inspektoren und die CIA dem Irak in jeder Hinsicht.
1995 lief General Hussein Kamal, Saddams Schwiegersohn, mit einigen seiner Getreuen zum Feind über. Kamal bestätigte, dass Saddam die Waffen vernichtet hatte. Die CIA ignorierte seine Aussage, weil sie sie für ein Betrugsmanöver hielt. Der Umstand, dass Kamal in den Irak zurückging und von seinem Schwiegervater umgebracht wurde, änderte nichts an der Einschätzung der CIA.
Kamals Gehilfen berichteten der CIA über die Nationale Überwachungsbehörde des Irak, deren Ziel es war, Saddams militärische Absichten und Kapazitäten vor der Welt zu verschleiern. Die CIA wollte dieses Verschleierungssystem durchdringen, und durch einen Glücksfall gelang es ihr auch. Rolf Ekeus, der Vorsitzende des Inspektionsteams der UNO, kam aus Schweden. Aus Schweden kam auch Ericsson, der Telekommunikationsgigant, der die Walkie-Talkies herstellte, deren sich die Überwachungsbehörde bediente. Die CIA, die NSA, Ekeus und Ericsson fanden einen Weg, die Telekommunikation der Irakis anzuzapfen. Im März 1998 ging ein CIA-Mitarbeiter, der sich als Waffeninspektor der Vereinten Nationen ausgab, nach Bagdad und installierte das Abhörsystem. Abgefangene Gespräche wurden zu einem Computer in Bahrein geleitet, der nach Schlüsselworten wie Rakete und Chemikalie suchte. Wirklich ein toller Erfolg, nur in einer Hinsicht nicht: Die CIA fand keinerlei Hinweise auf die Existenz irgendwelcher Massenvernichtungswaffen im Irak.
In diesem Frühjahr fanden die Waffeninspektoren etwas, was sie für Spuren eines VX-Nervengases in irakischen Raketensprengköpfen hielten. Ihr Bericht gelangte an die Washington Post . Bagdad bezeichnete ihn als amerikanische Lüge. Charles Duelfer, der schon um 1990 herum einige Inspektionsgruppen geleitet hatte und 2004 als Tenets führender Waffenjäger wieder in den Irak ging, sagte: »Letztlich glaube ich, dass die Iraker recht hatten. Sie haben das VX nicht für Waffen genutzt.«
Die Auseinandersetzung um den VX-Bericht stellte einen Wendepunkt dar. Der Irak traute den Inspektoren nicht mehr, die ihrerseits dem Irak nie über den Weg getraut hatten. Im Dezember 1998 zogen die Vereinten Nationen ihre Inspektoren ab, und die Vereinigten Staaten bombardierten wieder einmal Bagdad. Die Informationen, die die CIA aus den Abhöraktionen Ericssons gewonnen hatte, wurden benutzt, um amerikanische Raketen auf Personen und Institutionen abzufeuern, die abgehört worden waren – darunter das Haus des Mannes, der die Nationale Überwachungsbehörde leitete.
Der Irak gab eine Erklärung an die UNO heraus, dass er sich seiner Massenvernichtungswaffen entledigt habe. Die Erklärung war im Kern korrekt; die erkennbaren Verstöße gegen das Abkommen waren nicht der Rede wert. Aber Saddam hatte sich bewusst uneindeutig über sein Arsenal geäußert, aus Angst, vor seinen Feinden nackt dazustehen, falls sie die Überzeugung gewannen, dass er gar nicht in der Lage war, die Waffen herzustellen. Er wollte , dass die Vereinigten Staaten, seine Feinde in Israel und im Iran, seine Feinde im Inneren und vor allem seine eigenen Soldaten glaubten, dass er die Waffen immer noch besitze. Diese Vortäuschung diente ihm als effektivste Abschreckung und als letztes Bollwerk gegen einen Angriff.
Das war der Stand der Dinge, mit dem sich die CIA nach dem 11.September konfrontiert sah. Ihre letzten verlässlichen Informationen aus dem Inneren des Irak waren uralt. »Wir standen ohne Informanten da – es gab absolut nichts, wir hatten keinen einzigen Agenten vor Ort«, bekannte David Kay, der auch das Team der Vereinten Nationen leitete und vor Duelfer der leitende Waffenkontrolleur der CIA im Irak gewesen war. Das Weiße Haus wollte Antworten haben. Kay sagt: »Wir konnten keine geben.«
Schließlich, im Jahr 2002, »schien sich plötzlich eine sprudelnde Nachrichtenquelle aufzutun, und zwar in
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