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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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CIA-Beamter, der den Auftrag hatte, Bin Laden zu fangen, hätte die Zehnte Gebirgsjägerdivision anfordern müssen.
    Am 5.Dezember, als amerikanische B-52-Bomber dieses steinige Bollwerk unter Dauerbeschuss nahmen, beobachtete ich den Angriff aus einer Entfernung von wenigen Kilometern. Auch ich wollte Bin Ladens Kopf aufgespießt sehen. Er befand sich in der Reichweite der CIA, aber außerhalb ihres Zugriffs. Nur durch Belagerung hätte man seiner habhaft werden können, und die konnte die CIA nicht leisten. Die Männer, die Al Qaida in Afghanistan nachsetzten, waren die qualifiziertesten, die der CIA zur Verfügung standen, doch es waren zu wenige. Sie waren mit viel Geld, aber mit zu wenig Informationen ausgestattet. Die Sinnlosigkeit einer Jagd nach Bin Laden lediglich mit Hilfe von Bomben offenbarte sich bald. Bin Laden, der im afghanischen Grenzland von Lager zu Lager zog, wurde von einer Phalanx von Hunderten kampferprobter afghanischer Kämpfer und von Tausenden paschtunischer Stammesangehöriger geschützt, die sich eher hätten töten lassen, als ihn zu verraten. Die CIA war ihm in Afghanistan zahlenmäßig und taktisch unterlegen, und er entkam.
    Tenet hatte gerötete Augen, kaute wütend auf Zigarrenstummeln herum; er konnte es kaum mehr aushalten. Seine Antiterrortruppen stießen an ihre Grenzen. Seite an Seite mit Soldaten amerikanischer Sondereinsatzkommandos jagten, fingen und töteten sie Bin Ladens Kommandeure und Soldaten in Afghanistan, Pakistan, Saudi-Arabien, im Jemen und in Indonesien. Aber schon wieder trafen sie die falschen Ziele. Durch Angriffe unter Einsatz des »Predator« kamen im Januar und Februar 2002 mindestens vierundzwanzig unschuldige Afghanen ums Leben. Als Wiedergutmachung zahlte die CIA ihren Familien je tausend Dollar. CIA-Agenten schwärmten in Europa, Afrika und Asien aus und nahmen in dem Jahr, das auf den 11.September 2001 folgte, mit Hilfe sämtlicher befreundeter Geheimdienste mehr als dreitausend Menschen in über hundert Ländern gefangen. »Nicht jeder, der festgenommen wurde, war ein Terrorist«, räumte Tenet ein. »Einige wurden wieder freigelassen. Aber dass wir Al Qaida überall auf der Welt aufgescheucht haben, hat ihre Operationen gewiss gestört.« Das stimmte sicher. Aber ebenso stimmte, dass lediglich vierzehn von den dreitausend Leuten, die ergriffen wurden, hochrangige Befehlshaber von Al Qaida und den ihr angegliederten Gruppen waren. Außer ihnen steckte die CIA Hunderte von ganz gewöhnlichen Menschen in die Gefängnisse. Sie waren die unsichtbaren Gefangenen in diesem Krieg gegen den Terror.
    Im März 2002, nach dem misslungenen Angriff auf Tora Bora, ließen die Bemühungen nach, den Auftrag zu erfüllen und Bin Laden zu töten oder zu fangen, und der Fokus verlagerte sich. Die CIA hatte vom Weißen Haus den Befehl erhalten, ihre Aufmerksamkeit auf den Irak zu richten. Die CIA reagierte darauf mit einem Fiasko, das für ihr Schicksal viel fatalere Folgen haben sollte als die Anschläge vom 11.September.

49  »Ein schwerwiegender Fehler«
    »Es steht außer Zweifel, dass Saddam Hussein jetzt Massenvernichtungswaffen besitzt«, so Vizepräsident Dick Cheney am 26.August 2002. »Zweifellos hortet er sie, um sie gegen unsere Freunde, gegen unsere Verbündeten und gegen uns einzusetzen.« Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verkündete das Gleiche: »Wir wissen, dass sie Massenvernichtungswaffen haben. Das steht außer Frage.«
    In einer geheimen Anhörung vor dem Senatsausschuss für die Nachrichtendienste steuerte Tenet am 17.September seine eigene düstere Warnung bei: »Der Irak hat Al Qaida in mehrfacher Hinsicht ausgebildet – für den Kampfeinsatz, die Herstellung von Bomben und für chemische, biologische, radiologische und nukleare Kriegführung.« Seine Behauptung basierte auf dem Geständnis einer einzigen Person – der Randfigur Ibn al-Shakh al-Libi, den man geschlagen und für siebzehn Stunden in eine sechzig mal sechzig Zentimeter kleine Kiste gesteckt und mit langer Folter bedroht hatte. Nachdem die Folterdrohung gebannt war, widerrief der Gefangene sein Geständnis. Tenet korrigierte seinen Bericht aber nicht.
    Am 7.Oktober, am Abend bevor der Kongress darüber debattierte, ob man gegen den Irak Krieg führen sollte, erklärte Präsident Bush, der Irak »besitzt und produziert chemische und biologische Waffen«. Weiterhin warnte er, der Irak könne praktisch jeden Tag beschließen, eine Terroristengruppe oder einen einzelnen

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