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CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)

Titel: CIA: Die ganze Geschichte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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könnte«.
    Tanner engagierte eine tollkühne ungarische Flugzeugbesatzung, die wenige Monate zuvor eine ungarische Verkehrsmaschine entführt und nach München geflogen hatte. Am 26.Juli segnete General Wyman, Leiter der CIA-Sonderoperationen, die Mission in aller Form ab. Tanner beaufsichtigte die Schulung der Gruppe in Morsecode und Waffengebrauch, da er plante, sie in ihrem Heimatland mit dem Fallschirm abzusetzen, sodass die CIA mit den Partisanen würde kommunizieren können. Aber in München hatte die Agency niemanden, der Erfahrung mit dem Absetzen von Agenten hinter den feindlichen Linien besaß. Zu guter Letzt indes fand Tanner jemanden. »Ein serbo-amerikanischer Kollege, der im Zweiten Weltkrieg über Jugoslawien mit dem Fallschirm abgesprungen war, brachte meinen Leuten das Springen und Landen bei. Und zwar völlig verrückt! Wie soll man beim Aufkommen auf dem Boden einen Salto rückwärts machen, wenn man einen Karabiner an die Seite geschnallt hat?« Genau dies aber waren die Operationen, die das OSS berühmt gemacht hatten.
    Tanner warnte vor überzogenen Erwartungen. »Uns wurde klar, dass sie in den westukrainischen Wäldern wohl kaum erfahren würden, was Stalin im Sinn hatte, nichts über die großen politischen Fragen«, so Tanner. »Aber zumindest konnten sie Papiere kriegen, Sachen, die man so in den Taschen bei sich hat, Kleidungsstücke, Schuhe.« Wenn die CIA vorhabe, ein richtiges Spionagenetz in der Sowjetunion aufzubauen, müsse sie ja die Spione mit Verkleidungsutensilien ausstatten – mit Kram aus dem sowjetischen Alltagsleben. Obgleich die Missionen kaum jemals wichtige Informationen brachten, so Tanner weiter, sollten sie doch erheblichen symbolischen Wert haben: »Sie zeigten Stalin, dass wir nicht stillsitzen würden. Und das war wichtig, weil wir bis dahin überhaupt noch keine Operationen in seinem Land gemacht hatten.«
    Am 5.September 1949 starteten Tanners Männer in einer C-47; geflogen wurde sie von den Ungarn, die mit der entführten Maschine bis nach München gekommen waren. Mit einem Kampflied auf den Lippen sprangen sie ins Dunkel der Karpaten-Nacht und landeten in der Region von Lwow. Der US-Nachrichtendienst war in die Sowjetunion eingedrungen.
    Die im Jahr 2005 freigegebene CIA-Geschichte bringt das nun Folgende so auf den Punkt: »Binnen kurzem hatten die Sowjets die Agenten eliminiert.«
    »Was haben wir falsch gemacht?«
    Trotz allem löste die Operation in der CIA-Zentrale eine riesige Welle der Begeisterung aus. Wisner plante die Entsendung weiterer Männer, die organisierte Regimegegner anwerben, mit US-Unterstützung Widerstandstruppen aufbauen und das Weiße Haus so früh wie möglich vor einem sowjetischen Militärangriff warnen sollten. Die CIA setzte Dutzende von Ukrainern auf dem Luft- und dem Landweg ab. Fast alle wurden festgenommen. Der sowjetische Nachrichtendienst benutzte die Gefangenen für die Rücksendung gezielter Desinformation wie etwa: Alles bestens, schickt mehr Waffen, mehr Geld, mehr Leute. Dann wurden sie umgebracht. Nach fünf Jahren solcher »fehlgeschlagenen Missionen«, so heißt es in der Studie der Agency, »gab die CIA diese Methode auf«.
    »Langfristig gesehen«, so lautet ihr Schluss, »verlief der Versuch des Nachrichtendienstes, unter Einsatz ukrainischer Agenten auf die andere Seite des Eisernen Vorhangs zu gelangen, erfolglos und tragisch.«
    Wisner ließ sich nicht beirren. Er lancierte neue paramilitärische Abenteuer in ganz Europa.
    Im Oktober 1949, vier Wochen nach dem ersten Flug in die Ukraine, versuchte er in Zusammenarbeit mit den Briten, Rebellen ins kommunistische Albanien, das ärmste und am meisten abgeschottete Land Europas, zu entsenden. In dieser rückständigen Region am Rande des Balkans sah er den fruchtbaren Boden für eine Widerstandsarmee aus Exilroyalisten und bunt gemischten Patrioten, die in Rom und Athen lebten. Ein aus Malta in See stechendes Schiff brachte neun Albaner zum ersten Kommandoeinsatz. Drei Männer kamen sofort ums Leben, die Übrigen wurden von der Geheimpolizei zur Strecke gebracht. Wisner hatte weder Zeit noch Lust zur inneren Einkehr. Er ließ weitere Albaner zum Fallschirmtraining nach München fliegen und überstellte sie dann an das CIA-Büro in Athen, das einen eigenen Flugplatz, eine Luftflotte und ein paar hartgesottene polnische Piloten besaß.
    Sie sprangen über Albanien ab und landeten in den Armen der Geheimpolizei. Mit jeder misslungenen Mission wurde es schlimmer: immer

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