CIA: Die ganze Geschichte (German Edition)
»Regierung des Nordens« und unter Führung von Castillo Armas, sondern auch vom Rebellen-Training auf Somozas Farm in Nicaragua erzählte. Durchgesickert war dies alles, weil ein CIA-Beamter – Colonel Haneys Verbindungsmann zu Castillo Armas – Geheimtelegramme und -dokumente in einem Hotelzimmer in Guatemala-Stadt hatte liegen lassen. Der Unglückliche wurde nach Washington bestellt, wo man ihm riet, sich irgendwo weit weg, tief in den Wäldern der nordwestlichen Pazifikregion, einen Job als Brandwart zu suchen.
Die Krise zeigte schon bald, dass Al Haney zu den gefährlichsten Irren im CIA-Mitarbeiterarsenal gehörte. In wilder Hektik versuchte er, die Einwohner Guatemalas von den Berichten über die Verschwörung abzulenken, indem er erfundene Meldungen in die einheimische Presse brachte. »Wenn möglich«, so kabelte er an die Zentrale, »große Sensationsgeschichten schreiben, à la fliegende Untertassen oder Sechslingsgeburt in gottverlassener Gegend.« Er dachte sich Schlagzeilen aus, wie etwa: Arbenz zwingt alle katholischen Soldaten in neue Kirche für Stalin-Kult! Sowjetisches U-Boot mit Waffen auf dem Weg nach Guatemala! Der zweite Gedanke beflügelte Tracy Barnes’ Fantasie. Drei Wochen später versteckten seine CIA-Leute an der Küste von Nicaragua einen Vorrat an sowjetischen Waffen. Dann wurden Meldungen erfunden, denen zufolge die Sowjets in Guatemala kommunistische Todesschwadronen mit Waffen ausrüsteten. Aber in der Presse und der Öffentlichkeit kauften nur wenige Barnes ab, mit was er da hausieren ging.
Die CIA-Satzung forderte, verdeckte Aktionen sollten so raffiniert angelegt sein, dass der amerikanische Anteil daran unsichtbar bleibt. Wisner kümmerte das wenig. »Kein Zweifel«, teilte er Dulles mit, »wenn die Operation durchgeführt wird, werden viele Lateinamerikaner darin die Mitwirkung der Vereinigten Staaten sehen.« Sollte indes, so Wisner weiter, die Operation »Success« beschnitten werden »mit der Begründung, dass der Anteil der USA zu deutlich sichtbar ist, dann erhebt sich die ernsthafte Frage, ob Operationen dieser Art überhaupt sinnvollerweise als Waffe der USA im Kalten Krieg eingesetzt werden können, gleichgültig wie ernsthaft die Provokation oder wie günstig die Erfolgsaussichten sind«. Er war überzeugt, eine Operation könne so lange als verdeckt gelten, wie die Vereinigten Staaten sie nicht zur Kenntnis nehmen und wie sie vor der US-Bevölkerung geheim gehalten wird.
Wisner bestellte Colonel Haney in die Zentrale, um ihn in den Schoß der Kirche zurückzuholen. »Keine andere Operation«, erklärte er, »gilt als so wichtig wie diese, und bei keiner anderen geht es so sehr um das Ansehen der Agency. Der Boss muss sicher sein können, dass wir haben, was gebraucht wird.« Aber »die Zentrale hat nie eine klare und genaue Mitteilung bekommen, in der gesagt wird, wie die Pläne für das, was am Tag X geschehen soll, eigentlich aussehen«. Haneys Plan bestand aus mehreren ineinandergreifenden Zeitabläufen, die er auf eine zwölf Meter lange Wurstpapierrolle gekritzelt und in der Kaserne von Opa-Locka an die Wand gepinnt hatte. Er setzte Wisner auseinander, man könne die Operation nur verstehen, wenn man das Gekritzel auf den Schriftrollen von Opa-Locka studiere.
Wisner begann, wie sich Richard Bissell erinnert, »das Vertrauen in Haneys Urteilsfähigkeit und Selbstbeherrschung zu verlieren«. Der strenge Verstandesmensch Bissell, gleichfalls ein Groton- und Yale-Produkt und Jahre zuvor als Mr.Marshall-Plan bekannt geworden, war gerade erst zur CIA gestoßen. Er hatte sich als »Lehrling bei Dulles« (so Bissell) verpflichtet, und für die Zukunft waren ihm große Aufgaben in Aussicht gestellt worden. Der CIA-Direktor bat ihn sofort, die immer kompliziertere Logistik der Operation »Success« auseinanderzudröseln.
Bissell und Barnes: das waren Kopf und Herz der CIA unter Allen Dulles. Aber sie hatten keinerlei Erfahrung in der Durchführung verdeckter Aktionen, und es spricht für das Vertrauen, das Dulles in sie setzte, dass er sie anwies herauszufinden, was Al Haney in Opa-Locka eigentlich plante.
Nach Bissells Worten waren er und Barnes von dem hibbeligen Colonel eher angetan: »Barnes stand ganz auf Haneys Seite und war hellauf begeistert von der Operation. Mir schien Haney der richtige Mann für die Aufgabe, weil derjenige, der für eine solche Operation zuständig ist, ein Aktivist und eine starke Führungspersönlichkeit sein muss. Wir beide, Barnes
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