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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Guareschi
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spätestens in einer Stunde tot ist, der sollte sich um so etwas kümmern? Ein Sterbender, der sich ängstigt: »Wer wird mein Begräbnis bezahlen, wo ich allein auf der Welt bin?« – Und dann amüsierte ihn das Abenteuer, denn er hatte noch nie so etwas getan, sich noch nie unterwegs so hemmungslos gebärdet. So viele Menschen hatten Abenteuer dieser Art in ihrem Leben und brüsteten sich damit. Auch er würde nun so etwas erlebt haben, und er würde sich damit begnügen, es sich selbst zu erzählen, bevor er sich ins Wasser stürzte.
    Er betrat das Wirtshaus voller Freude: Es interessierte ihn außerordentlich, wie die Geschichte seines Schmarotzeressens enden würde. Er setzte sich nieder, zog aber die Jacke nicht aus. Es lag ihm daran, auch bei seiner letzten Tour nicht an Haltung zu verlieren.
    »Ich möchte essen«, sagte er mit sicherer Stimme zum Wirt: »Gebt mir alles, was fertig ist.«
    Der Weinlauben-Wirt war ein plumper Mensch von Kopf bis Fuß. Ein Mensch, der noch nie in seinem Leben gelacht hatte, denn auch wenn er es gewollt hätte, so wäre es ihm nie gelungen, weil seine Backenmuskeln hart und angespannt waren. Sie nannten ihn »Kinnbacken«, und seine Bewegungen waren langsam und verspätet. Wenn man ihn herausforderte und er die Hände benutzen mußte, dann teilte er nicht Schläge aus wie alle anderen Christenmenschen: Er hob die Faust und ließ sie wie einen Hammerschlag niedersausen.
    »Specksuppe, Salami und Eierkuchen mit Zwiebeln«, erklärte Kinnbacken mit finsterer Stimme.
    »Gut. Und bringt sofort Wein.«
    Es kam die Suppe, und eher als sie langsam zu schlürfen, sog sie der junge Mann förmlich in sich hinein. Dann stürzte er sich auf den Eierkuchen und die Salami. Es hatte eine Hitze zum Verrecken, und der Wein war kühl. Er trank ihn wie Sprudel, und der Rausch überfiel ihn schlagartig. Plötzlich schien es dem Mann, als ob sein Kopf zerplatzte, und er bekam Angst, sich nicht mehr von der Stelle rühren zu können. Dann spürte er sein Herz nicht mehr und schlief ein.
    »Vorüber?«
    Kinnbackens rauhe Stimme weckte ihn. Der Kopf drehte sich nicht mehr, doch sein Mund war trocken. Er schüttete eine halbe Wasserkaraffe hinunter.
    »Wie spät ist es?« fragte er den Wirt.
    »Sieben Uhr.«
    Angst erfaßte ihn. Er dachte an das Motorrad ohne Benzin, an das Mittagessen und den Wein, die noch zu bezahlen waren. Kinnbackens finsteres Gesicht und seine riesigen Hände beunruhigten ihn. Dann fiel ihm der Fluß ein, der große Fluß, der auf ihn wartete, und plötzlich fühlte er sich sicher. Alles war in Ordnung. Er ließ sich ein großes Glas Grappa bringen und stürzte es hinunter. Kinnbacken sah ihn an.
    »Die Rechnung«, sagte der Mann.
    Kinnbacken nahm ein Stück Kreide und kritzelte irgend etwas auf den Tisch. Der junge Mann sah, wie sich diese Pranke mit den knüppeldicken Fingern bewegte. Aber, was kümmerte ihn das? Alles würde bald vorüber sein, im Wasser des großen Flusses.
    »Sechshundertzehn«, sagte Kinnbacken schließlich und hob den Kopf wieder. Der junge Mann zögerte einen Augenblick und sagte dann:
    »Es tut mir sehr leid.«
    Kinnbacken verstand nicht.
    »Es ist weder viel noch wenig«, erwiderte er in drohendem Ton: »Es ist der richtige Preis. Wenn Sie nachprüfen wollen, dann tun Sie’s.«
    Der junge Mann seufzte:
    »Ich spreche nicht vom Preis. Ich meine, es tut mir sehr leid, daß ich die sechshundertzehn Lire nicht habe.«
    Kinnbacken näherte sich langsam, und als er zum Tisch kam, stützte er seine mörderischen Fäuste auf das Tischtuch und beugte sich zu dem jungen Mann.
    »Ihr habt die sechshundertzehn Lire nicht?«
    »Nein.«
    »Und wieviel habt Ihr dann?«
    »Nichts«, erklärte der junge Mann.
    Die Sache schien Kinnbacken so ungeheuerlich, daß er für eine kleine Weile buchstäblich sprachlos war.
    »Und ohne einen Centesimo in der Tasche seid Ihr hier hereingekommen und habt Euch alles servieren lassen, was ich Euch gebracht habe!« brüllte er, und seine Augen verengten sich dabei immer mehr.
    Der junge Mann breitete die Arme aus. Und Kinnbacken keuchte jetzt. »Mich hat noch niemand an der Nase herumgeführt«, sagte er dann und schob mit einem Prankenschlag den Tisch zur Seite.
    Der Mann stand nicht einmal auf. Die Sache interessierte ihn nicht, und er wartete. Kinnbacken ging einen Schritt nach vorn, packte mit der Linken den jungen Mann am Hemd und zog ihn zu sich hoch. Der Mann wartete darauf, daß sich die Rechte in Bewegung setzte, aber gerade

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