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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Guareschi
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Vorzugsbedingungen, die ihn die Hälfte seiner Provision kosteten, nur um überhaupt etwas zu verkaufen. Zu Beginn verfügte er über kleine Geldbeträge, und so gelang ihm sein Spiel:
    »Wenn Sie diese Bestellung aufgeben«, sagte er, »bekommen Sie eine Rechnung von tausendachthundert Lire. Das ist schon ein ausgezeichnetes Geschäft, aber da ich mir einen fixen Kundenstab aufbauen will, arbeite ich jetzt nur für die Werbung. Um also mit Tatsachen zu beweisen, daß Sie sogleich gewinnen, gebe ich Ihnen noch vor dem Verkauf der Waren dreihundert Lire in bar, und so werden Sie nicht tausendachthundert, sondern bloß tausendfünfhundert Lire bezahlen.«
    Der Gedanke, Geld von jemandem zu bekommen, der ihnen Waren verkauft, ist einer gewissen Gruppe von Leuten durchaus sympathisch, und deshalb klappte die Sache zu Beginn. Dann, als das Geld zu Ende war, wurde die Arbeit noch schwieriger, denn jetzt begann dem Mann jedesmal, wenn er seine Mühle vor einem kleinen Geschäft auf dem Land zum Stehen brachte, der Mut zu fehlen. Und wenn er die Klinke einer Glastür hinunterdrückte und die Glocke klingelte, überkam ihn die Lust, auf sein Motorrad zu springen und davonzusausen. Während er darauf wartete, daß jemand ins Geschäft kam, dachte er sich: »Diesmal wird’s nicht gut für mich ausgehen. Wenn sie erfahren, wer ich bin und was ich will, werden sie mich mit Fußtritten davonjagen.«
    Aber niemand hatte ihn jemals mit Fußtritten traktiert, niemand hatte ihn jemals mißhandelt. Vielleicht, weil er ein schöner Mann war, mit einem Benehmen wie ein Herr, auch wenn seine Kleidung nicht viel wert war. Vielleicht, weil inzwischen alle Geschäftsleute es gewohnt waren, Vertreterbesuche zu erhalten, und ihr »Nein« mit jener Gleichgültigkeit verkündeten, die aus einer langen Gewohnheit erwächst.
    Aber er hätte es sich beinahe gewünscht, daß sie ihn beschimpft und ihm sogar gesagt hätten, er sollte seine eklige Seife und seinen widerlichen Schuhdreck selber auffressen. Vielleicht hätte er so die Kraft gefunden, alles liegen und stehen zu lassen und woanders eine Beschäftigung zu suchen.
    Der Trott ging dagegen weiter: Doch jetzt geschah etwas Außergewöhnliches. Drei Tage zuvor hatte ihn in Castelletto ein gewaltiges Fieber dazu gezwungen, drei Tage lang in einem kleinen Gasthof das Bett zu hüten, und als er wieder aufgestanden war, reichte das wenige Geld, das er in der Tasche hatte, gerade noch aus, um Zimmer und Essen zu bezahlen. Die Rechnung betrug zweitausendsiebzig Lire, und er hatte nur zweitausend. Aber die Wirtin meinte, als sie die zweitausend Lire-Scheine sah, daß das so recht sei.
    Ein wahres Wunder. Das sich allerdings nicht wiederholte, als zehn Kilometer nach Castelletto der Tank leer war. Und nun saß er da, im Schatten der Hecke, am Ufer eines kleinen Grabens voll abgestandenem Wasser und dachte nach, wie er den Tank füllen könnte, um nach Hause zurückzukehren. Um nach Hause zurückzukehren, ohne eine Lira und ohne einen Centesimo an Provision verdient zu haben.
    Etwas verkaufen? Er besaß nichts: Das Motorrad gehörte dem Verleiher, und auch wenn er es nur als Pfand hinterließ, konnte ihn das ins Gefängnis bringen. Ein Heilmittel, das schlimmer als die Krankheit war. Da dachte er wieder an den Krieg und die Gefangenschaft: Wie schön war damals das Leben, noch voller Hoffnungen.
    Er betrachtete das abgestandene Wasser des Grabens, hob den Blick und erinnerte sich an etwas sehr Wichtiges: Hinter dem Damm war der Fluß. Der Fluß, der immer breiter wurde und unendlich schien. Er dachte an dieses Wasser, und es kam ihm so vor, als würde es auf ihn warten. Fast spürte er Freude. Der Fluß war breit und tief. Er stand auf, und der Kopf begann sich ihm zu drehen. Er ging auf den Damm in der Ferne zu, aber etwas hatte ihn wie mit einem Haken im Magen getroffen und hielt ihn zurück. Es war der Hunger. Verzweifelter Hunger, und mit dem Hunger hing er am Leben.
    »Solange ich nach Essen verlange, so wie jetzt, werde ich niemals die Kraft haben, mich in den Fluß zu werfen. Ich will essen, mir den Magen vollstopfen mit Essen und Wein.«
    Er mußte essen, doch vor allem mußte er trinken. Sich mit Wein vollaufen lassen. Er kehrte wieder auf die Straße zurück und ging auf das Dorf zu. Die »Osteria della Frasca« war zweihundert Meter entfernt, ein einzelnstehendes Häuschen mit einem Weinlaubengang. »Essen und trinken, gut. Aber zahlen?« Dieser Gedanke brachte ihn zum Lachen: Ein Mann, der

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