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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Guareschi
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andrehen und diesen verdammten blonden Kopf entdecken.
    Die Turmuhr schlug. Und dann schlug sie nochmals. Erst nach Mitternacht vernahm sie Carlos Schritte auf der Treppe. Sie hörte Carlo ins Zimmer treten und wartete, daß das Licht anging. Sie hörte auch, wie Carlo den Schalter drehte. Aber das Licht ging nicht an. Zum Glück gab es einen Stromausfall. Carlo zog sich im Dunkeln aus und schlüpfte unter die Decke.
    Ernestina blieb so wach liegen und spürte, daß auch Carlo nicht schlief.
    Plötzlich kam der Strom wieder, ohne daß die Ernestina Zeit gehabt hätte, ihren Kopf unter die Decke zu stecken. Der Mann und die Frau blickten einander an. Und Carlo sah, daß Ernestina nicht mehr graues, sondern kupferblondes Haar hatte. Und Ernestina sah, daß Carlo nicht mehr einen grauen, sondern einen schwarz gefärbten Schnurrbart trug. Da fingen beide wie zwei Idioten zu weinen an.
    »Wer weiß, was die alle dort morgen sagen werden«, seufzte Carlo Daboni.
    »Es wird so sein, wie Gott es will«, erwiderte ebenso seufzend Ernestina.
    Und Gott wollte, daß die Kinder am nächsten Morgen so taten, als hätten sie nichts bemerkt. Und dann, von Mal zu Mal. von Tag zu Tag, von Woche zu Woche, senkte sich wiederum sanft der Schnee auf Carlos schwarzen Schnurrbart und auf das kupferblonde Haar der Ernestina. Und sie ließen ihn sich dort ruhig niedersenken, fast freudig, als ob Grau die Farbe der Jugend wäre.

Im Land des Melodramas
    Die Hühner warteten darauf, daß die Glocke Mittag schlug, und probten inzwischen ihre Stimmen für den gewohnten Chor. In jenem Sommer legte sich die Sonne voll ins Zeug, und oft hörte oder las man von Leuten, die einen Platz überquerten oder die Straße entlanggingen und, von der Hitze erschlagen, wie überreife Birnen zu Boden fielen.
    Alle versuchten sich so gut wie möglich vom Asphalt fernzuhalten, und auf der Landstraße sah man nur einen einzigen Unglückseligen, der rittlings auf einem ausrangierten Kleinmotorrad dahinfuhr. Einen halben Kilometer vom Dorf entfernt hörte der Motor plötzlich auf zu summen, nieste und blieb stehen. Der Mann stieg vom Sattel, setzte den Weg zu Fuß fort und schob dabei sein Motorrad. Er bückte sich nicht einmal, um nach dem Motor zu schauen, denn er wußte ganz genau, wo der Schaden lag. Ein grober Schaden, der gröbste aller Schäden: Es fehlte einfach das Benzin, und selbst wenn eine Tankstelle dort am Rand der Straße gewesen wäre, hätte der Motorradfahrer genauso seinen Weg auf Schusters Rappen fortsetzen müssen, da er keinen Heller in der Tasche hatte.
    Während er schwitzend die verlassene Straße weiterging, sah sich der Mann um, ob er nicht irgendwo Schatten finden konnte. Aber es gab weder Baum noch Pflanzen am Straßenrand, und auch wenn er den Graben hätte überspringen können, um in die Felder zu gelangen, so hätte er dort nur verbrannte Stoppeln vorgefunden. Das war ein verdammter Streckenabschnitt: Etwas weiter vorn, wo die mit Bäumen bestandenen Felder begannen, hatten sie Zäune aus Drahtverhau errichtet. Der Mann setzte seinen Weg fort, er fühlte große Verwirrung in seinem Kopf (vielleicht eine Schwäche wegen des Fiebers, das ihn an den beiden Tagen davor überfallen hatte, vielleicht eine Schwäche, die davon herrührte, daß er seit fünfzehn Stunden nichts gegessen hatte), und er befürchtete, daß die Sonne ihm jetzt ganz schlimm zusetzen würde.
    Er schleppte sich verzweifelt weiter; als er endlich den Bildstock erreichte, der sich fünfzig Meter vor den ersten Häusern des Dorfs erhob, schien es ihm, daß er wie durch ein Wunder einer großen Gefahr entkommen sei. Der kleine Bildstock gab ganz wenig Schatten, und um in seinen Genuß zu kommen, mußte man geradezu an der Mauer kleben, so eng war es dort. Der Mann lehnte also an der Mauer, und es kam ihm in den Sinn, daß er ein Schiffbrüchiger war, der auf einem schmalen Floß Halt suchte. Einem aufgerichteten Floß.
    Inzwischen war es kurz vor Mittag, und Leute begannen sich nun auf der Straße zu zeigen. Der Mann dachte, daß er dort nicht bleiben konnte, weil er sich in dieser merkwürdigen Situation nicht den Leuten zeigen durfte. Schon die Kinder im Kindergarten kannten sich bei Leichtmotorrädern aus, und wenn er eine Weile dort geblieben wäre, dann wäre unweigerlich jemand stehengeblieben, um sich zu erkundigen, was dem Motorrad fehlte, um Ratschläge zu geben und Hilfe anzubieten. Er trat aus dem Schatten, nahm das Motorrad und machte sich entschlossen

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