Ciao, Don Camillo
verantwortlich sein, den mir Filotti durch seinen Gaunertrick verursacht.«
Peppone zog sich die Hutkrempe in die Stirn, näherte sich Cometti, packte ihn am Hemd und nagelte ihn am Stamm der großen Pappel fest, vor der der Mann stehengeblieben war.
»Reizen Sie nicht mein Gemüt, jetzt nicht und nie, oder ich nütze die Gelegenheit, um eine alte Rechnung zu begleichen, die zwischen uns noch offen ist.«
Cometti, der dünn wie ein Nagel war, atmete nur sehr mühsam. »Die Politik hat damit nichts zu tun!« stotterte er.
»Sie hätte auch nicht ins Spiel gebracht werden sollen, als Sie als der, der Sie damals waren, mir jenen gewissen Besuch abgestattet haben. So geht es also doch um Politik. Ich will aber nichts mehr mit Ihnen oder mit Ihrer Familie oder mit den Leuten Ihres Betriebs zu tun haben.« Er lockerte den Griff nicht, sondern preßte den Unglücklichen noch fester an den Stamm der Pappel. Dabei schrie er:
»Schmächtiger, bearbeite sein Motorrad. Dieser Kerl hat Lust, einen Spaziergang zu Fuß bis nach Hause zu machen.«
Der Schmächtige stieg aus, ließ die Luft aus den Reifen des Motorrads, schraubte den Verschluß des Benzintanks auf und legte das Fahrzeug auf den Boden.
»Hier gibt es keine Zeugen«, sagte Peppone finster, »und ich könnte Ihnen die Haut abziehen und sie auf den Grund des Stivone werfen. Ich begnüge mich damit, Sie zu warnen, daß ich Ihnen, wenn Sie mir direkt oder indirekt noch einmal zwischen die Füße kommen, die Eingeweide herausziehe und sie Ihnen um den Hals wickle, so daß Sie sich daran Ihre Urkunde vom>Marsch auf Rom »Ich habe nichts Schlimmes getan«, keuchte der Unglückselige, »damals habe ich Ihnen nur das gesagt, was ich Ihnen sagen mußte.«
»Der Ton macht die Musik!« schrie Peppone: »Wenn ich noch immer ein Angestellter Ihrer dreckigen Fabrik wäre, dann redeten Sie jetzt sicher nicht mit dem Ton von damals mit mir.«
»Wenn Sie ihre Arbeit so schlecht wie damals machten, dann würde ich Ihnen auch heute dasselbe sagen.«
»Schluß! Die Diskussion ist beendet«, sagte Peppone und ließ den Unglücklichen los. »Schmächtiger, starte den Motor.«
»Ich wundere mich, daß Sie den Komplizen abgeben für den Weltmeister unter all denen, die Ihre Partei>Ausbeuterbauern< nennt.«
»Ich bediene mich eines Mistkerls, um einem anderen Mistkerl Schaden zuzufügen. Geben Sie auf Ihre Hühneraugen acht und sagen Sie Ihren Tölpeln, daß sie mir fernbleiben sollen, denn wenn sie schießen, schieße ich zuallererst.«
Er stieg in den Lastwagen, knallte mit einem teuflischen Schlag die Tür zu und schaltete den Gang ein.
Cometti kam gegen zwei Uhr nachts nach Hause, und seine Frau, die noch wach war und auf ihn wartete, blieb die Luft weg, sobald sie ihn sah.
»Was ist mit dir passiert?«
»Nichts.«
Wenn man den Frauen sagt, daß nichts passiert ist, dann ist das eben gerade der Moment, wo sie alles von A bis Z wissen wollen. Cometti mußte also alles nach Strich und Faden erzählen. Am Ende rief seine Frau:
»Laß den Filotti sausen und auch den anderen Mistkerl. Mach mir keine Scherereien, setze doch Fabrik und Familie keinen Repressalien aus.«
»Ich lasse alles sausen«, erwiderte Cometti betrübt. »Ich bin müde und kann nicht mehr. Ich bin allein gegen alle. Ich schließe die Bude. Irgendein Heiliger wird mir schon helfen. Wenn Paolo statt zwölf zwanzig wäre, dann überlegte ich keinen Augenblick und schiffte mich nach Argentinien ein. Da hätte ich das Gefühl, wieder jung zu werden. Jetzt scheint es mir, daß ich nicht mehr fünfzig Jahre, sondern ein Jahrhundert alt bin. Armer Paolino… Sieh zu, daß er nichts zu hören kriegt. Er hat noch das ganze Leben vor sich, um sich seine Seele zu verzehren.«
Aber Paolino fing gerade an, sich seine Seele zu verzehren, denn er hatte Wort für Wort alles gehört.
Am nächsten Abend kam Peppone wieder zu Filottis Hof, weil eine weitere Ladung bereit war. Mit vollbeladenem Lastauto machte er sich auf den Rückweg. Er war sicher, daß Cometti die Vorwarnung genau verstanden hatte. Auf alle Fälle gab es den Schmächtigen, der diesmal nicht mit ihm in der Fahrerkabine saß, sondern mit dem Motorrad als Kundschafter vorausfuhr. Alles schien bestens zu klappen, und es gab den glänzendsten Augustmond, der sich jemals am Himmelfenster gezeigt hatte. Peppones »Dodge« fuhr mit vollen Segeln durch die Pappelallee und kam sehr bald zur Einfahrt in die Gemeindestraße. Hier mußte man die
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