Ciao, Don Camillo
in die Korbsessel, und als alle Höflichkeiten ausgetauscht waren und ein etwas verlegenes Schweigen eintrat, faßte Don Camillo Mut und packte das heiße Eisen an.
Der armen Frau Noemi lagen sowohl das Kinderheim, das von einem Komitee mit dem Pfarrer an der Spitze geführt wurde, als auch das Altenheim, das von einem Komitee mit dem Herrn Bürgermeister an der Spitze geführt wurde, sehr am Herzen. Und sie hatte wiederholt und deutlich dem Pfarrer und dem Herrn Bürgermeister versichert, daß sie im Testament Kinder- und Altenheim großzügig versorgen würde.
Die Erben sahen sich an. Dann sprach für alle die Frau des mageren Neffen.
»Leider ist, wie Sie sehr wohl wissen werden, die arme Tante Noemi verstorben, ohne ein Testament zu hinterlassen.«
Die Frau wandte sich zum Notar, und der Notar nickte ihr gewichtig mit dem Kopf zu:
»Es wurden alle notwendigen Untersuchungen angestellt«, erklärte er, »und es ist auszuschließen, daß die Verstorbene ein Testament verfaßt hat. Und die einzigen rechtmäßigen Erben sind somit die hier anwesenden Herrn Giorgio und Luigi Rolotti, die Neffen der Verstorbenen.«
»Neffen!«
Sie waren Söhne der Tochter des Bruders der armen Frau Noemi! Leute, die, als die Frau Noemi noch am Leben war, sich nicht einmal auf einem Foto hatten sehen lassen!
Don Camillo schluckte mühsam all die Worte hinunter, die er auf der Zungenspitze hatte.
»Wir zweifeln nicht an Ihren Ausführungen«, sagte er lächelnd zu der Frau des dünnen Neffen: »Wir beschränken uns darauf, die Wünsche der Verstorbenen darzulegen.«
Peppone gab zu verstehen, daß er Don Camillos Worten voll zustimmte. Der dünne Erbe sagte, daß er und sein Bruder sowohl dem Kinder- als auch dem Altenheim eine gewisse Summe zur Verfügung stellen würden.
»Aus persönlichem Respekt Ihnen, Hochwürden, und Ihnen, Herr Bürgermeister, gegenüber!« stellte die Frau des dicklichen Neffen fest. »Und nicht wegen der Leute hier im Dorf.«
Peppone und Don Camillo sahen sich verwundert an: Was konnten die Leute im Dorf diesen vier Stockfischen denn Schlimmes angetan haben, die das erste Mal und vor höchstens zwei oder drei Stunden ins Dorf geschneit kamen? Die Frau des dünnen Erben klärte sie auf:
»Wir haben nur zwei hiesige Familien kennengelernt, und beide haben versucht, uns zu hintergehen. Und das reicht!…«
Die zwei Familien, die die Erben kennengelernt hatten, waren die des Pächters des »Colombaia«-Hofs und die des Pächters des »Canaletto«-Hofs: sehr brave Leute, die sich nur um ihre Arbeit kümmerten. Peppone machte die Frau des dünnen Neffen höflich darauf aufmerksam, doch diese schüttelte entschlossen den Kopf:
»Brave Leute, sagen Sie! Aber sie haben den Trick mit dem Vieh und den Geräten versucht. Sie sagen, daß die Hälfte des Kapitals ihnen gehört.«
»Sicher!« rief Peppone: »Die Pacht funktionierte eben so. Das ist bestimmt nichts Neues.«
Die Frau betrachtete ihn mit sehr geringer Sympathie:
»Jedenfalls«, sagte sie kurz angebunden, »werden unsere Anwälte sich das ansehen! Und, was die Schenkung an Kindergarten und Altersheim betrifft, so werden wir sie vornehmen, wenn alles geregelt ist.«
Don Camillo verbeugte sich.
»Wir bedanken uns bei den Herrschaften. Ich erlaube mir nun meinerseits, noch auf etwas hinzuweisen. Wie die verstorbene Frau Noemi mir mehrmals mitteilte, wollte sie im Testament auch großzügig Rosa und Marchino bedenken. Beide haben treuestens der armen Frau Noemi fünfzehn Jahre lang gedient. Rosa war vierzehn, als sie in dieses Haus kam, und Marchino fünfzehn. Für die arme Frau Noemi waren sie mehr ihre Kinder als ihre Dienstboten.«
Eiskalt antwortete die Frau des dicken Erben:
»Machen Sie sich keine Sorgen, Hochwürden: Sie werden beide abgefertigt, wie das Gesetz es vorsieht.«
Rosa und Marchino standen im Zwischenraum unter der Treppe und betrachteten das Schauspiel. Die Frau wandte sich an die beiden:
»Heute noch, sobald die Sachen aufgeteilt sind, werdet ihr mit der üblichen Vorankündigung entlassen. Habt ihr eure Arbeitsbücher in Ordnung?«
Rosa und Marchino sahen sich an:
»Wir haben kein Arbeitsbuch«, erklärte Marchino erstaunt.
Die Frau des dünnen Neffen streckte die Arme zum Himmel hoch:
»Die glückliche Alte!« rief sie. »Sie hält sich fünfzehn Jahre lang zwei Bedienstete, ohne sich darum zu kümmern, ob alles mit den Gewerkschaften geregelt ist, und dann macht sie sich davon und läßt uns im Schlamassel zurück!
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