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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Guareschi
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Zugegeben, man kann ein Bild malen, indem man nur die rote Farbe und ihre Abstufungen verwendet, aber man kann sich nicht allein von Huhn ernähren. Der Marchese fand keinen Ausweg, und nach langem Nachdenken beschloß er, daß es das beste wäre, die Klarinette zu vergessen. Deshalb heiratete er um die Klarinette zu vergessen. Doch waren nicht ganz zwanzig Monate vergangen, als er das Bedürfnis verspürte, die Klarinette wieder hervorzuholen, um die Frau zu vergessen. Das Problem war nicht gelöst, im Gegenteil, es hatte sich verschlimmert. Da kam dem Marchese die Idee, im Ort eine Musikkapelle zu gründen. Der Marchese war ungefähr dreißig, und in jener Gegend war es eine goldene Zeit für Musikkapellen.
    Irgend jemand hatte die »Tanzmaschine« erfunden, jene große Konstruktion aus Holz und Leinen, die man noch heute auf mancher Kirchweih sieht, kurzum: das »Festival« – eine riesige viereckige Jahrmarktsbude, leicht zusammenlegbar und leicht transportierbar, bedeckt mit einem weißlichen Tuch, das in der Mitte von hölzernen Stangen sehr hoch gehalten wurde und an den Seiten herabfiel, die von einem Bretterzaun von etwa zweieinhalb Metern abgeschlossen wurden.
    Der Boden ist aus Tannenholzbrettern gemacht, die ineinander verkeilt wurden, und die Tanzbude hat auch eine hölzerne Front, die mit Zeichnungen oft allegorischen Inhalts geschmückt ist. Zwei Schalter für die Karten und zwei Türen, wobei auf der einen »Männer« und auf der anderen »Frauen« geschrieben steht.
    Das Innere des »Festivals« erweckt sowohl wegen der Täfelung des Bodens und den hohen Masten in der Mitte, um deren untere Enden die Seile gewickelt sind, die dazu dienen, die Dachplane hochzuheben, als auch wegen der weißlichen Dachplane selbst, die wie ein großes Segel aussieht, den Eindruck eines Schiffsdecks.
    Und damals gab es, um diese Illusion zu vergrößern, auch die Kommandobrücke, nämlich das Podium, das den ganzen hinteren Teil gegenüber dem Eingang einnahm und auf dem die Kapelle thronte.
    Die Musikkapellen jener Zeit waren etwas Außergewöhnliches, und niemand kann sie sich vorstellen, denn wenn man auch sagt, daß sie aus Trompeten, Posaunen, Klarinetten, Flöten, Horn und Kontrabaß bestanden, so hat man rein gar nichts gesagt. Im Gegenteil, man hat gerade die Voraussetzungen geschaffen, um alles falsch zu verstehen. Die Leute grinsen, wenn sie von Dorfkapellen reden hören, weil meistens die Dorfkapellen auf »humorvollen« Ansichtskarten dargestellt werden oder von Fotografen und Filmern, deren Wissen eben auf diesen Ansichtskarten oder bestenfalls auf Liebigs Figuren beruht. Um einen Eindruck von der Sache zu geben, genügt die Geschichte einer Musikkapelle jener Zeit. Eine Geschichte der Bassa: eine jener zahlreichen patriarchalischen Bauernfamilien, in denen der Alte an alles und für alle dachte. Der Alte war schon mit Musik im Kopf geboren, er komponierte Walzer. Mazurken, Polkas, kleine Märsche, dann spielte er sie und brachte sie den anderen in der Familie bei. Denn alle in jenem Haus, ob Kinder, Männer oder Frauen, spielten irgendein Blasinstrument. Sie waren Bauern und schwitzten, um aus dem Boden ihre Nahrung herauszupressen, aber sie beschäftigten sich mit Musik, und dies nicht nur in der toten Saison, wenn es also auf den Feldern nichts zu tun gab. Auch während der Zeit der harten Arbeit kam es vor, daß sich der Alte plötzlich in der Tür zeigte, ins Horn blies und zum Appell rief. Da legten alle ihr Arbeitsgerät nieder, liefen nach Hause, griffen zu den Instrumenten und übten die Kompositionen des Alten. Dann kehrten sie zur Arbeit auf den Feldern zurück.
    Das war eine besondere Musikkapelle, versteht sich. Aber auch alle anderen Musikkapellen waren außergewöhnlich. Doch wie kann man das Leuten begreiflich machen, die nicht Walzer tanzen können?
    Wenn am Abend im Festzelt die bläulichen Azetylenlämpchen brannten und im Dunkeln die große, von unten beleuchtete Plane aussah, als würde sie in der Luft schweben, da spielte jede Kapelle ihre Einladungsnummer. Die Musikanten stellten sich vor dem Wirtshaus auf und spielten einen Walzer, und zumeist war es der Nachtigallenwalzer. Ein Walzer, der dann plötzlich der Klarinette freie Bahn ließ und ihr eine jener wilden Folgen von hohen Tönen erlaubte, die einen den Atem anhalten lassen.
    Aber die Klarinette war nicht mit den anderen Musikinstrumenten dort vor dem Wirtshaus, sie war weit weg plaziert worden, man wußte nicht wohin. Und

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