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Ciao, Don Camillo

Ciao, Don Camillo

Titel: Ciao, Don Camillo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovanni Guareschi
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sieh da. sobald die Blechinstrumente und der Kontrabaß ihre kompakte Aktion beendet hatten und sobald das Kornett einen Augenblick allein blieb und jemanden rief, der sich in der Nacht verbarg, da antwortete die Klarinette vom hohen Kirchturm. Und zuerst kamen ihre Triller herab wie eine dichte Formation von Flugzeugen im Sturzflug. Aber auf halber Höhe angelangt, breitete sich der Klangteppich aus, hinter jedem Ton kam der nächste, und alle Töne glitten schnell in den Himmel und streiften die Schornsteine der Häuser, einmal empor-, dann wieder hinabsteigend und kreisend: ein dünner und leuchtend silbriger Faden, der ein kompliziertes Muster in den schwarzen Samt der Nacht zeichnete und plötzlich erlosch. Doch es blieb eine Furche in der Luft.
    Der Marchese hatte es sich in den Kopf gesetzt, im Ort eine Kapelle zu gründen. Keine Kapelle, die in den Festzelten spielen sollte, versteht sich, sondern eine, die am Festtag auf dem Hauptplatz spielen und die Leute ein wenig erfreuen sollte. Schon in seiner Jugend erreichte der Marchese immer, was er erreichen wollte, und das wußten alle, die unter ihm arbeiteten, sehr gut. Er kaufte die Musikinstrumente, gründete eine Musikschule und holte einen Lehrer. Er fand auch Leute, die bereit waren, Stunden ihrer Freizeit zu opfern, indem sie die Tonleitern lernten und in die glitzernden blechernen Dinger bliesen. Der Musiklehrer arbeitete drei Jahre, bis er schwarz wurde, dann verkündete er eines Tages dem Marchese, daß die Kapelle. auch wenn sie nichts Besonderes wäre, ein gefälliges musikalisches Programm auf dem Hauptplatz ehrenhaft bestreiten könnte. Der Marchese, der bis zu diesem Zeitpunkt das Interesse an der Sache verloren zu haben schien, wollte sich die Probe anhören. Er verfolgte sehr aufmerksam die Darbietung und teilte am Ende seine Meinung mit:
    »Ihr seid nicht in der Lage, auf einem öffentlichen Platz aufzutreten, höchstens auf einem Misthaufen. Von jetzt an kehrt euer Lehrer in sein Dorf zurück, und ich übernehme die Gesamtleitung. Aufgepaßt, jetzt wird das Stück Nr. 5 wiederholt. Seht zu mir her!«
    Alle Mitglieder der Musikkapelle fühlten ihr Herz vergiftet und hätten sehr gern den verdammten Flegel mit Fußtritten bedacht, der so rüpelhaft die drei für sie und ihren armen Lehrer so mühevollen Jahre ihres Lebens mit Verachtung gestraft hatte. Sie blätterten zähnefletschend in ihren Noten herum und begannen dann das Stück Nr. 5.
    An einer bestimmten Stelle sah das Stück Nr. 5 ein Klarinettensolo vor, doch als er an der Reihe war, verhaspelte sich der Klarinettist. Der Marchese hielt den Laden an.
    »Von morgen an lernst du Kontrabaß«, sagte der Marchese dem unglückseligen Klarinettisten: »Du hingegen überläßt den Kontrabaß ihm und kümmerst dich um die Reinigung der Vereinsräume«, sagte er unumstößlich zum Kontrabassisten. Daraufhin ließ er sich ein Päckchen bringen, das er in seiner Kutsche gelassen hatte, und darin war seine Klarinette. Nachdem er sie aus der Hülle herausgezogen hatte, gab er die Anordnung, mit dem Stück Nr. 5 von vorne zu beginnen.
    Alle wußten, daß der Marchese auf die Klarinette fixiert war. Da aber der Palazzone abgeschieden inmitten der Felder lag und der Marchese, wenn er spielen wollte, sich in das entfernteste Zimmer des Gebäudes einschloß, so hatte niemand eine Vorstellung davon, um was es sich dabei tatsächlich handelte.
    Und die Kapellenmitglieder sahen einander an, und jeder Blick sagte: »Wenn dieser Unglückselige patzt, dann platze ich vor Freude.«
    Das Stück Nr. 5 wurde wieder von vorn begonnen, und es kam der fatale Augenblick des Solos. Während der ersten Takte hielt sich der Marchese an die vorgegebene Musik, dann verlor er die Geduld und begann so schwierige und ausgefallene Variationen zu improvisieren, daß dann, als er sich wieder an das Stück Nr. 5 erinnerte, wieder in dessen Notenbahn einbog und das Zeichen zum Einsatz gab, ihn alle mit weit geöffnetem Mund anstarrten. Das Männlein am Kontrabaß ließ von seinem Musikkasten ab, reichte ihn dem ehemaligen Klarinettisten und ging auf die Suche nach einem Besen. Während der arme bisherige Lehrer eilig verschwand und sich nicht einmal umdrehte.
    Der Marchese zeigte sich auch in der Folgezeit wirklich nicht von seiner freundlichen Seite, doch schließlich, nachdem Monate und Monate gebüffelt worden war, daß ihnen die Luft wegblieb, stellte sich die Musikkapelle zum ersten Mal auf dem Hauptplatz vor, und es war ein

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