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Ciao Mayer

Ciao Mayer

Titel: Ciao Mayer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Jürgen Schlamp
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beendet, zumindest für ein, zwei Jahre würden sie gesperrt. Die anderen sorgten sich womöglich um die Zukunft des Vereins, und damit ihres Arbeitsplatzes, der in einem Morast aus Bestechung und Betrug untergehen könnte. Zumal die Finanzverhältnisse des römischen Clubs ohnehin undurchsichtig waren und die Schulden drückten. Manche hatten sogar Angst um ihr Leben, musste man annehmen. Das waren die, die alles wussten, obwohl sie nicht selbst verwickelt waren, und die deshalb jederzeit auspacken konnten – solange sie noch konnten jedenfalls.
    Auch die Erklärung von Polizei und Carabinieri, man würde in alle Richtungen ermitteln, hätte viele Erkenntnisse gewonnen, aber noch keine wirklich eindeutige Beweislage, gab Massimo weitere wertvolle Anhaltspunkte. Warum war die Polizei wohl so zugeknöpft? Ohne Zweifel hatte sie Sorge, die Indizien für eine Verwicklung des jungen Spielers in illegale Wett-Aktivitäten aufzugreifen, weil das eine Kettenreaktion auslösen könnte. Natürlich musste auch die Polizei sich die Fragen stellen: Wer hing da mit drin? Der gesamte Verein, einschließlich des milliardenschweren und einflussreichen Präsidenten, dessen Freunde, weitere Vereine, die gesamte Liga? Und die Politik? Vielfältig waren die Beziehungen zwischen Politik und Fußball, das wusste jeder. Und ausgerechnet das fein gesponnene Netz illegaler Wetten, mit dem jede Woche viele Millionen Euro bewegt wurden, ausgerechnet das dickste aller Geschäfte wäre außen vor geblieben? Glaubte man das? Traute man das den Vereinsbossen wirklich zu - oder gar den Politikern? Nein, der Morast musste unendlich tief sein, wenn Polizei und Carabinieri so auffallend ängstlich auf der Stelle traten.
    Nur wir knallharte Medienleute treten nicht auf der Stelle, wir gehen gnadenlos weiter, dachte Massimo in etwas bitterer Stimmung, als er seinen langen Bericht dem Chefredakteur vorlegte.
    Er hatte es geahnt. Sein Chef fand den „Null-Fakten-Tausend-Vermutungen-Artikel“, wie Massimo ihn im Stillen eingeordnet hatte, „gar nicht so schlecht“. Selbstverständlich müsse man noch ein bisschen daran feilen, aber dafür sei er ja da, sonst - haha - brauche man ja gar keinen Chefredakteur. Aber im Großen und Ganzen: „feine Geschichte.“ Einzig die Überschrift gefiel ihm nicht. „Zu lahm.“ Er schrieb: „Fußball, Wettmafia, Politik - Wie tief ist der Sumpf?“ und sagte: „Siehst du Mayer, hier kannst du jeden Tag etwas Neues lernen. Und vielleicht ersparst du uns beiden morgen die Prozedur, dass ich dich erst zum Jagen tragen muss. Das muss doch nicht sein. Verspiel’ dich nicht wieder mit anderen Themen, bleib hart am Ball, haha, das passt, das könntest du morgen auch irgendwie einbauen, das ist ein schönes Wortspiel, nicht wahr? Und mach’ morgen das Ding weiter, das du angefangen hast. Vielleicht kannst du ja auch mal ein bisschen recherchierten Stoff dazutun, damit man alles nicht nur über Fragezeichen transportieren muss. Aber gut, soweit sind wir nicht, das sehen wir morgen. So, also, schönen Abend, aber bitte: treib’ es nicht so wild wie gestern Abend, morgen musst du früh raus, an die Arbeit! - Rabotti ! Rabotti! - heißt das nicht so auf Deutsch? Na egal. Ciao Mayer.“

    *

    Massimo hatte noch eine Verabredung an diesem späten Abend. Am Nachmittag hatte er Benedetto angerufen, einen alten Schulfreund. Der verkaufte Hasch in den Kneipen rund um die Via Ostia. Weil er ein lausiger Verkäufer war, sich an jeder Ecke fest quasselte, statt seine Runde zu drehen, sein Zeug verschenkte oder auf Pump abgab, was auf dasselbe herauskam, und zudem alle paar Monate einem Polizisten in Zivil seinen mittelmäßigen Stoff anbot, was ihn regelmäßig seinen Warenvorrat und manchmal ein paar Wochen Gefängnis kostete, reichten seine Einkünfte kaum zum Überleben. Er war für jedes Bier dankbar, das ihm einer anbot.
    Massimo hatte ihn zu Bier und Pizza eingeladen. Als er die kleine „Bar-Pizzeria“ betrat, saß Benedetto schon an einem Tisch an der Wand und plauderte mit dem Chef des Ladens.
    Alles war hier ziemlich schäbig. Dick, fast kahlköpfig, im augenscheinlich nicht frisch gewaschenen Unterhemd: der Besitzer; kahl, öde und neonbeleuchtet: der Laden. Über die gesamte linke Seite des Raumes zog sich eine große gelb-braune Holzimitat-Theke. Im Abstand etwa eines Meters waren darauf Zuckerdosen platziert, aus denen jeweils ein Löffelstiel ragte. Den hinteren Abschluss des aparten Möbels bildeten bunte

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