Ciao Mayer
fuhr auf der Hauptstraße weiter in Richtung Aurelia, weil er aber dort nicht links auffahren durfte, nahm er stattdessen das letzte Sträßchen, das sich links anbot - wieder eine Sackgasse. Sie endete exakt vor dem Hundeplatz, wenn auch nicht an dem Eingang, den Massimo kannte und gesucht hatte, sondern auf der entgegen gesetzten Seite. Seltsam, dachte Massimo, auf jeder Seite eine Sackgasse. Aber vielleicht war das bei ausgedehnten Grünland-Betrieben immer so. Was wusste er als Städter denn schon davon?
Massimo parkte seine Vespa, öffnete die halbhohe Holztür, die einen Blick auf das weitläufige Gelände und etliche Menschen-Hund-Gespanne beim Training zuließ, und schritt auf ein Holzhaus mit einer umlaufenden Terrasse zu, das rechts vor den Übungswiesen auf einem leichten Hang stand. Es war offensichtlich das Büro oder die Wohnung des Besitzers oder Verwalters.
Als er sich dem Haus auf etwa zehn Schritte genähert hatte, kam ihm ein vielleicht dreißigjähriger Mann in einer Art Uniform entgegen. Hose und Jacke ähnelten einem amerikanischen Kampfdress, aber das T-Shirt drunter und die Turnschuhe an den Füßen passten nicht dazu. Der Mann war kräftig, sein Kopf rasiert. Straff an der Leine hielt er einen Dobermann, der Massimo fixierte.
„Tag“, sagte der Mann, nicht unfreundlich, „kann ich was für Sie tun? Wollen Sie sich zu einem Lehrgang anmelden?“ Massimo änderte die Blickrichtung von Hund auf Herrchen und sagte: „Nein, nein. Ich bin Journalist. Ich wollte Sie nur was fragen.“
Der Glatzkopf schien nicht begeistert. „Was fragen? Was denn?“
Massimo hatte sich unterwegs überlegt, wie er die Sache anpacken wollte. Nicht gleich von Mord reden! Solche Leute waren doch mit Sicherheit allesamt Hundefreunde, die wollten doch nicht hören, dass ihre Köter Menschen rissen. Nein, er wollte als Hundeliebhaber beginnen. In kurzen Sätzen klarmachen, dass Hunde im Grunde und in ihrer Mehrheit ganz tolle Wesen sind, dass nur einzelne, weil sie falsch gehalten oder von den falschen Personen trainiert werden, plötzlich Menschen anfielen.
„Aber was?“ fragte er nach der, wie er fand, kurzen, geschickten Einleitung, „kann einen Hund oder auch mehrere dazu bringen, einen Menschen regelrecht zu zerfleischen? Kann man ihnen das befehlen? Oder ...“
Glatzkopf drehte sich abrupt um und rief Richtung Haus: „Tonio, hier ist einer, der fragt nach Hunden, die Menschen killen!“
Der Dobermann hatte die Kehrtwendung seines Herrn mitgemacht, schielte aber weiterhin, mit leicht verdrehtem Kopf, auf Massimo. Der wusste im Moment nicht recht weiter.
Aus dem Haus kamen drei Männer, einer in einer ähnlichen Uniform-Montur wie Glatzkopf mit Dobermann, zwei in Jeans und Lederjacken; alle drei hatten rasierte Köpfe und Hunde an der Hand. Massimo kannte ihre Rasse nicht. Große, helle, hässliche Tiere, Kampfhunde jedenfalls, das wusste er. Männer und Hunde kamen näher und bauten sich vor ihm auf.
„Was willst du?“
Massimo wiederholte sein eingeübtes Sprüchlein von den treuen Gefährten der Menschen, die viel Liebe und Glück spendeten, aber gelegentlich, selten, hin und wieder, Menschen anfielen. Und dass es dabei sogar Todesfälle gäbe, und genau das würde ihn interessieren, als Journalist, und ob sie ihm nicht ein paar Fragen beantworten könnten.
„Hau ab“, sagte der mit dem Schäferhund.
„Verpiss Dich!“ ergänzte einer der Kampfhund-Halter.
Sie traten einen Schritt näher. Vier Menschen- und vier Hundeaugenpaare fixierten Massimo.
„Hey“, sagte Massimo, „ich will doch nur von Hunde-Profis wie euch ein paar Sachen lernen, wie Hunde reagieren und so...“
Der bislang schweigsamste Kampfhund-Halter machte noch einen Schritt auf Massimo zu, stand jetzt direkt vor ihm und sagte sehr leise: „Wenn du jetzt nicht machst, dass du wegkommst, kriegst du eine Gratis-Lektion. Dann weißt du, wie Hunde reagieren und wann sie sich über Menschen wie dich hermachen...“
Massimo hob beschwichtigend die Hände vor die Brust. Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, dass die aufmerksamen Hunde ihre Körper strafften. Sie schienen halbwegs zu verstehen, was ihre Halter von sich gaben. Gut erzogene Tiere, klar, dachte er, aber beruhigend fand er die Erkenntnis nicht. Er verscheuchte das Bild vom Körper des jungen Motti im Park aus seinem Kopf.
„Hey, ist doch okay, ich geh’ doch schon“, gurrte er, „ich wollte doch nur ...aber gut, wenn ihr nicht wollt! Tut mir leid für die
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