Ciao Mayer
Staatsanwalt Finelli seine Vorlesung, „dass da etwas ist, aber es ist bislang nicht gelungen, es zu greifen.“
*
Massimo beschloss, erst einmal zu Messer und Gabel zu greifen. In einer kleinen Osteria, nur hundert Meter vom Justizpalast entfernt, bestellte er Mozarella di Bufala mit Tomate, Basilikum und Balsamico - eine Art lebensrettende Sofortmaßnahme für seinen Kopf.
„Welchen Wein?“ fragte der Wirt.
Massimo schüttelte den Kopf. „Keinen Wein, nur Wasser.“
Der Wirt sah ihn mitleidig an. „Stilles?“
Nein, Massimo wollte Wasser mit Kohlensäure. Der Wirt schaute noch ein bisschen mitleidiger, griff die beiden auf dem Tisch bereitgestellten Weingläser, trottete hinter den Tresen und kam mit einer Wasserflasche und einem kleinen Glas zurück, das aussah, als wäre früher Senf darin gewesen.
„Krank?“ fragte er, während er eingoss.
„Dicker Kopf, von gestern Abend“, antwortete Massimo und nahm das Wasserglas.
„Ist nicht gesund, Wasser mit Sprudel“, sagte der Wirt, „zerfrisst die Magenwände! Stilles ist besser.“
Massimo trank und verzichtete auf eine Antwort. Warum auch? Neunzig Prozent aller Römer glaubten den Kohlensäure-ist-gefährlich-Blödsinn.
Gerade als er den ersten Happen auf seiner Gabel ausbalanciert hatte - eine Lage Käse, darauf die Tomatenscheibe mit Zwiebel- und Knoblauchbröckchen, zwei Basilikumblättchen und dazu genügend Öl- und Balsamico-Gemisch - klingelte sein Handy. Massimo zuckte, die Fuhre klatschte auf den Teller zurück und die Öl-Balsamico-Sauce spritzte auf sein Hemd.
„Mist verdammter“, fluchte er und fischte mit spitzen, weil leicht schmutzig-öligen, Fingern das Telefonino aus der Jackentasche.
„Pronto.“
„Wo bist du Massimo?“
Ach Du lieber Himmel, Elisabetta, seine - wie sie sagte – „Verlobte“. Er drückte sich da meistens neutraler aus.
Massimo hatte sie vergessen! Sie waren verabredet, zwölf Uhr vor dem „Miss Sixty“-Laden in der Via del Corso. Sie hatte dort einen Rock gesehen. Massimo sollte ihn begutachten, sollte ihr sagen, dass sie natürlich nicht zu alt für den ziemlich flippigen Stil war. Anschließend wollten sie essen gehen. Jetzt war es halb eins, und sie fragte noch einmal: „Massimo wo bist du? Was ist los?“
Er stotterte, dass sich sein Termin mit dem Staatsanwalt verschoben hätte und er, nein, jetzt wäre er nicht mehr bei dem, aber ein anderer Termin, danach, der hätte sich natürlich auch verschoben und das wäre alles wichtig, nein natürlich nicht wichtiger als sie, aber eben auch unheimlich wichtig. Er könnte heute Mittag wirklich nicht. Klar hätte er anrufen sollen, wollte er ja auch, aber der Stress... Nein, heute Abend könnte er auch nicht, wirklich nicht, aber morgen. Morgen würde er sie nach Ostia einladen, in eines dieser chicen Restaurants, vorne mit Blick aufs Meer, hinten mit Privat-Parkplatz. „Versprochen. Baci. Nicht böse sein, amore.“
Die dämlichste Erfindung der Menschheitsgeschichte, dachte er, und betrachtete feindselig das abgeschabte Gerät mit Tastatur und Mini-Display in seiner Hand. Er war wohl der letzte Römer ohne Smartphone. Diesen Schnickschnack mit Internet und so brauchte er nicht. Schon sein altes Ding machte nur Ärger. Schaltete er es einfach aus, erregte sich sein Chef und Elisabetta jammerte, sie könnte ihn nie erreichen. Machte man es aber nicht aus, geriet man ständig in unangenehme Situationen, wie soeben mit Elisabetta. Man wurde immer im falschen Moment überrascht, war nicht vorbereitet, hatte keine Argumente und machte natürlich keine gute Figur. Wem war eigentlich damit gedient, dass man zwar ständig erreichbar war, aber permanent nur Blödsinn quasselte? „Das Ende der Privatsphäre“, sagte er halblaut und verstaute das Handy in der Jackentasche.
Luciano, ein Freund in der Toskana, hatte das Richtige getan: Er hatte sein Handy wieder abgeschafft. Auf seinem Geburtstagsfest hatte er es verkündet und begründet. „Wenn das Ding klingelt“, hatte Luciano gesagt, „fragt mich regelmäßig jemand: ‚Wo bist du?’ Ja, bin ich Geograph? Die nächste unvermeidliche Frage heißt: ‚Wie geht’s dir?’ Bin ich vielleicht Arzt? Nein, bin ich nicht.“
Alle hatten gelacht, jeder mit so einem Ding in der Tasche. Er ja auch.
Mit der Serviette wischte er die Flecken auf seinem Hemd etwas in die Breite. Dann versuchte er es erneut mit Mozarella, Tomate und Beiwerk. Diesmal gelang es problemlos. Nach drei, vier Bissen besserte sich
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