Ciao Papa
Klaps, den ich auch mit einer intuitiven Kopfbewegung kaum abschwächen konnte. Ich hielt den Blick gesenkt und lächelte.
Die Ohrfeige bedeutete, dass mich Abracadabra definitiv akzeptierte. Abras Gestensprache war die beste von all den Jungs im Milieu. Unter Freunden waren seine Gesten ausführlich und offensichtlich. In der Öffentlichkeit waren sie kaum erkennbar, aber immer klar. Manchmal, während eines augenscheinlich banalen Gesprächs, schaffte er es, parallel dazu eine Botschaft in integraler Form zu übermitteln, indem er sich nahezu unsichtbarer Handbewegungen bediente. Selbst wer ahnte, worum es ging, verstand nichts, wenn er diese geheime Sprache nicht kannte. Die Leute, die mit diesen Codes vertraut waren, mussten sehr gut aufpassen, wenn sie den Faden nicht verlieren wollten. Er konnte mit bloßen Handbewegungen jedes Problem lösen.
Abra drehte mir den Rücken zu und faltete die Hände wie zum Gebet. Er senkte den Kopf und legte die Fingerspitzen auf Nase und Mund. Er drehte sich mit großer Behändigkeit um, ohne dass sich in seiner Gestik etwas geändert hätte. Er hob die Brauen, schaute mir in die Augen, und deutete mit ernster Miene mit dem Zeigefinger auf mich, während er die linke Hand hinter seinem Rücken verschwinden ließ.
»Gratuliere, Carlitos! Ich gratuliere dir doppelt: Zum einen zu deinem Geburtstag.« Er ließ den Blick zum Onkel und zum Kleinen hinüberschweifen und setzte die Fingerspitzen der geöffneten Hände auf seine Brust. »Dreißig, das ist ein Alter, das alle hinfälligen Alten wie unsereins gerne zurückhätten«, sagte er lächelnd, um mit weit geöffneten Augen gleich wieder ernst zu werden und erneut mit dem Zeigefinger auf mich zu deuten. »Zum anderen, und das ist bedeutsamer, zu der Entscheidung, die du gefällt hast. Sehr gut, Carlitos, sehr gut. Wir haben ein Geschenk für dich.«
Abracadabra setzte sich und bedeutete mir mit einer Bewegung seiner rechten Hand und der Handfläche nach oben, in dem Sessel gegenüber Platz zu nehmen.
Ich setzte mich, und der Onkel schenkte mir aus einer Kristallflasche, die immer in seiner Reichweite auf dem Tischchen stand, einen Whisky ein.
»Dazu ist es ein bisschen früh«, sagte ich.
»Was für ein Heuchler!«, erwiderte Abracabra und lachte mit den andern zwei, die mit den Fingern auf mich zeigten.
»Heute ist dein Geburtstag, da wird es dir dein Onkel sicher erlauben. Lasst uns anstoßen, bevor wir ihm die Überraschung mitteilen«, sagte der Onkel.
»Ich trinke mit euch, aber nur Mineralwasser«, sagte der Kleine. »Ich habe einen übersäuerten Magen.«
»Auf euch alle und das Unternehmen«, sagte der Onkel.
Wir stießen an, ohne aufzustehen. Als ich das Glas wieder absetzte, sah ich, wie mich die drei anguckten und lächelten.
»Sie haben uns die Lizenz gegeben«, sagte Abra. »Wir haben ideale Räumlichkeiten, und wir beginnen in zwei Wochen. Was die Autowerkstatt betrifft, du hast die Kohle bis nächste Woche, um sie einzurichten. Hier, diese Scheine sind für dich, damit dir die Zeit nicht lang wird«, sagte er, deutete auf den weißen Umschlag, setzte sein rechtes Handgelenk unter das rechte Auge und zog die Haut hinunter. Ein riesiger, weißer, runder, von roten Äderchen überzogener Augapfel kam zum Vorschein. »Und wirf es nicht für Weiber zum Fenster hinaus, sonst hast du in einem Monat nichts mehr. Capisci? Nichts mehr.«
Ich nahm den Umschlag vom Tisch und steckte ihn, ohne ihn zu öffnen, in die Brusttasche und zwar in die auf der Innenseite, die näher beim Herzen lag. Als ich ihn zwischen den Fingern hielt, spürte ich sofort, dass er neue Noten enthielt.
»Es sind amerikanische Dollars. Geh vorsichtig damit um, denn sie sind echt. Ich selbst habe sie erst heute Nachmittag gemacht.«
Alle lachten über den uralten Witz. Das Lachen dauerte nicht lange. Abracadabra setzte eine ernste Miene auf, legte seine behaarten Hände auf seinen Bauch, kreuzte die kurzen stämmigen Beine und räusperte sich.
»Was treibst du gerade?«, fragte er.
Alle drei wurden ernst. Ich hob die Brauen und betrachtete aufmerksam die Vase.
»Nichts, Abra, nichts. Keine Ahnung. Ich gehe von der Arbeit nach Hause, von zu Hause an die Arbeit.«
Ich lächelte, aber die alte peronistische Losung rief auf diesen drei Gesichtern, denen die Muskeln abhanden gekommen zu sein schienen, nicht das geringste Lächeln hervor.
»Ich bin den ganzen Tag über in der Autowerkstatt, obwohl es nicht viel zu tun gibt«, fuhr ich fort.
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