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Ciao Papa

Ciao Papa

Titel: Ciao Papa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juan Damonte
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Augen.
    »Wollen wir uns nicht setzen, mein Junge, oder warten wir auf ein Defilee?«, fragte die Tante.
    Bevor ich einen Stuhl auswählen konnte, nahm sie mich erneut beim Arm und sagte mit ihrer gewohnt ruhigen Stimme, die gleichzeitig sanft und autoritär war:
    »Dein Onkel erwartet dich in seinem Büro. Der Kleine und Abracadabra sind auch bei ihm.«
    Die Gäste hatten gemäß Familienstruktur und Hierarchie an den Tischen Platz genommen.
    Ich bat um Erlaubnis, mich zu entfernen, und wollte gleichzeitig bei den Gästen einen guten Eindruck hinterlassen. Ich setzte das Guter-Junge-Gesicht auf und lächelte, dann hob ich die rechte Hand auf Kopfhöhe und sagte mit lauter Stimme:
    »Entschuldigt mich bitte, meine Freunde, das Vaterland ruft.«
    »Geh in den Schatten, mein lieber Cousin, sonst holst du dir einen Sonnenbrand«, sagte Lilia, und rang sich ein übertriebenes Lächeln ab, das nett sein wollte.
    Ich lächelte zurück und ging auf das Haus zu. Auf dem Boden des großen Saales mit seinen teuren, bequemen und mit grauem Leder bezogenen Sesseln lag ein langhaariger Teppich. Es roch nach Raumdeodorant. Alle Wände waren mit ebenfalls teuren Gemälden und Silbertellern geschmückt. Unter einem Botero saß Cipriano und las die Sportseiten. Er war ein indianischer Typ, groß und kräftig, mit einem riesigen Schnurrbart und einem wenig Vertrauen erweckenden Gesicht. Ich glaube nicht, dass er irgendeinen Freund hatte. Er trennte sich nie von meinem Onkel. Als ich klein war, fuhr er mich zur Schule und wartete, bis sie aus war. Sonntags gingen wir zusammen in den Zoo. Ich war noch ein Jüngling, als er mich auf die Pferderennbahn und ins Bordell mitnahm. Er erhob sich, ohne zu lächeln, und wir umarmten uns. Er trug eine Waffe.
    »Sieh an! Ein Gespenst? Herzlichen Glückwunsch. Komm herein. Der Generalstab erwartet dich im Büro.«
    Ich klopfte zweimal an die schwere Mahagonitüre und trat ein.
    Das Arbeitszimmer meines Onkels war altmodisch möbliert, es hatte dunkle Holzwände, einen Gobelin, noch mehr teure Bilder und eine Bibliothek mit um die dreitausend gebundenen Büchern. Die schweren Vorhänge waren gezogen, und die drei unterhielten sich im Halbdunkel. Sie saßen im spärlichen Licht einer Lampe, die getragen wurde von einer Frauenfigur aus Ebenholz von beinahe realen Ausmaßen. Ihr Oberkörper war nackt, und sie trug einen goldenen Turban und einen blumengeschmückten Blätterrock. Ich kannte die Schwarze aus dem Gedächtnis, denn als ich jung war, pflegte ich mich vor sie hinzusetzen und zu masturbieren, so oft ich Gelegenheit dazu hatte. Sie saßen in drei der vier großen Sessel, die um den kleinen, niederen Tisch aus Glas und Holz herumstanden. Der Tisch überquoll von Aschenbechern aus Silber, Porzellan und Kupfer. Da standen auch drei Gläser mit Whisky, und zwischen den Aschenbechern ein großer, geschlossener weißer Umschlag. Niemand rauchte.
    Mein Onkel erhob sich und umarmte mich. Er küsste mich auf die eine Wange und gab mir einen sanften Klaps auf die andere. Er war sechzig, sah aus wie siebzig, und sein Haar war schlohweiß. Er trug ein Hemd aus natürlicher, cremefarbener Seide, eine Hose aus grauem Flanell und Pantoffeln. Seine Füße waren geschwollen.
    »Wir haben auf Sie gewartet, mein Neffe«, sagte er. »Ich nehme an, die Freunde hier kennen Sie bereits, nicht?«
    Der Kleine lächelte mir zu und hob die Hand zum Gruß, ohne aufzustehen.
    »Wir sind uns eben erst begegnet«, sagte er zu den anderen.
    Abracadabra erhob sich lächelnd, aber nicht ohne Anstrengung. Er war dick und hinkte mehr und mehr, je älter er wurde. Er war längst über fünfzig, hatte breite Schultern, einen vorstehenden Bauch und maß bloß einen Meter sechzig. Er hatte einen Bart und eine Glatze mit sehr dunklem Haarkranz, den er mit Brillantine kämmte. Er trug Manschettenknöpfe, eine Uhr und einen goldenen Fingerring. Die Schmuckstücke waren sehr groß. Seine Hände waren immer sehr gepflegt, obwohl sie dick und hässlich waren.
    Abracadabra umarmte mich, küsste mich auf die Wange und sagte:
    »Gib Väterchen ein Küsschen.«
    Ich musste mich zu ihm hinunterbücken. Er packte mich resolut beim Nacken und zog mich bis auf wenige Zentimeter an sein Gesicht heran. Er schaute mir in die Augen und lächelte. Ich konnte nicht verhindern, dass ich mich ein bisschen versteifte, denn er zog mich mit viel Kraft zu sich hin. Ich befreite mich sofort und strauchelte rückwärts. Er gab mir einen kräftigen, schallenden

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