Ciao Tao
mit einem kleinen bescheidenen Aufschlag weiterverkaufen.«
»Woher weißt du das alles?«
»Ich hab die alte Hexe Renate gebeten, mal in ihre magische Glaskugel zu gucken.«
»Im Ernst, woher?«
»Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen. Man munkelt. Es sollen Untersuchungen gelaufen sein. Man kann ihm nichts beweisen.«
»Du scheinst dich ja in sehr merkwürdigen Kreisen zu bewegen.«
»Man tut, was man kann. Deshalb bist du doch zu mir gekommen, oder?«
»Entschuldige. Aber offensichtlich hänge ich voll in der Scheiße. Die Killer eines internationalen Waffenhändlers sind hinter mir her.«
»Aber was soll denn ein internationaler Waffenhändler gegen dich haben? Du kennst ihn schließlich nur als High-Fashion-Heini. Oder gibt es etwas zwischen euch, das ich nicht weiß?«
»Die letzten Funkspots, die ich für seinen Laden produziert habe, waren 2000 Mark teurer als vereinbart. Aber dafür wird er mich ja wohl nicht um die Ecke bringen wollen.«
»Könnte es sein, daß ihn jemand auf dich gehetzt hat? Dieser Brauer vielleicht. Immerhin stand in seinem Notizbuch diese obskure Eintragung.«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Wenn, müßte er Lütgenau doch eher auf Eckert hetzen. Mensch, Hartmut, was soll ich denn jetzt machen?«
Auf diese Frage schien Knodt nur gewartet zu haben. Er setzte umständlich eine Havanna in Brand und machte Renate ein Zeichen.
»Wenn jemand hinter dir her ist, darfst du eben nicht vor ihm herlaufen. Du mußt den Spieß umdrehen.«
Renate stellte schweigend ein Tablett mit einer Flasche Grappa und zwei Gläsern ab und zog sich majestätisch zurück. Knodt goß ein.
»Das ist wie mit dem Geld. Dem darf man auch nicht nachlaufen, dem muß man entgegengehen.«
»Was?«
»Kleine Abschweifung. Ich meine, wir gucken mal, was unser Freund Lütgenau den ganzen Tag so macht. Ab morgen klemmen wir uns hinter ihn und beschatten ihn ein bißchen. Was hältst du davon?«
»Eigentlich muß ich morgen in die Agentur.«
»Ich denke, da wirst du ohnehin kündigen, oder? Und vielleicht sehen wir Lütgenau ja auch zusammen mit deinem neuen Bekannten, dem schwarz gekleideten Arschloch.«
»Na gut. Wir fahren also mit deinem Jaguar hinter seinem 500 SE her? Total unauffällig.«
»Wir nehmen den Restaurant-Golf. Vorausgesetzt natürlich, wir können Renate davon überzeugen, daß wir da hineinpassen.«
»Und was soll das Ganze?«
»Um ehrlich zu sein, das weiß ich auch nicht. Aber wenn er wirklich hinter dir her ist, wird er dich kaum in seiner Gegenwart in der Öffentlichkeit umlegen lassen wollen. Und vielleicht kriegen wir ja irgendwas mit, was uns weiterbringt.«
Knodt sog an seiner Zigarre und blies allen Ernstes einen blauen Ring in die Luft.
»Also gut. Bremer-Stadtmusikanten-Prinzip.«
»Was?«
»Was Besseres als den Tod finden wir überall.«
Ich schlief in Knodts Arbeitszimmer auf der Couch. Alwine wurde von einem schwarzen Mann mit einem Messer bedroht. Ich wollte sie retten, aber ich konnte mich nur im Zeitlupentempo bewegen und auf einmal sogar nur noch auf allen vieren kriechen. Alwine riß sich los. Der schwarze Mann sah mich und kam auf mich zu. Jetzt konnte ich mich überhaupt nicht mehr bewegen. Er sah aus wie Schulze. >Reinartz, jetzt hab ich dich<, sagte er und stach zu. Ich wich ihm aus, fiel von der Couch und wachte auf.
Drei Uhr. Ich stand auf und inspizierte den Raum. Ein Apple-Computer auf einem Memphis-Schreibtisch, der berühmte Schneewittchensarg von Braun mit einer John-Mayall-LP auf dem Plattenteller. Im schrägen Bücherregal des Operettendesigners Philipp Starck reihte sich Vergangenheit auf. >Der Herr der Ringe<, die Hesse-Gesamtausgabe, Nietzsche, Hegel, Hölderlin. Sogar eine kleine rote Mao-Bibel. Ich blätterte ein bißchen. »Willst du den Geschmack eines Apfels erkennen«, schrieb der große Vorsitzende, »mußt du ihn verändern, das heißt, in deinem Mund zerkauen.« Begnadete Worte. Dafür hatte er den Karl-Valentin-Preis verdient.
Ich legte mich noch mal hin. Der schwarze Mann kam nicht mehr. Dafür schwamm Mao im Jang-tse-kiang und winkte mir lachend zu. Hinter ihm schwamm die komplette Vierer-Bande. Am Beckenrand des ausgekachelten Jang-tse-kiang saß Alwine und sang >River of no Return<. Und dann kam plötzlich Robert Mitchum, nahm ihr Gitarre und Brille ab und küßte sie. Völlig überschätzter Schauspieler, dieser Arsch.
14.
Um 6 Uhr weckte mich Knodt. Diesmal nicht im üblichen Yamamoto-Flanell, sondern in Jeans und
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