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Cigams Sündenfall

Cigams Sündenfall

Titel: Cigams Sündenfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sich jedesmal in ein anderes Wesen zu verwandeln. Die Gäste hatten Vorstellungen von Schlangen oder Spinnenfrauen, aber niemand sprach darüber. Alle spürten sie das Besondere dieser Person, die ihnen wie ein Wesen aus einer anderen Welt vorkam.
    Die Unbekannte schaute weder nach rechts noch nach links. Sie ging nur ihren Weg und steuerte dann zielsicher die Bar an. Dahinter war Fernando Diaz, der Chef, ein heißblütiger und glutäugiger Spanier, der als Weiberheld ebenso bekannt war wie für seine immerwährende Bräune, die ihn aussehen ließ, als würde er jeden Tag mindestens zwei Stunden in der Sonne liegen. Das tat Diaz nicht, er benutzte ein Solarium und die entsprechenden Cremes.
    Er war der Chef der drei Barmädchen, aber die hatte er in diesem Augenblick vergessen. Er konnte nur immer die fremde Frau ansehen, die zu ihm kommen würde, und der schmale Bart auf seiner Oberlippe bewegte sich wie ein zuckender Finger, ein Zeichen dafür, daß er nervös war. Zweimal strich er mit der rechten Handfläche über das schwarz gefärbte Haar, bei dem doch die grauen Strähnen immer wieder durchkamen, und unter den Achselhöhlen bildete sich Schweiß. Sein Deo mußte jetzt zeigen, ob es den Versprechungen der Werbung standhielt.
    Diaz hatte seine Hände flach auf die polierte Theke gelegt. So konnte er wenigstens ein Zittern vermeiden. Diese Frau brauchte keine Barbeleuchtung, um top auszusehen, sie war es einfach.
    Wenn sie zwei Schritte weiterging, hatte sie die Bar erreicht, und die letzten beiden legte sie auch noch zurück. Sie hatte sich einen Hocker direkt vor Diaz ausgesucht. Auf dem cremefarbenen Leder nahm sie Platz und war somit der einzige Gast an der halbkreisförmigen Bartheke.
    Bei jedem anderen Gast hätte Diaz schon sein bekanntes Verführerlächeln aufgesetzt, bei diesem hier verspürte er nie gekannte Hemmungen. Er wußte, daß diese Frau auf sein Lächeln nicht hereinfallen würde und hielt sich lieber zurück.
    Sie nickte ihm zu.
    Er dachte über dieses Nicken nach. So nickte eigentlich nur eine Königin, und ihm fiel der Begriff huldvoll ein. Ja, so hatte sie ihn begrüßt.
    Irre, aber wahr.
    »Was kann ich für Sie tun?« Verdammt, er schimpfte sich selbst aus, weil er seine eigene Stimme nicht mehr erkannte.
    »Die Karte.«
    »Sehr wohl.« Diaz griff nach unten, wo die Getränkekarte lag, und reichte das kleine, in Leder gebundene Büchlein herüber.
    Sie bedankte sich mit einem Nicken, schlug eine Seite auf, schaute aber kaum hin und bestellte einen Wodka. »Aber einen Doppelten, bitte«, fügte sie hinzu.
    »Natürlich, gern.« Diaz holte die Flasche hervor. Er war routiniert, in diesem Augenblick jedoch kam er sich vor wie ein Lehrling, denn als er den Wodka in das Glas rinnen ließ, da zitterte seine Hand, und das Glas lief über.
    Er ärgerte sich darüber.
    Das Blut stieg in seinen Kopf, aber er konnte nichts machen. Zum Glück schaffte er es, das Glas halbwegs sicher auf die Theke zu stellen.
    Die Frau nickte. Ihre schlanken Finger schoben sich schlangengleich über den Rand der Theke hinweg und umfaßten das kleine Glas. Diaz sah, daß die Nägel in einem sanften Grün lackiert waren, aber nur am kleinen Finger. Bei den anderen Nägeln verstärkte sich die Farbe, und sie endete mit einem satten Grün auf dem Daumennagel.
    Die Frau hob das Glas an, sie probierte erst, dann leerte sie es mit dem zweiten Schluck. Spätestens jetzt hätte Fernando Diaz jede andere Frau angesprochen, hier traute er sich nicht und schaute statt dessen zu, wie sie das Glas absetzte.
    Die Unbekannte hob den Kopf und starrte Diaz an. Dieser Blick irritierte ihn, weil ihn noch nie jemand so angesehen hatte. Er konnte diesen Blick nicht beschreiben, er war leer und gleichzeitig prall gefüllt, aber er hätte auf keinen Fall sagen können, welches Gefühl dahintersteckte.
    Wahrscheinlich nichts, und plötzlich kam ihm ein Vergleich in den Sinn.
    Die Augen sahen künstlich aus, als wären sie kleine, halbrunde Metallplättchen, die jemand anstelle der Pupillen auf die Hornhaut gesetzt hatte.
    »War es gut?« Er kam sich nach dieser Frage selbst blöd vor, aber die Frau hob nur die Schultern. »Noch einen?«
    »Nein!«
    Erst jetzt fiel dem Barkeeper die Stimme auf. Auch sie hatte einen künstlichen Klang. Wie ein Roboter sprach sie. Es war überhaupt keine Modulation zu hören gewesen, und die Unsicherheit des Mannes verstärkte sich immer mehr.
    Er versuchte krampfhaft, dem Blick der Person auszuweichen und

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