Cigams Sündenfall
unten. »Ihr kennt mich. Ich bin oft froh, wenn ich einen Fall abgeben kann, diesmal jedoch sehe ich das anders. Bei diesem Schwein will ich dranbleiben. Ihr versteht mich hoffentlich.«
»Ja.«
Tanner stand auf. »Dann hätten wir hier nichts mehr zu tun.« Er sprach seinen Mitarbeiter an. »Von wo wird telefoniert?«
»Vom Wagen, Chef.«
»Gut.« Tanner nickte uns zu. »Laßt uns hingehen! Vielleicht haben wir noch mehr Glück.«
Ich enthielt mich einer Antwort, drückte uns jedoch beide Daumen, daß dieses grausame Verbrechen aufgeklärt werden konnte. Ich war schon jetzt davon überzeugt, daß dieser Mord nicht mit normalen Maßstäben gemessen werden konnte. Da steckte etwas Dämonisches, Teuflisches dahinter, ein höllisches Motiv, ein großer Plan.
Um in den Flur der unteren Etage zu gelangen, mußten wir eine Treppe benutzen. In der Halle blieben wir neben dem Kassenhaus stehen. Links von uns lag ein großes Schwimmbecken. Durch die Glaswände fiel das Sonnenlicht, wurde gebrochen und zauberte zahlreiche Reflexe auf die Oberfläche des Pools, die so aussahen, als würden türkisfarbene Kobolde über die Wellenkämme tanzen. Die große gläserne Eingangstür war geöffnet worden. Ein Keil hielt sie so fest, daß sie nicht zuschwingen konnte.
Vor der Tür, auch noch vor der breiten Treppe, standen die Fahrzeuge.
Sie gehörten zum Fuhrpark der Mordkommission. Hinter ihnen hatten sich Neugierige eingefunden, die nicht wußten, was geschehen war, aber über den Fall tratschten.
Wir schritten die Stufen der Treppe hinab in das helle, warme Licht des Frühlings.
Es war einfach wunderbar, die warmen Strahlen der Sonne zu spüren, wie sie die Haut liebkosten. Der Himmel zeigte das Blau einer Postkarte.
Kein Wölkchen malte sich bei ihm ab. Die Temperaturen waren in den letzten beiden Tagen sprunghaft gestiegen, so daß man schon besser von einem Sommer sprechen konnte, als vom Frühling.
Tanner war schneller als wir. Er hatte auch vor uns den großen Einsatzwagen erreicht, tauchte hinein und sprach in ihm mit einem Mitarbeiter. Wir warteten vor dem Fahrzeug.
Ich zündete mir eine Zigarette an, erhielt von Suko einen bösen Blick, hob nur die Schultern und blies den ersten Rauch in die Luft.
Tanner verließ das Fahrzeug. Ich erhaschte einen Blick auf sein Gesicht.
Es hatte einen zufriedenen Ausdruck. Es mußte eine positive Nachricht für ihn gegeben haben.
»Erfolg gehabt?« fragte Suko.
Tanner lächelte. »Wie man’s nimmt.« Er holte seine kleine Reserve aus der Tasche und reichte mir die Flasche. »Du wolltest doch einen Schluck nehmen, John, ich habe schon getrunken.«
Ich schraubte den Verschluß los und ließ den goldbraunen Whisky in meine Kehle rinnen.
Suko nahm keinen Schluck. Tanner steckte die Flasche wieder weg und nickte. »Ja, wir haben einen kleinen Erfolg erzielen können. Man kennt diese Frau in Prag.«
»Ach«, sagte ich nur.
»Anna Scoralla ist keine Verbrecherin. Sie steht auf unserer Seite, Freunde.«
»Arbeitet sie für die Polizei?« fragte Suko.
»Ja und nein.« Tanner räusperte sich. »Ich brauche euch nicht zu sagen, welche Veränderungen es in diesem Land gegeben hat, damit meine ich nicht nur die Teilung in zwei selbständige Republiken. Ich denke eher an die sozialen und wirtschaftlichen Veränderungen, die es gegeben hat, und der Westen hat nicht nur ein ökonomisches Knowhow gebracht, sondern auch all das Negative, das ihn begleitet. Das Verbrechen mischt kräftig mit. Außerdem ist Prag, ebenso wie Warschau, der Knotenpunkt für die GUS-Staaten, und da möchte ich nicht den Begriff Russen-Mafia verwenden, sondern noch einen Schritt weitergehen. Ost-Mafia.«
Suko nickte. »Diese Frau war also damit beauftragt worden, die Ost-Mafia zu bekämpfen.«
»Ja, sie gehörte einer Sondertruppe an, die von der Regierung gebildet wurde, um diesen Terror zu stoppen. Oder ihn zunächst einmal zu bekämpfen.«
»Ist klar«, murmelte ich.
»Aber was hatte Anna Scoralla hier in London zu suchen?« wollte Suko wissen.
»Das ist eben die Frage. Man wird uns eine Antwort geben. Mein Mitarbeiter sagte mir, daß in Prag erst noch Unterlagen zusammengesucht werden müssen. Es wird ungefähr noch eine bis zwei Stunden dauern. Wir können dann von meinem Büro aus anrufen.«
Damit waren wir natürlich einverstanden.
Tanner schaute auf die Uhr. »In zehn Minuten?«
»Okay.« Ich ging hinter Suko her, der an seinem BMW stehenblieb.
Heute waren wir mit dem diamantschwarzen Flitzer
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