Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Circus

Circus

Titel: Circus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
Vom Netzwerk:
handle es sich um Kätzchen; Carraciola, der es ohne Schwierigkeiten schaffte, seine Schimpansen weitaus intelligenter aussehen zu lassen, als er es war; Kan Dahn, dem man den Ruf, der stärkste Mann der Welt zu sein, ohne weiteres zugestand, wenn man ihm zusah, wie er – auf einem Seil stehend – seine Kunststücke vollführte und sich dabei nicht im mindesten durch die attraktiven jungen Damen belastet zu fühlen schien, die sich voller Hingabe an ihn klammerten; Lennie Loran, ein Hochseil-Clown, den keine Versicherungsgesellschaft der Welt versichert hätte; Ron Roebuck, der mit seinem Lasso Kunststücke vollführte, von denen kein Rodeo-Cowboy zu träumen gewagt hätte; Manuelo, ein Messerwerfer, der auf eine Entfernung von sechs Metern eine brennende Zigarette auslöschen konnte – mit verbundenen Augen; die ›Duryans‹, eine bulgarische Schaukelbrettgruppe, die einem ein fassungsloses Kopfschütteln entlockte, und ein Dutzend anderer Nummern, von Luftballett-Tänzern bis zu einer Gruppe, die hohe Leitern hinaufkletterte und deren einzelne Mitglieder einander dann dort oben – nur durch ihren eigenen Gleichgewichtssinn senkrecht gehalten – Keulen zuwarfen.
    Nachdem er etwa eine Stunde lang zugesehen hatte, meinte Pilgrim gnädig: »Nicht schlecht. Wirklich nicht schlecht. Und jetzt, nehme ich an, kommen die Stars des Abends.«
    Die Lichter wurden gedämpft, das Orchester spielte etwas, das ein wenig an Begräbnismusik erinnerte, und dann erstrahlten die Scheinwerfer plötzlich wieder in voller Stärke: Hoch oben auf der Trapezplattform standen, in das Licht von einem halben Dutzend farbiger Scheinwerfer getaucht, drei Männer in glitzernden Goldlamétrikots. Bruno stand in der Mitte. Ohne sein unförmiges Mandaringewand sah er ausgesprochen eindrucksvoll aus – breitschultrig und muskulös. Die beiden anderen Männer waren etwas leichter gebaut. Alle drei hatten Binden vor den Augen. Die Musik erstarb, und die Menge starrte in ehrfürchtigem Schweigen nach oben, als die Männer sich ihre Kapuzen über den Kopf stülpten.
    »Ich bin froh, daß ich hier unten bin«, sagte Pilgrim.
    »Da geht es Ihnen wie mir. Ich glaube, ich werde nicht einmal zuschauen.«
    Aber er schaute natürlich doch zu, als die ›Blinden Adler‹ ihre unbegreiflichen Kunststücke durchführten – unbegreiflich deshalb, weil die drei, abgesehen von einem gelegentlichen Trommelwirbel, keinerlei Hinweis hatten, wo und in welcher Position zueinander sie sich befanden. Aber nicht einmal verfehlte einer die Hände des anderen, nicht einmal sah es auch nur im entferntesten so aus, als würden die ausgestreckten Hände ein schwingendes Trapez verfehlen. Die ganze Darbietung dauerte schier endlose vier Minuten, und am Schluß herrschte ehrfürchtiges Schweigen. Das Licht wurde dunkler, und plötzlich war das gesamte Publikum auf den Beinen und klatschte, schrie und pfiff wie von Sinnen.
    »Wissen Sie irgend etwas über seine beiden Brüder?« erkundigte sich Pilgrim.
    »Ich glaube, sie heißen Vladimir und Yoffe. Aber das ist auch schon alles, was ich weiß. Ich dachte doch, es handle sich um einen Ein-Mann-Job.«
    »Tut es auch. Und Bruno hat einen Grund, den Auftrag anzunehmen? Einen zwingenden?«
    »Einen zwingenderen kann ich mir kaum vorstellen. Als ich das vorletztemal drüben in Europa war, habe ich Nachforschungen angestellt. Ich konnte zwar nicht viel über unseren Mann herausfinden, aber ich glaube, es reicht. Ursprünglich bestand die Trapezgruppe aus sieben Familienmitgliedern – Vater und Mutter gingen mehr oder weniger in den Ruhestand –, aber nur diese drei entgingen dem heimatlichen Geheimdienst und schafften es über die Grenze. Ich weiß nicht einmal, weshalb die Kollegen von der anderen Seite an der Familie interessiert waren. Das war jedenfalls vor sechs oder sieben Jahren. Brunos Frau ist tot, das ist sicher, es gibt Zeugen dafür, die entsprechend aussagen würden – wenn sie nicht in einem Teil der Welt leben würden, der sie daran hindert. Er war nur zwei Wochen verheiratet. Was mit seinem jüngsten Bruder und seinen Eltern geschehen ist, weiß niemand. Sie sind einfach verschwunden.«
    »Zusammen mit einer Million anderer. Ich sehe schon, er ist wirklich unser Mann. Mr. Wrinfield ist bereit, mitzuspielen. Wird Bruno es auch sein?«
    »Er wird«, sagte Fawcett überzeugt und fügte nach kurzem Nachdenken hinzu: »Jedenfalls möchte ich es ihm geraten haben. Nach den Scherereien, die Sie in den letzten

Weitere Kostenlose Bücher