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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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von den Faltblättern hier verkauft habe.«
    Er klopfte Cirrus zum Abschied auf die Schulter und machte sich auf den Weg. »Viel Glück, Cirrus«, rief er ihm noch zu. »Und lass mich wissen, wie’s ausgegangen ist.«
    Cirrus sah ihm nach, dann schlurfte er zum Parktor zurück und ließ sich erschöpft nieder. Von Müdigkeit und seiner aussichtslosen Lage überwältigt, stützte er den Kopf in die Hände. Zum Glück ließen sich nur wenige Menschen sehen. Ein Dienstmädchen konnte er ausmachen, das in einem Haus die oberen Fenster putzte, und zwei Diener, die in der Nähe Pferd und Kutsche versorgten. Ihre Blicke waren zu sehr auf das Wohlergehen des Pferdes gerichtet, als dass sie auch noch das Elend eines Jungen hätten bemerken können …
    Geistesabwesend betastete Cirrus die Metallkugel an seinem Hals. Wie mochte sein Vater dazu gekommen sein? Und wofür war sie gedacht? Warum waren so viele Menschen hinter ihr her? Ihm fiel auf, dass längs des Äquators die Umrisse der eingravierten Länder verschoben waren: Die Grenzlinien von Norden her gingen südwärts nicht passgenau ineinander über. Gerade wollte er die beiden Hälften ein wenig drehen, da entdeckte er einen Herrn, der in Begleitung eines Jungen um die Ecke kam.
    Der Herr war unverkennbar der Philosoph, der im Findelhaus gewesen war. Er trug denselben lilafarbenen Gehrock und schwenkte einen Bernsteinstock. Den Jungen erkannte Cirrus nicht.
    Er rappelte sich auf.
    »Verzeihung, Sir«, sagte er und fing die beiden ab, als sie das Museum ansteuerten. »Ich …«
    Sofort hob der Mann seinen Stock und ließ ihn wie ein Schwert durch die Luft sausen.
    »Aus dem Weg, Junge, wenn du nicht den Zorn meines Stockes spüren willst!«
    »Bitte, Sir«, sagte Cirrus und wich erschrocken zurück, denn der Stock hätte ihn um ein Haar am Ohr getroffen. »Ich will Sie nicht belästigen. Ich suche nur meinen Freund, das ist alles.«
    »Cirrus?«, ließ sich plötzlich hinter ihm eine Stimme hören.
    Cirrus fuhr herum.
    Der Junge war ungefähr so groß wie Bottle Top, steckte aber in einer hellblauen Satinjacke und perlweißen Kniehosen, geschmeidigen Strümpfen und Schuhen mit Silberschnallen. Eine dicke Perücke saß auf seinem Kopf.
    »Bottle Top?«, sagte Cirrus ungläubig. »Bist du das?«
    Bottle Top lächelte – ein Lächeln mit den Zähnen anderer Leute, wie Cirrus sofort sah. Sie waren neu und strahlend weiß. Bottle Tops Wangen waren rundlicher als früher und mit einer dicken Puderschicht beschmiert, die aber die blauen Flecken darunter nicht ganz verbergen konnte.
    »Kennst du diesen Straßenjungen etwa?«, fragte Mr Leechcraft und trat zwischen sie.
    Cirrus sah, wie Bottle Top zögerte und mit dem Fuß über den Boden schabte. »Er ist mein Freund, Sir«, sagte er dann leise, ohne aufzusehen.
    »Nun, dann sag deinem Freund gefälligst, dass er sich aus dem Staub machen soll«, sagte Mr Leechcraft. »Er beschmutzt die Stufen zu meinem Museum.«
    »Bitte, Sir, ich weiß nicht, wohin ich sonst gehen soll«, sagte Cirrus.
    »Ach nein? Na, da könnte ich dir mehrere passende Orte aufzählen«, sagte der Mann. »Das Armenhaus, das Gefängnis und den Galgen, ja, den vor allem. Aus dem Weg jetzt, Junge, bevor ich die Polizei rufe!«
    »Bitte, Sir«, sagte Cirrus. »Erlauben Sie, dass ich einen Augenblick mit Bottle Top spreche – mit Abraham. Ich brauche seine Hilfe.«
    »Haha!«, sagte Mr Leechcraft ohne wirkliche Heiterkeit. »Und was erwartest du dir von meinem Schützling? Etwa, dass er dir Arbeit beschafft?«
    Cirrus sah Bottle Top an, der den Blick abgewandt hatte.
    »Nein, Sir, aber …«
    »Kein Aber, Junge. In meiner Gegenwart wird nicht um Almosen gebettelt, ist das klar? Wenn du die vielen Geheimnisse in meinem Haus der Wunder sehen willst, dann komm gefälligst während der Öffnungszeiten und zahle den vollen Eintrittspreis. Wenn du das nicht kannst, dann habe ich dir nichts mehr zu sagen. Guten Tag!«
    Er wollte weitergehen.
    »Bitte, Sir …«, sagte Cirrus und griff nach seinem Arm.
    »Und ich sage, verschwinde!«, schnauzte Mr Leechcraft und schlug ihn mit seinem Stock beiseite.
    Plötzlich ließ sich eine Stimme hören.
    »Ich bezahle«, sagte Bottle Top unvermittelt.
    Mr Leechcraft und Cirrus drehten sich nach ihm um.
    »Ich bezahle«, wiederholte Bottle Top, selbstbewusster diesmal. Er kramte eine Münze aus seiner Westentasche. »Mehr habe ich nicht, Mr Leechcraft, aber er ist mein Freund, Sir. Bitte lassen Sie ihn eine Weile bleiben. Bitte.

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