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Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab

Titel: Cirrus Flux - Der Junge, den es nicht gab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Skelton
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wir?«, fragte Pandora, die auf einmal Angst bekam, er würde sie zu Madame Orrery zurückbringen.
    »Zu den Wiesen am Stadtrand«, sagte er. »Da kenne ich eine sichere Stelle. Ich lasse dich in der Nähe des Heims runter. Der Vorsteher wird dich einlassen.«
    »Nein!«, sagte Pandora schnell. »Nicht dorthin! Ich glaube nicht, dass es dort sicher ist.«
    Der Mann sah sie verständnislos an. »Was soll denn das heißen, Kind?«
    Pandora erzählte ihm von Mr Sidereals Wachsamem Auge. »Er hat Sie über den Wiesen gesehen«, sagte sie. »Er und Madame Orrery wissen, dass Sie den Jungen suchen. Sie werden ganz bestimmt wieder dort nach Ihnen Ausschau halten.«
    Der Mann machte ein finsteres Gesicht und schwieg eine Weile.
    »Mr Sidereal?«, sagte er endlich. »Bist du sicher? Ein kleiner Mann in einem mechanisch angetriebenen Stuhl?«
    Pandora nickte. »Er hat in ganz London Linsen stehen, die auf die Straßen gerichtet sind«, erklärte sie. »Ich glaube, er kennt Sie von irgendwoher.«
    »Ja«, sagte der Mann. »Von der Akademie. Es ist noch schlimmer, als ich befürchtet habe. Umso wichtiger jetzt, dass ich den Jungen und seine Kugel schnell finde.«
    Die Kugel … Das Wort klang Pandora in den Ohren, und sie hätte zu gern gewusst, warum alle danach jagten. Aber ehe sie eine ihrer vielen Fragen loswerden konnte, hatte der Mann ein kleines Messingfernglas aus der Tasche gezogen und suchte die Stadt unter ihnen ab. Das Fernglas hatte, wie Pandora bemerkte, eine kleine Delle an der Seite.
    Endlich verschwand der finstere Ausdruck aus dem Gesicht des Mannes, und er steckte das Fernglas wieder ein. »Wir werden bald ankern, mach dich bereit«, sagte er zu Pandora.
    »Ankern?«, echote sie ungläubig. Außer einem Wirrwarr von Dächern und Türmen konnte sie nichts erkennen. Wo sollten sie hier landen?
    »Keine Angst«, sagte der Mann. »Du musst dich nur irgendwo festhalten und nicht loslassen. Kann sein, dass es ein bisschen stürmisch wird.«
    Pandora kauerte sich eng an die Korbwand auf den Boden. Inzwischen hatte sie gemerkt, wohin sie steuerten: Die St Paul’s Kathedrale kam näher, ein gewaltiges kalkweißes Bauwerk mit zwei Türmen und einem Kuppeldach.
    »St Paul’s?« murmelte sie matt.
    Der Mann nickte. »Ja. Wenn Mr Sidereal in ganz London seine Linsen stehen hat, wie du sagst, dann sollten wir die Nacht an der einzigen Stelle verbringen, an der er uns nicht entdecken kann. Hinter der Kuppel nämlich.«
    Pandora spürte, wie ein Schauer sie überlief. Er begann in ihren Schultern und rieselte durch den ganzen Körper bis in die Beine. Plötzlich erschien ihr der Korb, in dem sie sich befanden, sehr klein und zerbrechlich, verglichen mit dem wuchtigen Bauwerk, auf das sie geradewegs zusteuerten – es konnte sie jederzeit zermalmen.
    Sie klammerte sich fester an das Korbgeflecht und holte tief Luft, während der Wind sie weiter auf das Kuppeldach zutrieb.
    »Kurs halten, jetzt, Alerion«, rief der Mann dem Vogel zu, der in gleichmäßigem Rhythmus mit den Flügeln schlug. »Und eins … zwei … drei … jetzt!«
    Augenblicklich legte der Vogel seine Flügel an, und außer dem Rascheln des Stoffes über ihnen verstummten plötzlich alle Geräusche, und es wurde dunkel um sie herum. Das Mondsegel hatte sein schimmerndes Licht verloren.
    Eine Weile noch behielt der Korb seinen Aufwärtskurs bei, doch sobald sich die Luft unter der Stoffkuppel abkühlte, begann das Gefährt zu sinken.
    Erst langsam, dann schneller.
    Pandora spürte ein leichtes Schwanken unter den Füßen. Und als der Korb nun immer schneller sank, fuhr ihr ein Schwindelgefühl durch den ganzen Körper.
    Sie wagte nicht zu atmen.
    Schneller und schneller rasten sie auf die Kathedrale zu, die wie eine Felswand vor ihnen aufragte. Pandora konnte jetzt die vielen Statuen auf der Schräge des Dachgiebels unterhalb der Kuppel erkennen. Paulus selbst stand wie eine Galionsfigur auf der Spitze des Giebels.
    Der Mann hatte einen schmalen Dachstreifen längs des Hauptschiffes ins Visier genommen. Indem er immer wieder sein Gewicht von einer Seite auf die andere verlagerte, steuerte er sie umsichtig zwischen den beiden hohen Türmen rechts und links der Kirche hindurch. Aber sie sanken zu schnell, und Pandora musste die Augen schließen, als sie nur knapp über den Kopf der Paulusfigur hinwegstrichen.
    Da warf der Mann einen Anker an einem Seil über die Korbwand, und Pandora hörte, wie die Metallhaken über die Steine kratzten und nach Widerstand

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