City of Death - Blutfehde (German Edition)
verblüffte.
»Er ist ein Gentleman, durch und durch«, sagte sie und setzte sich mit dem frisch aufgegossenen Kaffee zu mir. »Und bevor du mich weiter ausfragst, ja, wir werden uns wieder treffen. Morgen Abend, wenn du‘s genau wissen willst.«
Ich sah meiner Freundin in die Augen. »Ich möchte nur sicher gehen, dass du die richtige Entscheidung triffst.«
»Und dafür liebe ich dich auch«, sagte sie und lächelte mich warmherzig an. »Aber ab hier übernehme ich. Kümmere du dich lieber um deinen Will.«
»Was soll das denn jetzt heißen?«
Sie lächelte mich verschmitzt an. »Du stehst doch auf ihn, oder?«
»Na ja, er sieht gut aus und ist wohlhabend, aber … Er ist nun mal Will. Keine Ahnung.«
Wir waren immer noch beim Frühstücken, als Stacy sagte: »Übrigens vielen Dank, dass du mit deinem Onkel gesprochen hast. Die Ermittlungen gegen meine Mom wurden augenblicklich eingestellt, und sie darf das Krankenhaus am Samstag verlassen.«
»Nicht der Rede wert, wirklich. Werdet ihr wieder in euer Haus ziehen?«
»Mama wird fürs Erste zu ihrer Schwester ziehen, und ich werde mir eine eigene Wohnung suchen.«
»In welchem Bezirk?«
»Weiß ich noch nicht. Andre bot mir an, in einer seiner Immobilien zu wohnen, aber ich überlege es mir noch.«
Ich presste die Lippen fest zusammen, damit kein einziger Ton herauskam.
Als wir fertig gefrühstückt hatten, machten wir uns ans Lernen. Stacy brauchte zwei Stunden, um mir auch nur ansatzweise den Prüfungsstoff reinzudrücken – ich war eine Niete.
»Hey, das wird schon«, munterte sie mich auf, als ich herumzufluchen begann. »Ich werd dir drei Mal die Woche Intensivunterricht geben.«
»Wenn‘s hilft«, murmelte ich. Ich ließ mir versprechen, dass sie meine Pflanzen regelmäßig goss, und wies sie noch einmal auf den Plan an der Küchentür hin. Dann machte ich mich auf den Weg zum Hackeschen Markt, um Frau Meier zu treffen.
Sie saß draußen an einem der Tische, als ich ankam, und winkte mir zu. Ich hatte erwartet, dass sie in Schwarz gekleidet war, aber ihre Kleidung war von zarten, hellen Tönen. Sie hatte ihre blonden Haare wieder zu einem strengen Dutt geknotet und war heute extrem geschminkt. Sie trug einen pastellfarbenen-aprikosen Mantel, eine rote Luis Vuitton-Tasche und passend dazu knallrote Pumps. Sie sah fantastisch aus.
Ich gab ihr die Hand und setzte mich zu ihr. »Warten Sie schon lange?«
»Ich bin selbst gerade gekommen.«
»Sie sehen umwerfend aus«, sagte ich und holte meinen Ordner hervor, doch sie bedeutete mir mit einer Geste, ihn in der Tasche zu lassen.
Ich tat es und sah sie fragend an.
»Um ehrlich zu sein, bin ich nicht hier, um mit Ihnen über Immobilien zu reden. Das war nur ein Vorwand.«
Ich versteifte mich augenblicklich und dachte an meine SIG. Diesmal hatte ich sie bei mir.
Frau Meier bemerkte meine Anspannung und hob beschwichtigend die Hände. »Das verstehen Sie falsch, Mrs. Olsen. Ich versichere, dass ich Ihnen nichts Böses will.«
»Was wollen Sie dann?«
Ein Kellner kam vorbei, um unsere Bestellung aufzunehmen, doch ich war viel zu angespannt, um irgendetwas zu essen oder zu trinken. Ich nahm eine Cola, um überhaupt etwas zu bestellen. Der Kellner verschwand.
»Ich will Rache! Rache an den Vampiren, die mir meinen Mann genommen haben.« Sie weinte nicht, aber ich sah, dass ihr rosa Tränen in den Augen brannten.
»Ich fürchte, das wird nicht möglich sein. Derjenige, der das Ganze ins Rollen gebracht hat, ist wieder in Italien und wurde bereits von den Richtern bestraft, und derjenige, der Ihren Mann umbrachte, ist einer von der Killer Inc., mit dem möchten Sie sich nicht anlegen, glauben Sie mir.«
»Ich werde mich mit jedem anlegen, der irgendwie damit zu tun hatte«, zischte sie und haute nur ganz leicht mit der flachen Hand auf den Tisch – er brach beinahe auseinander. Die anderen Gäste warfen uns empörte Blicke zu.
»Frau Meier«, begann ich vorsichtig.
»Nennen Sie mich Ricarda.«
»Gut also, Ricarda … Ich kann verstehen, dass Sie verletzt sind und wütend.«
»Ach, können Sie das? Wurde jemand, den Sie lieben, vor Ihren Augen geköpft?«
Ich stockte und sah ihr in die Augen. Vielleicht nicht die klügste Idee. Ich sah Wut und Hass in ihrem Innern lodern und, egal welches Argument ich brachte, es würde ihre Entscheidung nicht ändern. Es hatte also keinen Sinn, darüber zu diskutieren, welche Erfahrung schlimmer war: den eigenen Mann geköpft zu sehen oder als Kind seine
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