City of Lost Souls
gut wie nie bei diesem Spitznamen nannte – außer die Situation war wirklich ernst – , beschleunigte sich Jordans ohnehin schon rasender Puls zusätzlich. »Was hast du denn?«, fragte er leise.
»Weißt du: Jedes Mal, wenn wir uns sehen, fallen wir übereinander her … Ich weiß ja, ich hab damit angefangen, und ich mach dir auch überhaupt keine Vorwürfe, aber vielleicht sollten wir uns einmal unterhalten, miteinander reden … «
Einen Moment lang starrte Jordan Maia an, ihre großen dunklen Augen, der pulsierende Herzschlag an ihrer Kehle, die leicht geröteten Wangen. Dann schluckte er und sagte mit bemüht ruhiger Stimme: »Okay. Worüber möchtest du gern reden?«
Maia schaute ihn nur an und schüttelte den Kopf. »Über nichts.« Eine Sekunde später verschränkte sie die Hände hinter seinem Kopf, zog ihn fest an sich, küsste ihn leidenschaftlich und schmiegte sich an seinen Körper. »Über gar nichts.«
Clary konnte nicht sagen, wie viel Zeit vergangen war, als Jace endlich aus dem Bad kam und sich die nassen Haare trocken rieb. Sie saß noch immer auf seinem Bett und schaute zu ihm hoch, während er ein blaues T-Shirt über seine glatte goldbraune Haut mit den feinen weißen Narben streifte. Als er auf sie zukam und sich neben sie setzte, wandte sie rasch den Blick ab.
»Tut mir leid«, sagte er. Ein intensiver Duft nach Seife stieg von ihm auf.
Überrascht sah sie ihn an. Sie hatte sich gefragt, ob er in seinem jetzigen Zustand überhaupt zu einer Entschuldigung fähig war. Seine Miene wirkte ernst, ein klein wenig neugierig, aber nicht unaufrichtig. »Wow«, stieß Clary hervor. »Diese kalte Dusche muss echt grausam gewesen sein.«
Ein feines Lächeln zeichnete sich um seine Mundwinkel ab, doch dann schaute er wieder ernster und hob behutsam Clarys Kinn. »Ich hätte dich nicht so bedrängen dürfen. Es ist nur so … noch vor wenigen Wochen hätte ich nicht einmal im Traum daran gedacht, dich auch nur im Arm zu halten.«
»Ich weiß.«
Vorsichtig umfasste er ihr Gesicht mit beiden Händen und drehte es in seine Richtung; seine langen Finger ruhten kühl an Clarys Wangen. Alles an ihm erschien ihr so unfassbar vertraut – die mattgoldene Iris seiner Augen, die Narbe auf seiner Wange, die geschwungene Unterlippe und die winzige Ecke, die einem seiner oberen Schneidezähne fehlte und dazu beitrug, dass er nicht so nervig perfekt war. Trotzdem hatte Clary das Gefühl, vor einem Haus zu stehen, in dem sie als Kind gelebt hatte: Obwohl die Fassade noch dieselbe war wie früher, wusste sie, dass nun eine andere Familie darin wohnte.
»Aber es war mir immer egal«, fuhr Jace fort. »Ich wollte dich trotzdem, und zwar immer nur dich. Du warst das Einzige, das mir wichtig war. Du und nichts anderes.«
Clary musste schlucken. Ihr Magen zuckte nervös, nicht nur wegen der üblichen Schmetterlinge, die in Jace’ Gegenwart immer in ihrem Bauch flatterten. Dieses Mal verspürte sie ein regelrechtes Unbehagen. »Aber Jace, das stimmt doch nicht. Deine Familie ist dir doch auch wichtig. Und … ich hab immer gedacht, du wärst stolz darauf, ein Nephilim zu sein. Einer, der von den Engeln abstammt.«
»Stolz?«, wiederholte er skeptisch. »Wenn du halb Engel, halb Mensch bist, bedeutet das nur, dass du dir deiner eigenen Schwächen ständig bewusst bist. Du bist kein Engel. Der Himmel liebt dich nicht. Raziel interessiert sich nicht für uns. Wir können noch nicht einmal zu ihm beten. Wir beten zu niemandem. Wir bitten um nichts.
Weißt du noch, wie ich davon überzeugt war, dass in meinen Adern Dämonenblut fließen würde? Ich hab das damals gedacht, weil das meine Gefühle für dich erklärt hätte. Und irgendwie war diese Vorstellung eine Erleichterung. Ich bin nie ein Engel gewesen, nicht einmal annähernd. Obwohl … «, fügte er hinzu, »…vielleicht ein gefallener Engel.«
»Gefallene Engel sind Dämonen.«
»Ich will kein Nephilim sein«, sagte Jace. »Ich möchte etwas anderes sein. Zwar stärker, schneller, besser als Menschen. Aber auch anders. Nicht den Gesetzen eines Engels unterworfen, dem wir vollkommen egal sind. Frei.« Er fuhr sich mit der Hand durch die lockigen Haare. »Ich bin glücklich hier, Clary. Kommt es darauf nicht letztendlich an?«
»Ich dachte, wir wären zusammen glücklich gewesen«, warf Clary ein.
»Mit dir bin ich immer glücklich gewesen«, bestätigte er. »Aber ich hatte nie das Gefühl, dass ich es auch verdienen würde.«
»Und jetzt
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