City of Lost Souls
schon?«
»Jetzt ist dieses Gefühl verschwunden«, erklärte er. »Ich weiß nur, dass ich dich liebe. Und zum ersten Mal reicht das völlig aus.«
Clary schloss die Augen. Einen Moment später küsste Jace sie erneut, dieses Mal jedoch sehr sanft. Sein Mund zeichnete die Konturen ihrer Lippen nach und Clary spürte, wie sie unter seinen Händen zu zerfließen drohte, wie sein Atem schneller ging und ihr Herzschlag sich beschleunigte. Seine Finger strichen behutsam durch ihr Haar, über ihren Rücken bis hinunter zur Taille. Seine Berührungen waren beruhigend und das Pulsieren seines Herzschlags an ihrer Brust erschien ihr wie vertraute Musik – und falls die Töne nicht ganz stimmten, so konnte sie das zumindest nicht feststellen. In ihren Adern floss das gleiche Blut, dachte sie, genau wie es die Elbenkönigin gesagt hatte: Ihr Herz begann zu rasen, sobald sein Puls sich beschleunigte – und es hatte sogar fast ausgesetzt, als seines nicht länger schlug. Wenn sie die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte, würde sie alles wieder genauso machen.
Dieses Mal zog Jace sich zurück und fuhr ihr sanft mit den Fingern über die Wange und die Lippen. »Ich möchte das, was du willst«, erklärte er. »Was immer du willst, wann immer du willst.«
Clary spürte, wie ihr ein Schauer über den Rücken lief. Diese Worte klangen zwar schlicht, aber in seiner Stimme schwang eine gefährliche, verführerische Einladung mit: Was immer du willst, wann immer du willst. Seine Hand verharrte behutsam an ihrer Taille. Clary musste sich jetzt zusammenreißen. Sie würde sich nicht mehr lange zurückhalten können …
»Lies mir was vor«, sagte sie unvermittelt.
Verwundert schaute er zu ihr hinunter. »Wie bitte?«
Doch Clary blickte an ihm vorbei, zu den Büchern auf seinem Nachttisch. »Das Ganze ist ziemlich viel auf einmal und ich muss das alles erst mal verdauen: Sebastians Worte … das, was letzte Nacht passiert ist … einfach alles. Eigentlich müsste ich dringend schlafen, aber ich bin viel zu aufgedreht. Als ich noch klein war und nicht schlafen konnte, hat meine Mutter mir immer was vorgelesen, bis ich eingeschlummert bin.«
»Erinnere ich dich jetzt an deine Mutter? Ich muss mir unbedingt ein männlicheres Eau de Toilette zulegen.«
»Nein, natürlich nicht – aber … aber das würde mir jetzt gefallen.«
Jace rutschte ein Stück hoch, lehnte sich gegen die Kissen und griff nach dem Bücherstapel an seinem Bett. »Irgendwelche besonderen Wünsche?«, fragte er und schnappte sich mit einer schwungvollen Bewegung das oberste Buch – ein alter Wälzer mit Ledereinband und in goldenen Lettern geprägtem Titel. Eine Geschichte aus zwei Städten. »Dickens passt eigentlich immer … «
»Das hab ich schon mal gelesen. In der Schule«, erinnerte Clary sich, rutschte neben Jace und ließ sich ebenfalls in die Kissen sinken. »Aber ich kann mich an kaum was erinnern, deshalb hätte ich nichts dagegen, es noch mal zu hören.«
»Hervorragend. Man hat mir versichert, ich besäße eine angenehme, melodische Vorlesestimme.« Jace schlug die erste Seite auf, auf der der Titel in einer kunstvollen Schrift abgedruckt war. Daneben stand eine lange Widmung, und obwohl die Tinte inzwischen verblasst und kaum noch zu lesen war, konnte Clary die Unterschrift entziffern: Endlich wage ich zu hoffen – William Herondale .
»Einer deiner Vorfahren?«, fragte Clary und tippte mit dem Finger vorsichtig auf die Seite.
»Ja. Eigentlich merkwürdig, dass es in Valentins Bibliothek stand. Mein Vater muss es ihm gegeben haben«, sinnierte Jace, schlug dann wahllos eine Seite auf und begann zu lesen: »Nach einer kleinen Weile enthüllte er sein Gesicht und fuhr mit festerer Stimme fort: ›Scheuen Sie sich nicht, mich anzuhören, und schrecken Sie nicht zurück vor meinen Worten. Ich gleiche einem Menschen, der jung gestorben ist. Mein ganzes Leben kann als gewesen betrachtet werden.‹
›Nein, Mr Carton. Ich bin überzeugt, dass der beste Teil davon noch vorhanden ist. Gewiss, Sie können Ihrer selbst noch viel, viel würdiger werden.‹«
»Ach, jetzt erinnere ich mich wieder«, bemerkte Clary. »Irgend so ein Dreiecksverhältnis. Und sie entscheidet sich für den Langweiler.«
Jace lachte leise. »Du hältst ihn vielleicht für langweilig, aber wer weiß schon, was viktorianische Damen unter ihren dicken Unterröcken in Stimmung brachte?«
»Übrigens stimmt das.«
»Was? Das mit den Unterröcken?«
»Nein. Dass du eine
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