City of Lost Souls
angenehme Vorlesestimme hast.« Clary drückte ihr Gesicht an seine Schulter. In Momenten wie diesem war der Schmerz am größten, viel größer, als wenn er sie küsste. Denn in diesem Moment hätte er ihr Jace sein können – solange sie nur fest genug die Augen schloss.
»Eine angenehme Stimme … und natürlich Muskeln aus Stahl«, erwiderte Jace und blätterte die Seite um. »Was will man mehr?«
17 Der Abschiedsgruß
Einst wandelte am Flusse ich
Der Tag neigte dem Ende sich
Da hört’ ich eine hübsche Maid:
»Oh weh, ’s gibt niemand, der mich freit.«
Ein Spielmann lauschte ihrem Leid
Und eilte flugs an ihre Seit’ …
»Müssen wir uns diese weinerlichen Songs wirklich die ganze Zeit anhören?«, fragte Isabelle und klopfte mit ihrem Stiefel gegen das Armaturenbrett von Jordans Transporter.
»Zufälligerweise gefallen mir diese weinerlichen Songs, meine Liebe, und da ich fahre, bestimme auch ich über die Musik«, erwiderte Magnus hochmütig. Er saß tatsächlich hinter dem Steuer – und zu Simons Überraschung konnte er wirklich Auto fahren. Andererseits war das auch nicht allzu verwunderlich: Schließlich lebte Magnus schon seit Jahrhunderten auf dieser Welt und dürfte daher genug Zeit für ein paar Fahrstunden gehabt haben. Das ließ allerdings immer noch die Frage offen, welches Geburtsdatum er auf seinem Führerschein angegeben hatte, überlegte Simon.
Isabelle rollte mit den Augen, wahrscheinlich, weil sie in der engen Fahrerkabine nicht viel mehr als das tun konnte, schließlich saßen sie zu viert auf die Sitzbank gequetscht. Dabei war Simon fest davon ausgegangen, dass nur er und Magnus zur Farm hinausfahren würden. Doch dann hatte Alec darauf bestanden, sie zu begleiten – was Magnus überhaupt nicht recht war, weil er das ganze Unternehmen für »zu gefährlich« hielt. Und in dem Moment, als Magnus den Motor anließ, war Isabelle die Treppe im Hausflur hinuntergestürmt und hatte sich völlig außer Atem ebenfalls in den Transporter gezwängt, zwischen Simon und ihren Bruder. »Ich komme mit«, hatte sie keuchend verkündet.
Und damit war für sie die Angelegenheit geklärt gewesen – niemand hatte sie umstimmen oder von ihrem Entschluss abbringen können. Dabei hatte sie Simon kein einziges Mal angesehen und auch nicht erklärt, warum sie unbedingt mitwollte. Isabelle war einfach nur stur im Transporter sitzen geblieben. Sie trug eine Jeans und eine violette Wildlederjacke, die sie aus einem von Magnus’ Schränken gezogen haben musste; außerdem hatte sie ihren Waffengürtel um die schmalen Hüften geschlungen. Sie quetschte sich so eng neben Simon, dass der auf der anderen Seite gegen die Beifahrertür gepresst wurde und eine ihrer Haarsträhnen ihn die ganze Zeit über im Gesicht kitzelte.
»Wer ist das überhaupt?«, fragte Alec und schaute stirnrunzelnd auf den CD-Player, aus dem Musik ertönte, obwohl keine CD eingelegt war. Magnus hatte nur kurz mit einem bläulich glühenden Finger auf die Anlage getippt und schon hatte das Gerät angefangen zu dudeln. »Irgendeine alternative Feenband?«
Magnus antwortete nicht, stattdessen stieg die Lautstärke des Songs an.
Zum Spiegel lief sie aufgeregt
Das schwarze Haar war gut gelegt
Und ihr Gewand gar wunderschön.
Landauf, landab zog sie umher
Und traf so manchen Grandseigneur
Doch letztlich ward das Herz ihr schwer,
Denn eines war bald abzusehn:
Dass Männer nur auf Männer stehn.
Isabelle schnaubte. »›Dass Männer nur auf Männer stehn … ‹ Das stimmt zumindest für alle in diesem Wagen. Natürlich mit Ausnahme von dir, Simon.«
»Ach – das ist dir also aufgefallen?«, bemerkte Simon.
»Ich bezeichne mich lieber als bisexuellen Freigeist«, ergänzte Magnus.
»Bitte benutze diese Worte nie in Gegenwart meiner Eltern«, warf Alec ein. »Vor allem nicht meinem Vater gegenüber.«
»Ich dachte, deine Eltern hätten mit deinem Coming-out kein Problem«, wunderte sich Simon. Dabei strich er sich das weiche dunkle Haar aus der Stirn und beugte sich vor, an Isabelle vorbei, um Alec anzusehen, der – wie so oft – finster dreinblickte. Abgesehen von irgendwelchen beiläufigen Gesprächen hatte Simon nie viel mit ihm zu tun gehabt: Alec ließ niemanden so leicht an sich heran. Aber Simon musste zugeben, dass seine eigenen Probleme mit seiner Mutter ihn neugierig auf Alecs Antwort machten.
»Meine Mutter scheint es akzeptiert zu haben«, sagte Alec. »Aber mein Vater … bei ihm sieht das anders aus. Einmal hat er
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