City of Lost Souls
die Erinnerung ihm Schmerzen bereiten. »Ich habe auf sie eingestochen. Eigentlich wollte ich sie direkt ins Herz treffen, aber sie hat sich abgewandt, da hab ich es um ein paar Zentimeter verfehlt. Daraufhin ist sie nach hinten getaumelt, hat nach ihrem Arbeitstisch getastet, auf dem noch Adamantpulver lag, und es mir ins Gesicht geworfen. Ich nahm an, sie wollte mich damit blenden, und hab blitzschnell den Kopf zur Seite gedreht. Als ich wieder zu ihr schaute, hielt sie einen Pugio in der Hand. Irgendwie hab ich instinktiv gewusst, worum es sich dabei handelte – das Licht der Waffe hat mir fast die Augen versengt. Mit letzter Kraft hat Magdalena mir den Dolch über den Oberkörper gezogen … es war ein stechender Schmerz in der Brust … und dann verglühte die Klinge.« Jace schaute an sich herab und stieß ein freudloses Lachen aus. »Das Verrückte daran ist: Wenn ich meine Kampfmontur getragen hätte, wäre all das überhaupt nicht passiert. Aber ich hatte sie nicht angelegt, weil ich dachte, es wäre nicht nötig. Ich bin nicht davon ausgegangen, dass die Eiserne Schwester mich verletzen könnte. Aber der Pugio verbrannte das Runenmal – Liliths Mal – und plötzlich war ich wieder ich selbst. Ich stand über diese tote Frau gebeugt, einen blutigen Dolch in der einen Hand und diesen Kelch in der anderen.«
»Ich versteh das nicht. Warum hat Sebastian dir befohlen, sie zu töten? Sie war ja bereit, dir – beziehungsweise Sebastian – den Kelch auszuhändigen. Das hat sie doch gesagt … «
Kurzatmig holte Jace Luft. »Erinnerst du dich noch daran, was Sebastian über diese astronomische Uhr auf dem Prager Marktplatz erzählt hat?«
»Ja, der Legende nach hat der König dem Uhrmacher nach Fertigstellung der Uhr beide Augen ausstechen lassen, damit er nie wieder etwas derartig Schönes herstellen konnte«, sagte Clary. »Aber ich begreif nicht, was das damit zu tun hat … «
»Sebastian wollte Magdalenas Tod, damit sie nie wieder etwas Vergleichbares anfertigen konnte«, erläuterte Jace. »Und damit sie nichts ausplaudern konnte.«
»Was ausplaudern?« Clary nahm Jace’ Kinn und drehte sein Gesicht so, dass er ihr in die Augen schaute. »Jace, was hat Sebastian wirklich vor? Diese Geschichte, die er in der Waffenkammer erzählt hat … dass er Dämonen herbeilocken wolle, um sie zu vernichten … «
»Sebastian will tatsächlich Dämonen heraufbeschwören«, bestätigte Jace grimmig. »Vor allem einen Dämon: Lilith.«
»Aber Lilith ist tot. Simon hat sie getötet.«
»Dämonenfürsten sterben nicht. Jedenfalls nicht richtig. Sie besiedeln den Raum zwischen den Welten, die Große Leere. Simon hat lediglich Liliths Macht zerschlagen und sie in ihren Einzelteilen ins Nichts zurückgeschickt, aus dem sie gekommen ist. Aber dort fügt sie sich langsam wieder zusammen und wird wiederauferstehen. Normalerweise würde dieser Vorgang Jahrhunderte dauern, aber nicht, wenn Sebastian ihr hilft.«
Ein eisiges Gefühl breitete sich in Clarys Magengrube aus. »Ihr wie hilft?«
»Indem er sie in diese Welt zurückruft. Er will Liliths und sein eigenes Blut in dem Kelch mischen und damit eine Armee Dunkler Nephilim erschaffen. Sebastian will ein zweiter Jonathan Shadowhunter werden – aber auf Seiten der Dämonen, nicht auf Seiten der Engel.«
»Eine Armee Dunkler Nephilim? Ihr zwei seid zwar nicht zu unterschätzen, aber eine Armee stellt ihr noch lange nicht dar.«
»Ich weiß von etwa vierzig Nephilim, die entweder Valentin treu ergeben waren oder das derzeitige Vorgehen des Rats verabscheuen und sich gern anhören wollen, was Sebastian ihnen zu sagen hat. Er steht schon eine ganze Weile in engem Kontakt mit ihnen. Wenn Sebastian Lilith heraufbeschwört, werden sie zur Stelle sein.« Jace holte tief Luft. »Und danach? Mit Liliths Macht im Rücken? Wer weiß, wer sich ihm noch alles anschließen wird … Sebastian will einen Krieg. Er ist davon überzeugt, dass er ihn gewinnen wird, und ich bin mir nicht sicher, ob er damit nicht recht hat. Denn mit jedem Dunklen Nephilim, den er erschafft, wächst seine Macht. Wenn man dazu noch die Treue-Eide nimmt, die die Dämonen ihm gegenüber geschworen haben, dann weiß ich nicht, ob der Rat überhaupt in der Lage ist, sich ihm zu widersetzen.«
Mutlos ließ Clary die Hand sinken. »Sebastian hat sich kein bisschen geändert. Dein Blut hat keinerlei Veränderung bei ihm bewirkt. Er ist genau so, wie er schon immer gewesen ist.« Rasch schaute sie wieder zu Jace
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