City of Lost Souls
wirklich total unromantisch – und machte es feucht. Dann kehrte sie ins Zimmer zurück.
Jace saß auf der Bettkante, in Jeans und einem sauberen und offen stehenden Hemd. Mondlicht fiel auf seine wirren Haare. Er sah aus wie eine Engelsstatue. Nur mit dem Unterschied, dass Engel in der Regel nicht blutüberströmt waren.
Clary stellte sich direkt vor ihn. »Okay«, sagte sie, »zieh dein Hemd aus.«
Verwundert hob Jace eine Augenbraue.
»Keine Sorge, ich werd schon nicht über dich herfallen«, stieß Clary ungeduldig hervor. »Ich kann den Anblick deines nackten Oberkörpers durchaus verkraften, ohne gleich in Ohnmacht zu fallen.«
»Bist du sicher?«, hakte Jace nach, streifte aber das Hemd von den Schultern. »Dieser Anblick hat schon bei vielen Frauen zu ernsthaften Verletzungen geführt – weil sie rücksichtslos aufeinander rumgetrampelt sind, nur um mir möglichst nahe zu sein.«
»Ja, ja, ist schon gut. Ich seh hier aber sonst niemanden außer mir. Und ich will dir nur das Blut abwischen.«
Gehorsam lehnte Jace sich zurück. Dunkles Blut hatte seinen Brustkorb und seinen Bauch mit krustigen Striemen versehen. Doch als Clary vorsichtig mit den Fingern darüberfuhr, erkannte sie, dass es sich um flache Schnittwunden handelte, die bereits verheilten, dank der Iratze , die Jace sich selbst aufgetragen hatte.
Er wandte ihr das Gesicht zu und schloss die Augen, während Clary seine Haut mit dem feuchten Handtuch behutsam sauber wischte, bis sich das weiße Baumwollgewebe rosa verfärbte. Vorsichtig rieb sie die getrockneten Blutflecken an Jace’ Hals weg, tauchte das Handtuch kurz in das Glas Wasser auf seinem Nachttisch und widmete sich dann seinem Oberkörper.
Jace hatte den Kopf in den Nacken gelegt und beobachtete Clary dabei, wie sie das Handtuch über seine muskulösen Schultern gleiten ließ, über die glatten Konturen seiner Arme und schließlich über seine breite Brust mit den weißen Narben und den schwarzen permanenten Runenmalen. »Clary«, setzte er leise an. Seine Stimme klang ernst.
»Ja?«
»Ich werde mich an das hier nicht erinnern«, sagte er. »Wenn ich mich zurückverwandelt habe … wieder unter Sebastians Kontrolle stehe, werde ich mich nicht daran erinnern können, dass ich kurzfristig wieder ich selbst gewesen bin. Ich werde mich nicht daran erinnern, dass ich mit dir hier zusammen gewesen bin oder mit dir gesprochen habe. Trotzdem, erzähl mir bitte … Ist mit meiner Familie alles in Ordnung? Geht es ihnen gut? Wissen sie … ?«
»Was mit dir passiert ist? Teilweise. Und nein, es geht ihnen nicht gut.«
Jace schloss die Augen.
»Natürlich könnte ich dir etwas vorlügen«, fuhr Clary fort. »Aber ich finde, du solltest es erfahren. Deine Familie liebt dich wahnsinnig und will dich unbedingt zurückhaben.«
»Aber nicht so«, murmelte er.
Vorsichtig berührte Clary Jace’ Schulter. »Willst du mir erzählen, was passiert ist? Woher du diese Verletzungen hast?«
Jace holte tief Luft. Die Narbe auf seiner Brust zeichnete sich deutlich und dunkel von seiner Haut ab. »Ich habe jemanden getötet.«
Seine Worte trafen Clary wie der Rückstoß einer abgefeuerten Waffe. Das blutige Handtuch fiel ihr aus der Hand, und als sie sich bückte und es aufhob, starrte Jace nur stumm auf sie hinab. Im Licht des Monds wirkten seine Gesichtszüge elegant, kantig und traurig. »Wen?«, fragte Clary leise.
»Du kennst sie«, sagte Jace und jedes Wort schien wie ein Gewicht auf seinen Schultern zu lasten. »Die Frau, bei der du zusammen mit Sebastian warst. Die Eiserne Schwester. Magdalena.« Dann drehte er sich von Clary weg und tastete hinter sich nach einem Gegenstand, der zwischen den zerwühlten Laken seines Betts versteckt war. Die Muskeln unter seiner Haut bewegten sich, als er das schimmernde Objekt zu fassen bekam und sich wieder Clary zuwandte.
Jace hielt einen durchsichtigen Kelch in den Händen – eine genaue Kopie des Engelskelchs, nur mit dem Unterschied, dass er nicht mit Gold überzogen war, sondern ausschließlich aus silberweißem Adamant bestand.
»Sebastian hat mich … hat ihn heute losgeschickt, um das hier abzuholen«, erklärte Jace. »Und er hat mir außerdem den Befehl erteilt, sie umzubringen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte etwas rein Geschäftliches erwartet – keine Gewalt. Sie dachte, wir stünden auf derselben Seite. Ich hab mir den Kelch geben lassen und dann hab ich meinen Dolch gezückt und … « Jace holte gequält Luft, als würde
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