City of Lost Souls
Long Island Expressway sprachen sie kaum miteinander und irgendwann döste Maia ein, die Wange an die kühle Fensterscheibe gelehnt. Sie erwachte erst wieder, als sie über eine Bodenwelle auf der Straße holperten und sie leicht nach vorn geworfen wurde. Sie blinzelte und rieb sich die Augen.
»’tschuldigung«, sagte Jordan zerknirscht. »Ich wollte dich eigentlich schlafen lassen, bis wir da sind.«
Maia setzte sich auf und schaute sich um. Der Himmel klarte am Horizont bereits auf. Sie fuhren über eine zweispurige Asphaltstraße, die auf beiden Seiten von Feldern gesäumt war. In der Ferne ragte hin und wieder eine Farm oder ein Silo auf, dazwischen standen Häuser mit Holzverschalung und umlaufenden Lattenzäunen. »Das ist echt hübsch hier«, stellte Maia überrascht fest.
»Ja«, bestätigte Jordan, wechselte den Gang und räusperte sich. »Aber da du jetzt sowieso wach bist … Ehe wir zum Praetor House kommen, kann ich dir vorher noch was anderes zeigen?«
Maia zögerte nur einen Moment und nickte dann.
Inzwischen rumpelte der Transporter über einen einspurigen, matschigen Schotterweg mit Bäumen auf beiden Seiten, von denen die meisten ihr Laub bereits verloren hatten. Maia kurbelte die Scheibe hinunter, um die Luft zu schnuppern: Bäume, Salzwasser, verrottende Blätter, kleine Tiere im hohen Gras. Sie holte erneut tief Luft, als der Wagen von der Straße abbog und auf einem kleinen runden Wendeplatz anhielt. Vor ihnen lag der Strand – heller Sand, der sich bis zum dunkelstahlblauen Wasser erstreckte, darüber ein fast fliederfarbener Himmel. Maia warf Jordan einen Blick zu.
Gedankenverloren starrte er geradeaus. »Ich bin früher oft hierhergekommen … während meiner Ausbildung im Praetor House«, sagte er. »Manchmal nur, um aufs Meer zu schauen und meine Gedanken zu ordnen. Die Sonnenaufgänge hier … Jeder ist anders, aber sie sind alle wunderschön.«
»Jordan.«
Er schaute sie nicht an, blickte stattdessen weiter aufs Meer. »Ja?«
»Es tut mir leid … es tut mir leid, dass ich einfach so abgehauen bin, in der Werft.«
»Ist schon okay.« Jordan ließ langsam die Luft aus seinen Lungen entweichen.
Doch Maia konnte an der Haltung seiner Schultern und der Art und Weise, wie seine Hand den Schalthebel umklammerte, erkennen, dass es nicht okay war. Und sie bemühte sich, nicht auf die angespannten Muskeln zu starren, die die Wölbung seines Bizeps noch deutlicher hervortreten ließen.
»Für dich war das ziemlich viel auf einmal, das kapier ich schon. Ich wollte nur … «
»Wir sollten es langsam angehen lassen. An unserer Freundschaft arbeiten.«
»An einer Freundschaft bin ich nicht interessiert«, erwiderte Jordan.
Maia konnte ihr Erstaunen nicht verbergen. »Nicht?«
Jordan nahm die Hand vom Schalthebel und umfasste das Lenkrad. Warme Luft strömte aus den Heizungsschlitzen in den Wagen und mischte sich mit der kühleren Luft, die durch Maias geöffnetes Seitenfenster hereinwehte. »Wir sollten das nicht gerade jetzt besprechen.«
»Ich möchte das aber jetzt besprechen«, entgegnete Maia. »Und zwar jetzt sofort. Ich will mir keine Gedanken über uns beide machen müssen, während wir im Praetor House sind.«
Unbehaglich rutschte Jordan in seinem Sitz hin und her und biss sich auf die Lippe. Seine zerzausten braunen Haare waren ihm in die Stirn gefallen. »Maia … «
»Wenn du an einer Freundschaft nicht interessiert bist, was sind wir dann füreinander? Sind wir wieder Feinde?«
Langsam drehte er den Kopf, seine Wange gegen die Lehne des Fahrersitzes gedrückt. Diese Augen … genau wie Maia sie in Erinnerung hatte: Nussbraun mit grünen, blauen und goldenen Sprenkeln. »Ich bin deshalb nicht an einer Freundschaft interessiert, weil ich dich noch immer liebe, Maia«, erklärte Jordan. »Weißt du eigentlich, dass ich seit unserer Trennung kein Mädchen mehr angefasst, noch nicht einmal mehr geküsst habe?«
»Isabelle … «
»Isabelle wollte sich nur betrinken und über Simon reden.« Jordan nahm die Hände vom Lenkrad, streckte sie halb in Maias Richtung, ließ sie dann aber in seinen Schoß sinken, mit einem resignierten Ausdruck auf dem Gesicht. »Ich habe immer nur dich geliebt. Der Gedanke an dich hat mich durch das harte Trainingsprogramm gebracht. Die Vorstellung, dass ich eines Tages vielleicht in der Lage wäre, dir gegenüber alles wiedergutzumachen. Und das werde ich auch, auf jede erdenkliche Weise … mit einer Ausnahme.«
»Du willst nicht mit mir
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