City of Lost Souls
zeugte von dem Runenmal, das zusätzliche Geschicklichkeit verlieh. Jocelyn befand sich nur einen Schritt hinter ihr, und so nervig Isabelle Clarys Mutter auch finden mochte, in diesem Moment war sie einfach nur froh, als Jocelyn ihre Hand hob und der Elbenlichtstein helle Strahlen zwischen ihren Fingern hindurchsandte und den Bereich vor ihnen beleuchtete.
Die Mauern bestanden aus silberweißem Adamant und schienen von innen heraus ein schwaches Licht auszustrahlen. Auch der Boden war aus Dämonenstein gefertigt und zeigte in der Mitte einen schwarzen Kreis. Im Inneren dieses Kreises leuchtete das Symbol der Eisernen Schwestern – ein Herz, durchbohrt von einer Klinge.
Wispernde Stimmen veranlassten Isabelle, sich vom Anblick dieses Herzens loszureißen und aufzuschauen. In einer der glatten weißen Mauern war ein Schatten aufgetaucht, der näher kam und zunehmend klarer wurde. Plötzlich schien ein Abschnitt der Wand nach hinten zu gleiten und eine Frau trat hervor.
Die Frau trug ein langes, weites und weiß schimmerndes Gewand, das an den Handgelenken und unter der Brust mit silberweißen Schnüren – Dämonendraht – zusammengebunden war. Ihr Gesicht zeigte keine einzige Falte und wirkte dennoch uralt, sodass sich ihr Alter unmöglich schätzen ließ. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr über den Rücken fiel. Die obere Gesichtshälfte war mit einer kunstvoll verschnörkelten Tätowierung versehen, die an eine Halbmaske erinnerte und ihre Augen umrandete – Augen von der Farbe orangegelber Flammen.
»Wer wünscht die Eisernen Schwestern zu sprechen?«, fragte sie. »Nennt eure Namen.«
Isabelle schaute zu Jocelyn, die ihr jedoch mit einer Geste zu verstehen gab, sie solle als Erste reden. Also räusperte sich die junge Schattenjägerin kurz und setzte dann an: »Ich bin Isabelle Lightwood und das hier ist Jocelyn Fr … Fairchild. Wir sind hierhergekommen, um eure Hilfe zu erbitten.«
»Jocelyn Morgenstern«, berichtigte die Frau. »Geborene Fairchild – so leicht kannst du Valentins Spuren nicht aus deiner Vergangenheit entfernen. Hattest du der Nephilimgemeinschaft nicht den Rücken gekehrt?«
»Das ist richtig«, bestätigte Jocelyn. »Ich bin verstoßen. Aber Isabelle ist eine Tochter der Nephilim. Ihre Mutter … «
»…leitet das New Yorker Institut«, ergänzte die Frau. »Wir mögen hier zwar sehr abgeschieden leben, haben aber durchaus unsere Informationsquellen. Mein Name ist Schwester Cleophas und ich bin eine Schöpferin. Ich forme den Adamant, den die anderen Schwestern bearbeiten. An die Peitsche, die du so geschickt um dein Handgelenk gewickelt hast, kann ich mich noch gut erinnern.« Sie zeigte auf Isabelle. »Das Gleiche gilt für die Kugel an deiner Kehle … «
»Wenn ihr Schwestern so vieles wisst«, hob Jocelyn an, während Isabelle verstohlen nach dem Rubinanhänger an ihrem Hals tastete, »wisst ihr dann auch, warum wir hier sind? Weshalb wir euch aufsuchen?«
Schwester Cleophas senkte die Lider und lächelte langsam. »Im Gegensatz zu unseren stummen Brüdern können wir keine Gedanken lesen. Deswegen vertrauen wir Schwestern auf ein Netzwerk aus Informationen, von denen die meisten sehr zuverlässig sind. Ich nehme an, euer Besuch hängt mit dieser Geschichte zusammen, in die Jace Lightwood – dessen Schwester immerhin hier vor mir steht – und dein Sohn Jonathan Morgenstern verwickelt sind?«
»Wir befinden uns in einer schwierigen Situation«, erklärte Jocelyn. »Jonathan Morgenstern schmiedet ein Komplott gegen die Nephilim, genau wie einst sein Vater. Der Rat hat einen Hinrichtungsbefehl gegen ihn erlassen. Dagegen wird Jace – Jonathan Lightwood – von seiner Familie, die sich nichts zu Schulden hat kommen lassen, und auch von meiner Tochter sehr geliebt. Das Problem ist nun, dass Jace und Jonathan aneinander gebunden sind, und zwar durch sehr alte Blutmagie.«
»Blutmagie? Welche Art von Blutmagie?«
Jocelyn holte Magnus’ Aufzeichnungen aus ihrer Jackentasche und reichte sie der Eisernen Schwester. Diese nahm sie entgegen und studierte die Zettel intensiv mit ihren feurig glühenden Augen. Dabei stellte Isabelle überrascht fest, dass Cleophas sehr lange Finger besaß – keine eleganten, sondern grotesk lange Glieder, so als hätte man sie mit Gewalt gedehnt. Ihre Hände erinnerten an Albinospinnen und ihre Fingernägel waren pfeilspitz und mit Elektrum verstärkt.
Schließlich schüttelte Cleophas den Kopf.
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