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City - V3

Titel: City - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clifford D. Simak
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Titel: »Unvollendete Philosophie -«
Er reichte Joe die Papiere und sah zu, wie er sie durchlas.
Dabei überkam ihn das entsetzliche Gefühl der Unsicherheit, das einen Mißerfolg anzeigt.
In Websters Haus hatte er an einen Geist gedacht, der den ausgetretenen Pfad menschlicher Logik
nicht kannte und unbeeinflußt war von der viertausend Jahre alten menschlichen Denkweise.
Und hier war dieser Geist, aber das genügte nicht. Es fehlte etwas - etwas, an das er nie gedacht
hatte und das auch die Männer in Genf nicht beachtet hatten. Etwas - ein Teil der menschlichen
Natur, den man bisher für selbstverständlich gehalten hatte.
Der Druck der menschlichen Gesellschaft hatte die Rasse all die Jahrhunderte hindurch
zusammengehalten, genau wie der Hunger die Ameisen zu Sklaven der Gewohnheit gemacht hatte.
Das Verlangen des Menschen, sich die Anerkennung seiner Mitmenschen zu erwerben, die
Notwendigkeit der Kameradschaft - die Anerkennung seiner Gedanken und Taten, das alles war ihm zu
einer psychologischen, vielleicht sogar zu einer physiologischen Notwendigkeit geworden. Es
bildete eine Macht, die den Menschen daran hinderte, eine asoziale Richtung einzuschlagen, eine
Macht, die Sicherheit und Zusammenhalt gewährleistete und die ganze menschliche Familie
umspannte.
Die Menschen brachten dieser Anerkennung große Opfer, sie starben sogar für sie. Sie führten ein
Leben, das ihnen im Grunde genommen verhaßt war. Denn ohne sie war ein Mensch sich selbst
überlassen, er war ein Ausgestoßener, ein Tier, das man von seiner Herde getrennt hatte.
Der Drang, unter allen Umständen Anerkennung zu finden, hat zu furchtbaren Konsequenzen geführt -
zur Massen-Psychologie, zur Rassenverfolgung und zu Massenverbrechen unter der Flagge des
Patriotismus. Aber gleichzeitig war dies auch die Macht, die die Menschen zusammenhielt, durch
die eine menschliche Gesellschaft überhaupt ermöglicht wurde.
Und Joe kannte diesen Drang nach Anerkennung nicht. Joe war nicht im geringsten daran
interessiert. Es war ihm völlig gleichgültig, wie man über ihn dachte. Ihn berührte es nicht, ob
man seine Handlungsweise anerkannte oder nicht.

Grant fühlte die Sonne heiß auf seinem Rücken und hörte das leise Flüstern des Windes in den
Wipfeln der Bäume. Im Dickicht begann ein Vogel sein Lied.
War das die Richtung, in welche die Mutation führte? Dieses Abstreifen des Grundinstinktes, der
die Menschen zu einer Rasse vereinte?
Hatte dieser Mann vor ihm, der hier in der Hinterlassenschaft von Juwain las, durch seine
Mutation eine Lebensstufe erreicht, die ihn voll ausfüllte, so daß er auf die Anerkennung seiner
Mitmenschen verzichten konnte? Hatte er nach all den Jahren eine Stufe der Zivilisation erreicht,
die ihm innere Unabhängigkeit sicherte?
Joe blickte auf.
»Sehr interessant«, sagte er. »Warum hat er das Buch nicht vollendet?«
»Er starb.«
Joe schnalzte mit der Zunge. »An einer Stelle hat er sich geirrt.« Er durchblätterte die Seiten
und zeigte mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle. »Hier. Da hat sich der Fehler
eingeschlichen.«
Grant stammelte. »Aber - es kann doch bei Juwain keinen Fehler geben! Er ist gestorben, das ist
alles. Er starb, bevor er seine Arbeit vollenden konnte.«
Joe faltete das Manuskript säuberlich zusammen und versenkte es in seinen Taschen.
»Das ändert nichts an der Sache. Er hätte es kaum zu Ende führen können.«
»Können Sie es denn vollenden? Sie -«
Grant sah ein, daß es zwecklos war. Er konnte die Antwort in Joes Augen lesen.
»Glauben Sie wirklich«, sagte Joe kurz und gemessen, »daß ich dies Ihrer gewalttätigen Menschheit
ausliefern werde?«
Grant sah sich geschlagen. Er zuckte die Achseln.
»Anscheinend nicht. Ich hätte es wissen müssen. Ein Mensch wie Sie -«
»Ich kann das Ding selbst gebrauchen« entgegnete Joe.
Er stand langsam auf, gemächlich zog sein Fuß eine Furche durch den Ameisenhaufen, stürzte die
Schornsteine um und begrub die winzigen Karren.
Mit einem Schrei sprang Grant auf die Füße. Blinde Wut hatte ihn erfaßt und führte seine Hand an
die Pistole.
»Nur langsam«, ermahnte ihn Joe.
Grant ließ den Arm mit der Pistole hängen.
»Regen Sie sich nicht auf, kleiner Mann«, warnte Joe. »Ich weiß, daß Sie mich gerne töten
wollten, aber das kann ich nicht zulassen. Ich habe noch große Pläne. Außerdem wissen Sie selbst
nicht, warum Sie mich umbringen wollen.«
»Es ist doch völlig unwichtig, warum ich es tun will«, sagte Grant

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