City - V3
was! Los!« Während der letzten Worte hatte sich Towser bereits auf den Weg gemacht.
Fowler folgte. Zweifelnd erprobte er die Kraft seiner Beine.
Im Laufen kam ihm Musik zum Bewußtsein. Eine Musik, die seinen Körper durchdrang, sein ganzes
Wesen erfüllte und ihn wie auf silbernen Flügeln vorwärts trug.
Als er sich dem Felsen näherte, verstärkte sich die Musik und erfüllte alles mit magischen
Klängen. Er wußte, daß diese Musik von dem Wasserfall kam, der federleicht von den Felsen
glitt.
Er wußte aber auch, daß es kein Wasserfall, sondern ein Ammoniakfall war und die Felsen aus
solidem Oxygen bestanden.
»Die Musik«, sagte Towser.
»Ja, was ist damit?«
»Die Musik ist Vibration, die Schwingungen des fallenden Wassers«, erklärte Towser.
»Aber, Towser, du weißt doch nichts von Vibration.«
»Doch, es ging mir eben durch den Kopf.«
Fowler rang nach Fassung. »Eben durch den Kopf -«
Und plötzlich ging ihm eine neue Formel durch den Kopf.
Eine Formel zur Herstellung von Metall, das dem Druck des Jupiter standhalten würde.
Er starrte verwundert auf den Wasserfall. Blitzschnell erfaßte sein Geist die vielen Farben und
ordnete sie in der richtigen Reihenfolge des Spektrums. Ein Vorgang, der wie aus heiterem Himmel
kam, denn er hatte keinerlei Kenntnis von Metall oder Farben.
»Towser«, rief er aufgeregt. »Mit uns geht etwas vor.«
»Ja, ich weiß«, antwortete Towser.
»Es ist unser Gehirn«, stellte Fowler fest. »Wir können jetzt unser Gehirn bis in den letzten
Winkel ausnutzen. Wir können es benützen, um Dinge zu erkennen, die wir schon längst wissen
müßten. Vielleicht ist das Gehirn des Menschen überhaupt zu langsam und benebelt, und wir sind
deshalb weit zurückgeblieben hinter den anderen Kreaturen des Universums. Vielleicht sind wir
dazu verurteilt, unsere Erkenntnisse nur mühsam zu sammeln.«
In der neugewonnenen Klarheit seiner Gedanken wurde ihm bewußt, daß er nicht nur die Farben des
Wasserfalles und die Formel für die Herstellung des Metalles erfassen konnte, sondern daß ihm
noch ganz andere Möglichkeiten offen standen, die ihm aber nicht völlig klar waren.
Er blickte hinüber nach der Kuppel, die man zwergenhaft in der Ferne sehen konnte.
Dort drüben lebten die Männer, die die Schönheiten des Jupiter nicht sehen konnten. Diese Männer
glaubten, daß ihnen die wirbelnden Wolken und der strömende Regen die Aussicht auf den Planeten
versperrten. Aber es waren ihre Augen, blinde menschliche Augen, deren Sehkraft nicht ausreichte,
und die Schönheit der Wolken nicht erfaßte. Und es waren ihre menschlichen Körper, die unfähig
waren, den Reiz der Sphärenhaften Musik zu fühlen, die von dem Wasserfall ausging.
»Wollen wir nicht weitergehen?« fragte Towser.
»Wo willst du denn hin?«
»Irgendwohin«, antwortete Towser. »Wir gehen einfach geradeaus, dann sehen wir schon, wo wir
hinkommen. Ich habe ein Gefühl - ein Gefühl -«
»Ja, ich weiß«, bestätigte Fowler.
Er hatte nämlich das gleiche Gefühl. Irgendwo, weit hinter dem Horizont, lockten Abenteuer, und
noch viel mehr als Abenteuer.
Die anderen fünf Männer mußten es auch gefühlt haben. Der Drang, Neues zu sehen, hatte sie
weitergetrieben zu einem Leben voller Erkenntnis und Wissen. Nur deshalb waren sie nicht
zurückgekehrt.
»Ich gehe nicht mehr zurück«, erklärte Towser.
»Wir können sie doch nicht im Stich lassen«, gab Fowler zu bedenken.
Towser tat einige Schritte in der Richtung der Kuppel und blieb stehen.
Zurück zu der Kuppel, zu dem schmerzenden, giftgefüllten Körper, den er dort zurückgelassen
hatte. Vorher hatte er kaum Schmerzen gefühlt, aber jetzt kamen sie ihm zum Bewußtsein.
Zurück zu dem umnebelten Gehirn und der engbegrenzten Denkfähigkeit. Zurück zu dem plappernden
Mund, der Laute formte, um sich zu verständigen. Zurück zu den Augen, die schlimmer waren als
völlige Blindheit. Zurück zu dem Geschrei, der ungenügenden Gehfähigkeit, und zurück zur
Unwissenheit.
»Vielleicht später einmal«, murmelte er vor sich hin.
»Wir haben eine Menge zu tun, eine Menge zu sehen. Wir müssen lernen«, freute sich Towser. »Und
wir werden Dinge entdecken -«
Sie würden viele Dinge entdecken. Vielleicht eine Zivilisation, die ungleich besser war als die
der Menschen. Schönheit würden sie entdecken, und was noch viel wichtiger war: Verständnis für
diese Schönheit. Sie würden eine Kameradschaft finden, wie man sie bisher nicht kannte - die
weder Mensch noch
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