City Vampire - Frankfurt im Morgengrauen
plötzlich schrecklich. Ich hatte Fieber und Schüttelfrost und ... Naja, ein Freund hat sich um mich gekümmert, bis es mir wieder besser ging. Ich habe bis gestern Nacht überhaupt nicht mitbekommen, was los war draußen in der Welt.“ Nun, der letzte Teil ihrer Geschichte stimmte ja sogar. Es war die beste Ausrede, die ihr eingefallen war. „Habt … habt ihr eine Spur?“
Schmidts Miene hellte sich ein wenig auf. „Ja“, bestätigte er, „die haben wir tatsächlich. Wir haben verwertbare DNA gefunden – sie passt zu den DNA-Spuren, die wir bei dem vorherigen Opfer, Renauld, gefunden haben.“ Er seufzte und fuhr fort: „Außerdem gab es da eine Brandwunde bei Renauld und auch bei Julia.“ Er sah Lara traurig an, als er den Namen ihrer ermordeten Assistentin erwähnte. Lara schluckte, blieb aber gefasst. Sie hatte es ja mit eigenen Augen gesehen, doch davon konnte Schmidt nichts wissen – und das sollte auch so bleiben. Dennoch war Lara unsagbar erleichtert. Die DNA musste von Skolgar stammen – damit war Janus endgültig entlastet. Und sie selbst auch, sollte man sie überhaupt im Verdacht gehabt haben.
„Naja“, brummte Schmidt. „Wir gehen jedenfalls davon aus, dass es derselbe Täter war. Nur das Motiv für die beiden Morde ist uns ein Rätsel. Du warst ja an dem Fall mit Renauld dran … vielleicht dachte der Mörder, dass ihr direkt miteinander zu tun habt? Dass Renauld Kontakt zu deiner Detektei hatte?“
„ Schon möglich … gibt es denn einen Namen zu der DNA-Spur?“, fragte Lara vorsichtig.
„Nein “, meinte Schmidt bedauernd. „Er ist wie ein Geist. Seine Spuren passen zu mindestens zwölf weiteren Morden, die weltweit verübt wurden. Interpol nennt ihn Das Phantom .“ Er schüttelte den Kopf. „Und ich dachte, Renauld sei eine der übelsten Gestalten, die mir je untergekommen sind. Da hat Renauld wohl seinen Meister gefunden.“
Er hatte ja auch keine Ahnung, mit was er sich da eingelassen hatte , fügte Lara im Geiste hinzu.
„Jedenfalls ist dein Klient aus dem Schneider“, Schmidt grinste. „Denn das Phantom ist er sicherlich nicht.“
Lara runzelte die Stirn. „Mein Klient?“, fragte sie in gespielter Arglosigkeit. Sie hatte nie erwähnt, für wen sie gearbeitet hatte.
Schmidt zwinkerte ihr zu. „Kleines, das war nicht allzu schwer zu erraten“, scherzte er. „Jetzt weiß ich auch, warum du ihn so in Schutz genommen hast.“
Lara s blasse Wangen röteten sich ein wenig, doch Schmidt schien es nicht zu bemerken. Gut so, denn sie wollte nicht, dass Schmidt sich noch mehr zusammenreimte – zumindest noch nicht. Dass sie ein Paar waren, würde sie noch eine Weile für sich behalten.
„Jedenfalls ist jetzt Interpol dran an dem Fall “, fuhr Schmidt fort. „Ab sofort ist das nicht mehr unsere Sache. Ich mutmaße, das Phantom hat das Land nach zwei Morden sowieso längst verlassen. Trotzdem verstehe ich noch immer nicht, warum diese Menschen sterben mussten.“ Er schüttelte den Kopf.
Sei froh, dass du es nicht weißt, dachte Lara. Es gibt Dinge, die im Verborgenen besser aufgehoben sind.
„Ich hoffe, sie erwischen ihn eines Tages “, antwortete sie unverfänglich, wohl wissend, dass er niemals gefunden werden würde.
Das Phantom war tot. Er war in einer leer stehenden Lagerhalle zu Staub zerfallen.
Als Lara sich schließlich von Klaus Schmidt verabschiedete, packte dieser sie unerwartet bei den Schultern und drückte sie fest an sich. Er hatte sich große Sorgen gemacht.
Plötzlich hörte sie seinen Herzschlag, spürte das Rauschen seines Blutes in den Adern, und für den Bruchteil einer Sekunde wurde ihr schwindelig; doch sie hatte sich sofort wieder im Griff. Erst jetzt fiel ihr auf, dass sie ihren Durst zuvor nicht so stark wahrgenommen hatte.
„Ich bin wirklich froh, dass es dir wieder gut geht“, gestand Schmidt. Lara hatte den Eindruck, er müsse der Versuchung widerstehen, sie in die Wange zu kneifen wie bei einem kleinen Kind, während sie darum kämpfte, die Fassung zu bewahren.
„Ich werde noch ein paar Tage langsam machen, dann bin ich wieder im Boot “, antwortete Lara zuversichtlich und versuchte, sich aus der Umarmung zu lösen. Etwas niedergeschlagener fügte sie hinzu: „Julia wird mir fehlen.“
„Ich weiß “, nickte Schmidt. „Kopf hoch. Du bist ein starkes Mädchen.“
Das hörte sie schon zum zweiten Mal heute – dass sie stark war. Es war ein Kompliment, aber erst die Zeit würde zeigen, ob sie auch stark genug für
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