City Vampire - Frankfurt im Morgengrauen
küsste sie zärtlich.
„Ich liebe dich“, sagte er dann mit einem tiefen Blick in ihre Augen.
„Und ich liebe dich“, erwiderte Lara und fühlte sich so lebendig wie nie zuvor.
Kapitel 26
Mitten in der Nacht fasste sich Lara mit einer Hand an die Kehle. „Ich glaube … ich habe Durst“, sagte sie erschreckt.
„Natürlich hast du das“, bestätigte Janus verständnisvoll und stand auf. Er verschwand aus dem Zimmer und kehrte kurz darauf mit einem Blutbeutel und einem Glas zurück. Er löste den Verschluss, goss das Blut in das Glas und reichte es Lara.
„Hier “, raunte er verführerisch, „trink.“
Als Lara nach dem Glas griff, zitterten ihre Finger ein wenig. Einen Moment lang starrte sie die dunkelrote Flüssigkeit an, und sie musste sich zunächst überwinden, das Glas überhaupt an ihre Lippen zu setzen. Doch der Geruch verstärkte den Durst, der ihr mittlerweile fast den Verstand raubte, und so trank sie. Zaghaft zunächst, dann immer gieriger.
Es war das Köstlichste, was sie je in ihrem Leben geschmeckt hatte. Sie trank das ganze Glas in einem Zuge leer. Als sie es wieder absetzte, zitterten ihre Hände und ihre Lippen schimmerten noch rot vom Blut. Janus wischte sanft mit dem Daumen darüber.
„Oh mein Gott “, murmelte Lara. Sie war überwältigt von der Befriedigung, die das Bluttrinken brachte. Und gleichzeitig furchtbar erschrocken darüber.
„Ich weiß “, meinte Janus. „Ich weiß, was du meinst.“
„Werde ich jetzt jedem Menschen, der mir begegnet, die Kehle herausreißen wol len?“, fragte sie voller Angst.
„Nein. Du bist stark “, Janus blickte ihr fest in die Augen. „Du wirst es kontrollieren lernen. Der Blutdurst ist am Anfang besonders stark. Es wird leichter mit der Zeit. Lektion eins: Gehe niemals durstig unter Menschen.“ Er goss ein weiteres Glas Blut ein und ermunterte sie, zu trinken. „Ich bin bei dir. Ich helfe dir.“
Lara atmete tief durch und trank. „Ich weiß“, sagte sie dann und hauchte einen Kuss auf seine Lippen.
„Es tut mir so schrecklich leid …“, brach es dann aus Janus heraus und er zog sich von ihr zurück. „Ich hätte dich von Anfang an nicht in diese Sache hineinziehen sollen. Ich habe dich in Gefahr gebracht. Wenn ich dich nicht engagiert hätte …“
„Vergiss das ganz schnell wieder“, fuhr Lara dazwischen. „Ich war es ja schließlich, die zugesagt hat. Und die Gefahr ist nun einmal Teil meines Jobs, das war sie schon immer. Ich wusste sehr genau, worauf ich mich einlasse. Es war meine eigene Entscheidung.“ Und mit diesen Worten beugte sie sich vor und verschloss seine Lippen mit den ihren.
Später gingen sie hinaus in die Nacht. Janus hatte sie überreden wollen, noch einen Tag abzuwarten, doch Lara bestand darauf. Sie wollte ihre neuen Fähigkeiten entdecken, die intensive Wahrnehmung spüren und sie wollte wissen, wie sich die Verwandlung auf ihre ohnehin schon scharfen Sinne auswirkte.
„Außerdem“, erklärte sie clever, „lerne ich schneller, mich zu kontrollieren, wenn ich mich der Versuchung aussetze. Du bist ja bei mir und passt auf, dass der Durst mich nicht übermannt.“
Janus war keine andere Wahl geblieb en, als sie gewähren zu lassen.
Sie gingen zu Fuß in einen nahen Park. Es waren kaum noch Menschen unterwegs; einmal kamen sie an einer Gruppe Jugendlicher vorbei, die sich betrunken hatten und auf Ärger aus zu sein schienen, doch Janus warf ihnen im Vorbeigehen einen gefährlichen Blick zu und sie trollten sich. Lara war erleichtert, dass ihr Durst sie nach dem Blutbeutel nicht mehr quälte und sie nicht das Bedürfnis hatte, ihre Reißzähne in die Kehlen der jungen Menschen zu schlagen. Und noch eine andere Sache war interessant: Immer war ihr eingebläut worden, sie solle sich des Nachts nicht allein in den Park wagen – und nun war sie das Raubtier, vor dem sich – zumindest theoretisch – die anderen in Acht nehmen mussten.
Das Johlen der jungen Leute erstarb langsam in der klaren Winternacht und sie war wieder mit Janus allein. Fasziniert blickte sie sich um. „Ich hätte nie gedacht, dass die Nacht so farbenfroh sein kann“, sagte sie überwältigt. Der frisch gefallene Schnee glitzerte in allen Farben des Regenbogens. Sie blieben vor einer großen Eiche stehen, deren Zweige kahl in den Nachthimmel ragten. Lara legte die Hände und ihr Gesicht an die Rinde und lauschte.
„Oh mein Gott “, flüsterte sie, „es fühlt sich an, als ob er atmet.“ Eine ganze Weile
Weitere Kostenlose Bücher