Clancy, Tom
zogen
los, mit steifem und leicht O-beinigem Gang. Das Gewebe ihrer Anzüge scheuerte
unter den Achselhöhlen und zwischen den Beinen. Adnan blickte sich
unausgesetzt um und behielt sowohl das Deck unter seinen Füßen wie auch die
Aufbauten über sich im Blick. Er versuchte, nicht an die unsichtbaren Teilchen
zu denken, die seinen Anzug bombardierten und seine Haut durchdrangen. Genau
wie der Riegel des Relinggatters war auch der Verschlusshebel der Luke festgerostet
und widerstand seinem ersten Zerren. Ein anderes Teammitglied packte mit an,
und zusammen bekamen sie den Hebel auf, und die Luke gab kreischend nach.
Alle
schalteten ihre Taschenlampen ein, und einer nach dem anderen stiegen sie durch
die Öffnung unter Deck. Auf dem nächsten Deck wandten sie sich nach links in
einen Gang. Sie kamen an drei Seitengängen vorbei, jeder von Kabinentüren und
Luken gesäumt. Leitungsrohre und Kabel liefen wie Adern an der Decke entlang.
An der vierten Kreuzung wandte sich Adnan nach links und blieb vor einer Tür
stehen. Sie hatte ein Sichtfenster auf Augenhöhe. Er spähte hindurch, konnte
aber nichts erkennen.
Er drehte
sich um. »Das Deck steht wahrscheinlich unter Wasser. Das ist unser größtes
Risiko. Verlasst euch nicht auf die Geländer oder den Laufsteg. Wenn irgendetwas
nachgibt, bleibt sofort stehen, und geratet nicht in Panik! Verstanden?«
Alle
nickten.
»Wie sieht
er aus, dieser Behälter?«
»Wie ein
Ölfass, aber nur halb so hoch. Wenn es Allah gefällt, dann ist er noch an der
Wand des Sicherheitsgewölbes befestigt.« Hoffentlich gefällt es Allah auch, dass die Sicherheitstür noch
geschlossen und gesichert ist, dachte Adnan. Ansonsten hatten sie
keine Chance, das zu finden, was sie suchten, bevor die Strahlung sie umbrachte.
»Noch Fragen?«
Es gab
keine.
Adnan
wandte sich wieder der Tür zu und probierte die Klinke. Sie war der salzigen
Luft nur wenig ausgesetzt gewesen und ließ sich leicht bewegen. Er schob die
Tür langsam auf, bis er hindurchpasste, behielt aber die Klinke in der Hand,
damit sie nicht hinter ihm wieder zufiel. Er machte einen vorsichtigen Schritt,
setzte einen Fuß auf den Laufsteg und verlagerte langsam sein Gewicht
vorwärts, bis er sich sicher war, dass der Gittersteg hielt. Er machte einen
weiteren Schritt, dann drehte er sich nach links, weitere zwei Schritte. Er
blickte über die Schulter zurück und nickte. Der nächste Mann folgte.
Für einen
Frachtraum war dieser hier ziemlich klein, er hatte circa 15 Quadratmeter und
war sieben Meter tief. Der Laufsteg, auf dem sie standen, führte an dem Schott
entlang und endete an einer Leiter. Als alle durch die Tür waren, ging Adnan
weiter auf dem Laufsteg. Auf halber Strecke hielt er an und trat ans Geländer,
wobei er darauf achtete, nicht dagegen zu stoßen. Er leuchtete mit der
Taschenlampe nach oben und erkannte den sieben mal sieben Meter großen Umriss
der Ladeluke; an einer Kante schien graues Tageslicht hindurch. Hier war das
Seewasser eingedrungen, wie er wusste. Die Ladeluke hatte sich bei einer
Steuerbord-Rollbewegung verzogen, und die Versiegelung war aufgeplatzt. Er
leuchtete nach unten. Wie er befürchtet hatte, stand das Deck unter Wasser. Er
sah eine Suppe aus schwarzem Meerwasser, radioaktivem Staub und Brocken
verbrauchter Brennstäbe, von denen mehrere durch die Wasseroberfläche
aufragten. Irgendwo dort unten standen die bleiummantelten
Sicherheits-»Sarkophage«. Wie viele Deckel waren während des Unfalls
aufgebrochen?, fragte er sich. Wie viele Brennstäbe waren noch in den
Behältern?
Sie gingen
weiter zur Leiter.
»Ist es
das?«, fragte einer der Männer und leuchtete die Stufen hinunter.
Unten,
jenseits von zwei Metern überfluteten Decks, sah man eine Tür wie die eines
Banktresors mit acht Verriegelungshebeln, drei an jeder Seite und je einer
oben und unten. In Hüfthöhe am linken Rand war ein Riegel mit einem
Vorhängeschloss angebracht. »Allah sei gepriesen«, murmelte Adnan.
Auf dem
internationalen Flughafen von Murmansk wurden hauptsächlich Inlandsflüge
abgefertigt, und auch das waren nicht viele, außer im Sommer. Die meisten
Menschen fuhren lieber mit dem Zug nach Süden; die Bahn war billiger und
erschien den Einheimischen vertrauenswürdiger - Aeroflot war ihr schlechtes
Image in puncto Flugsicherheit immer noch nicht losgeworden. Das
Frachtterminal war allerdings sehr viel betriebsamer. Hier wurde hauptsächlich
Fisch ausgeflogen, der schnell in die internationalen
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