Clancy, Tom
...«
Netters
unterbrach ihn sofort. »Sir, wir sind ohnehin schon bis zum Äußersten
angespannt. Die Stennis-Grup pe wurde
erst vor zehn Tagen abgelöst. Die Schiffe müssen dringend überholt werden und
sind schon lange überfällig für eine ...«
»Verdammt,
Admiral, ich habe allmählich wirklich genug davon, immer hören zu müssen, was
wir nicht tun können, ist das klar?«
»Jawohl,
Mr. President, aber Sie müssen auch verstehen, dass ...«
»Nein,
muss ich nicht, dafür werden Sie schließlich bezahlt, Admiral. Erledigen Sie
das, legen Sie mir einen Plan vor, sonst suche ich mir einen anderen, der
dieser Aufgabe gewachsen ist.«
Der Emir saß lesend im Wohnzimmer, als Tariq hereinkam und
die Fernbedienung des Fernsehgeräts vom Couchtisch nahm. »Das solltest du dir
ansehen.« Er schaltete das Gerät an und zappte zu einem Nachrichtenkanal.
Eine hübsche, blonde, blauäugige Moderatorin war mitten in einem Satz:
»...
soeben gemeldet wird, bestätigte ein Pentagon-Sprecher erneut eine frühere Meldung
der BBC, dass die iranische Armee ein Manöver an der Grenze zum Irak
durchführt. Wie das Pentagon ferner mitteilte, hat die Regierung in Teheran die
Übung zuvor nicht angekündigt. Der Sprecher fügte aber hinzu, dass solche
Ereignisse nicht ungewöhnlich seien, und führte als Beispiel eine ähnliche
Truppenbewegung Anfang 2008 an ...«
Tariq
schaltete den Fernseher wieder aus.
»Seltsame
Bettgenossen«, murmelte der Emir.
»Wie
bitte?«
Teheran
hatte zwar im Allgemeinen das Anliegen des URC nicht unterstützt, hatte sich
ihm aber auch nicht in den Weg gestellt. Der iranischen Regierung war klar,
dass niemand vorhersagen konnte, ob sich nicht doch eines Tages
Berührungspunkte bei ihren unterschiedlichen Interessen ergeben könnten. Für
diesen Fall hatte sich das iranische Ministerium für Nachrichtenwesen und
Sicherheit, kurz VEVAK, in den letzten Jahren mit der Frage befasst, wie der
Irak nach Ende der Besatzung aussehen könne. Die irakischen Schiiten mochten
sich zwar durch mehrere Milizen relativ sicher fühlen und wurden außerdem von
den Hisbollah und der Iranischen Revolutionsgarde Pasdaran finanziell
unterstützt, aber in der irakischen Bevölkerung stellten sie dennoch nur eine
Minderheit dar und waren daher gefährdet durch Verfolgungen vonseiten der sunnitischen
Mehrheit. Das war ein Machtungleichgewicht, das Teheran zutiefst missfiel und
das der URC nur zu gern für seine Zwecke ausbeuten wollte. Als die Vereinigten
Staaten 2002 die Kriegstrommeln zu schlagen begannen, hatte der Emir bereits
eine eigene Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt und eine Strategie entwickelt,
um die Zielsetzungen des URC besser verfolgen zu können. Die Strategie basierte
vage auf nichts anderem als dem amerikanischen Wirtschaftsmodell, eine
Tatsache, die wahrscheinlich niemandem in Washington in den Sinn gekommen
wäre.
Irgendwann
würden sich die Vereinigten Staaten aus dem Irak zurückziehen oder zumindest
ihre Präsenz auf eine erheblich geringere Truppenstärke reduzieren. Das war der
Zeitpunkt, an dem der Iran sein Spiel um die Vorherrschaft im Irak beginnen
würde, das Teheran aber nur gewinnen konnte, wenn es sich gegenüber der sunnitischen
Mehrheit in eine vorteilhafte Position brachte. Dafür würde der Iran
Unterstützung brauchen. Seine Regierung war daher ein potenzieller Kunde.
Die
Einmischung des URC im Irak hatte im August 2003 begonnen, als die Organisation
Männer, Material und Expertise in das Land schickte und den sunnitischen
Extremistengruppen anbot. Verbunden durch den gemeinsamen Hass auf die
amerikanischen Besatzer, setzten beide Seiten ihre Ressourcen ein und
verknüpften ihre Ziele. Im Jahr 2006 hatte der URC bereits die Vormachtstellung
über einen großen Teil Bagdads und fast das gesamte sunnitische Dreieck
erobert. Das war die Ware oder Dienstleistung, für die Teheran bereitwillig
zahlen würde.
Wie Mary Pat Foley und das NCTC längst festgestellt hatten und
Jack Ryan jr. erst in letzter Zeit bewusst wurde, konnte die allgemeine
Verfügbarkeit von Informationen im digitalen Zeitalter ebenso sehr ein Segen
wie ein Fluch für die Aufklärungsarbeit sein. Computer können riesige
Datenmengen kategorisieren, sammeln und verbreiten, aber das menschliche Gehirn
kann nur einen Teil davon aufnehmen und verarbeiten. Deutung und Auswertung der
Informationen sind die Angelpunkte, an denen Entscheidungen getroffen werden,
seien sie nun gut, schlecht oder neutral. Das war eine
Weitere Kostenlose Bücher