Clancy, Tom
Öffentlichkeit hatte Kealty noch nicht voll
akzeptiert, was seinen Grund vor allem in den Vorgängen um die
Präsidentschaftswahl hatte. Die Phrase »Sieg durch Ausfall des Gegners« hatte
noch einen Monat nach Kealtys Wahl jeder politischen Sendung Zündstoff
geliefert. Die Wahlmänner konnten die Stimmung im Land nur unvollständig
repräsentieren; McMullen vermutete, dass sich die meisten Menschen um ein
entscheidendes Element betrogen fühlten — nämlich einen langen und hart
ausgetragenen Wettstreit zwischen zwei Kandidaten, die dem Wähler ihr innerstes
Seelenleben enthüllten. Kealty hatte das zwar getan, oder jedenfalls teilweise,
aber sein Gegner hatte dazu keine Gelegenheit gehabt.
»Woher zum
Henker weiß er von der Sache mit diesem Ranger?«, wollte Kealty wissen.
»Kann man
nicht herausfinden, Sir.«
»Reden Sie
keinen Scheiß, Wes! Finden Sie's raus!«
»Jawohl,
Sir. Wir werden die Anklage fallen lassen müssen.«
»Nur weil
Ryan grunzt? Ja, ich weiß, verdammt noch mal. Wir lassen sie rechtzeitig für
die Freitagsnachrichten fallen. Erledigen Sie das. Wie weit sind wir mit den
Nachforschungen über die Opposition?«
»Wir
arbeiten daran. Nichts, wo wir richtig schmerzhaft zubeißen könnten. Das
Problem ist Langley. Vieles von dem, was Ryan dort machte, wird immer noch in
den verschiedensten Abteilungen und Sektionen unter Verschluss gehalten.«
»Holen Sie
Kilborn ...«
»Wenn wir
damit anfangen, wird es unweigerlich gezielte Indiskretionen geben. Und wenn
dann die Presse herausfindet, dass wir in Ryans CIA-Vergangenheit herumwühlen,
geht der Schuss womöglich nach hinten los. Wir müssen eine andere Möglichkeit
finden.«
»Tun Sie,
was Sie tun müssen. Dieser Schwachkopf will wieder mitmischen - okay, soll er
ruhig, aber ich will, dass
er dabei richtig hart auf die Schnauze fällt.«
»Heilige Scheiße«, rief Sam Driscoll in seinem Krankenhausbett.
»Ein Gesicht aus der Vergangenheit. Was zum Teufel machen Sie denn hier?«
John Clark
lächelte. »Ich habe läuten hören, Sie hätten sich beim Badminton die Schulter
verletzt.«
»Ich
wollte, es wäre so. Setzen Sie sich.«
»Ich habe
ein Geschenk mitgebracht«, sagte Clark, stellte seine Aktentasche auf den
Bettrand und holte zwei Flaschen Sam Adams-Bier heraus. Eine gab er Driscoll,
die andere öffnete er selbst.
Driscoll
nahm einen Schluck und seufzte. »Woher wissen Sie das? Ich meine das Bier.«
»Das haben
Sie mir in Somalia erzählt.«
»Gutes
Gedächtnis! Und Ihre Haare sind auch grauer geworden, wie ich sehe.«
»Das
müssen gerade Sie sagen!«
Driscoll
nahm einen tiefen Schluck. »Was ist der wahre Grund Ihres Besuchs?«
»Hauptsächlich
wollte ich sehen, wie es Ihnen geht, aber ich habe auch von diesem CID-Mist
gehört. Wie ist da der letzte Stand?«
»Keine
Ahnung. Sie haben mich dreimal befragt. Mein Anwalt meint, dass irgend so ein
Schreibtischarschloch mir etwas anhängen will. Es ist die totale Scheiße, sage
ich Ihnen, John.«
»Da haben
Sie vollkommen recht. Wenn man seinen Job macht, ist man am Arsch, und wenn man
ihn verbockt, ist man es auch. Was sagen die Ärzte zu Ihrer Schulter?«
»Noch eine
weitere Operation. Der Steinsplitter hat zwar die großen Blutgefäße verfehlt,
aber die Bänder und Sehnen hat es ganz schön erwischt. Sie glauben, dass der
Genesungsprozess drei Monate dauern wird, und danach kommt noch ein Vierteljahr
Reha. Sie sind ziemlich zuversichtlich, aber ich werde mich hinterher wohl kaum
noch von Ast zu Ast schwingen können.«
»Würde ein
Aufbauprogramm mit einem speziellen Trainingsrucksack helfen?«
»Wahrscheinlich
nicht. Der Arzt, der mich operiert hat, meint, dass ich den Ellbogen wohl kaum
noch über Ohrenhöhe heben kann.«
»Das tut
mir leid, Sam.«
»Mir auch.
Ich werde das alles vermissen. Ich werde vor allem die Jungs vermissen.«
»Sie haben
Ihre zwanzig Jahre gedient und sind pensionsberechtigt, oder?«
»Sogar
noch ein paar Jährchen mehr, aber mit dieser CID-Scheiße ... Wer weiß?«
Clark
nickte nachdenklich. »Na, zumindest hatten Sie einen starken Abgang. Sie haben
ja ein paar wichtige Informationen aus dieser Höhle mitgebracht. Auf diesem
Sandkastentisch hätten Sie verdammt noch mal die Berge runterrodeln können.«
Driscoll
musste lachen, aber dann stutzte er: »Augenblick mal! Wieso wissen Sie
überhaupt davon? Sie sind immer noch dabei, stimmt's?«
»Kommt
darauf an, was Sie unter >dabei< verstehen.«
In diesem
Moment betrat eine
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