Clancy, Tom
im Lagerhaus in Dubai ein.
Seit Musas
Ankunft war der Ingenieur an der Arbeit gewesen; er hatte das bleigepanzerte
Sicherheitszelt im Lagerhaus aufgebaut und das Inventar der Einzelteile
geprüft. Das Zelt war in Malaysia nach Angaben gefertigt worden, die aus dem
Online-Lehrplan des Kurses in Operational Radiation Safety (OPRAD) von Fort
Leonard Wood gestohlen worden waren. Die Bauteile waren in Marokko nach
ukrainischen Plänen lasergefräst und gedreht worden.
Die Schönheit des Einfachen, dachte Musa.
Alle
Komponenten des Geräts stammten entweder aus ziviler Technik oder aus
Projekten, die schon lange als obsolet galten und aufgegeben worden waren.
Die
Komponente, die er und sein Team an sich gebracht hatten, gab es nur, weil,
wie Umweltschützer immer behaupteten, in Russland so schlampig mit Nuklearmaterial
umgegangen wurde. Musa wusste allerdings, dass die Gleichung noch weitere
Faktoren hatte, nämlich die Vorliebe der russischen Regierung für innovative
Anwendungen von Atomtechnologie und ihre Absicht, dies vor dem Rest der Welt zu
verbergen.
Entlang
der nördlichen Schifffahrtsrouten Russlands standen etwa 380 Leuchttürme, die
mit RTGs betrieben wurden, mit Radioisotop-Thermoelektrik-Generatoren. Fast
alle enthielten einen Strontium-90-Kern. Dieses schwach radioaktive Isotop mit
einer Halbwertszeit von 29 Jahren zerfiel unter Hitzeentwicklung und konnte bis
zu 80 Watt Strom erzeugen. Bei allen der vier eingesetzten RTG-Modelle -
Beta-M, Efir-MA, Gorn und Gong - gab es jedoch einige wenige, deren Kern aus etwas
ganz anderem bestand, aus Plutonium-238. Anders als Strontium, das im
schlimmsten Fall zum Einsatz in einer schmutzigen Bombe missbraucht werden
konnte, handelte es sich dabei um spaltbares Material. Andererseits würde
dieses radioaktive Material alleine für ihre Zwecke nicht ausreichen; sie
brauchten eine zweite Quelle. Das war Adnans Aufgabe gewesen, und er und seine
Männer hatten ihr Leben dafür gegeben. Die Beute aus dem schrottreifen
Eisbrecher auf dieser gottverlassenen Insel war das letzte Puzzlestück: der
Kern eines Druckwasserreaktors vom Typ OK-900A mit 150 Kilo angereichertem Uran-235.
Beides einfach zum Mitnehmen, dachte Musa. Sicherheitsmaßnahmen
rein nominell, Überprüfungen so gut wie keine. Würden diese Narren den Verlust überhaupt bemerken, und wenn ja, wie
lange würde es dauern?, fragte er sich. Auf jeden Fall
würde es zu spät sein.
w ie komplex auch die Vorgänge und Theorien waren, die
hinter der Funktion des Apparats standen, so war doch der Zusammenbau nicht
schwieriger als der eines Vierzylinder-Automotors, hatte der Ingenieur ihm erklärt.
Die Bauteile mussten natürlich extrem genau gefertigt werden, mit Toleranzen
im Mikrometerbereich, was die Herstellung mühsam machte, aber die von Musa
ausgewählte Lagerhalle in Dubai garantierte ihnen Ungestörtheit und
Anonymität. Der Zeitplan des Emirs gab ihnen genug Spielraum, um sorgfältig zu
arbeiten.
Der
Ingenieur trat aus der Reiß Verschlussöffnung des Arbeitsbereichs und legte im
Umkleideraum des Zelts seinen Schutzanzug ab, bevor er in die Lagerhalle hinaustrat.
»Beide Teile sind korrekt verpackt«, erklärte er und nahm die Wasserflasche,
die Musa ihm reichte. »Außer radioaktiven Spuren an der Außenseite der Behälter
gibt es keine Strahlenlecks. Nach dem Mittagessen werde ich sie auspacken.
Meine größte Sorge ist das zweite Paket.«
»Warum?«
»Die
Anschlussstücke für den Eintritt der Dampfstab-Aktuatoren in den
Sicherheitsbehälter könnten Probleme machen. Wahrscheinlich sind sie bei der
ursprünglichen Bergung versiegelt worden, aber die Frage ist, womit und wie
gut. Bevor ich das geprüft habe, kann ich nicht beurteilen, ob sie noch intakt
sind.«
Musa
dachte darüber nach, dann nickte er. »Und die Materialmenge?«
»Wie
gesagt, erst muss ich es gesehen haben.«
»Sie
wissen, wie viel wir mindestens brauchen, nicht wahr?«
»Ja, und
ich glaube, wir werden das auch leicht erreichen, aber versprechen kann ich
nichts. Sie sind sich sicher, dass keines der beiden Teile aus einer
militärischen Einrichtung stammt, stimmt's?«
»Spielt
das eine Rolle?«
»Eine
entscheidende, mein Freund. Was wir hier machen, ist im Wesentlichen Reverse
Engineering. Um es komplizierter zu machen, sind beide Teile sehr verschieden
konstruiert, für sehr unterschiedliche Zwecke. Wie wir sie auseinandernehmen,
ist fast genauso wichtig wie der Zusammenbau. Verstehen Sie das?«
»Ich
verstehe. Wir
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