Clancy, Tom
unauffällige zweispurige Straße, die zwischen Gehölzen
und Feldern hindurchführte, die Grenze zwischen zwei Staaten war. Der einzige
Hinweis darauf, den Musa sehen konnte, war ein hüfthoher Maschendrahtzaun auf
der Südseite. Die Amerikaner mochten anscheinend Zäune.
Er fuhr 13
Kilometer weit, sah dem Sonnenuntergang zu und die Sterne auftauchen. Seine
Scheinwerfer huschten über den grauen Asphalt, der gelbe Mittelstreifen
verschwand unter dem Wagen, bis nach Stunden, so schien es, endlich eine
Kreuzung auftauchte. Im Näherkommen las er das Straßenschild: 216th Street.
Gut. Jetzt war es nicht mehr weit. Als Nächstes kam die 212th Street, dann die
210th. Er schaltete den Tempomat aus und ließ den Wagen rollen. Rechts voraus
waren hinter Bäumen die Lichter einiger Häuser zu sehen. Er spähte aus dem
Seitenfenster, ließ den Wagen noch langsamer werden ... Da.
Neben
einer Gruppe Pinien hatte der Zaun eine Lücke. Auf einem Schild stand
PRIVATEIGENTUM. ZUTRITT VERBOTEN. Musa sah nach vorn: keine Scheinwerfer zu
sehen; dann in den Rückspiegel: alles frei. Er schaltete seine eigenen
Scheinwerfer ab, tippte die Bremse an und bog nach links über die Gegenfahrbahn
durch das Tor ab.
Er war in
den Vereinigten Staaten.
Die Straße
fiel fast sofort ab, die unbefestigte Fahrbahn wurde waschbrettartig. Rechts
ragte ein Feld von Pinienstümpfen empor. Ein Holzunternehmen hatte dieses
Waldstück gekauft und sich entschlossen, einen Kahlschlag daraus zu machen.
Der Weg
wurde immer schlechter, aber der Allradantrieb des Subaru brachte ihn zügig
voran. Die Holzfällerpiste wand sich in südöstlicher Richtung einen knappen Kilometer
durch die Öde, bis sie sich in zwei Wege aufteilte. Musa nahm den linken, und
die Straße wurde wieder besser und stieß nach wenigen Minuten auf eine weitere
Abzweigung. Hier wandte er sich ebenfalls nach links, fuhr einige Hundert Meter
nach Osten, dann wieder nach Süden. Fünf Minuten später kam er an eine asphaltierte
Straße. Das musste die H-Street Road sein. Er atmete tief durch. Wenn er bei
der Grenzüberquerung entdeckt worden wäre, dann hätten sie ihn bestimmt schon
gestoppt. Jetzt war er sicher. Fürs Erste.
Er
schaltete die Scheinwerfer wieder ein und bog nach rechts auf die Asphaltstraße
ein. Nach acht Kilometern würde er den Highway 5 direkt nördlich von Blaine,
Washington, erreichen. Von da aus ging es dann nach Süden. Drei Tage gemächlicher
Fahrt auf den großen Highways.
Die
Rückseite von Almasis Haus grenzte an einen mit niedrigem Gestrüpp bewachsenen
Hügel, dessen Abhang an der Rückseite sich bis zur Kiesgrube hinunter
erstreckte. Dominic und Brian nahmen sich Zeit; sie hielten sich eng an die
von Felsbrocken übersäten tiefen Rinnen, die sich den ganzen Abhang
hinaufzogen. Erst nach einer halben Stunde erreichten sie die Hügelkuppe. Sie
legten sich auf den Bauch und robbten vorwärts.
Unten am
Hang, etwa zwanzig Meter von ihnen entfernt, ragte die Rückseite der Scheune
auf, rechts davon befanden sich die vier kleineren Häuser. Die Fenster im
Untergeschoss waren dunkel. Das Bauernhaus stand weiter links und nach vorn
versetzt; im Obergeschoss war ein Fenster erleuchtet.
»Fast drei
Uhr«, flüsterte Brian. »Bleiben wir erst mal in Deckung. Wenn Almasi das
Grundstück bewachen lässt, werden wir irgendwann die Wächter patrouillieren
sehen.«
Zehn
Minuten vergingen, dann zwanzig. Nichts rührte sich.
»Klopfen
wir mal leise an?«, fragte Dominic. »Die Scheune vielleicht?«
»Warum
nicht?«
Brian zog
sich ein paar Schritte zurück, hob eine Hand voll Kieselsteine auf, kroch
wieder nach vorn und warf einen davon in hohem Bogen auf das Scheunendach. Er
prallte auf das Dach, klapperte über die Ziegel und fiel auf den Boden.
Nichts
rührte sich. Kein Geräusch war zu hören.
Brian warf
einen zweiten Stein in flacher Wurfbahn gegen die Scheunenwand. Er krachte
recht laut dagegen. Fünf Minuten vergingen.
»Eine
halbe Stunde ist vergangen.«
»Zuerst
die Scheune, dann die Hütten?«, schlug Dominic vor.
»Ja. Wenn
er eine Reservetruppe hat, werden die Männer wohl in der Scheune oder in den
Hütten schlafen.«
Sie zogen
sich von der Hügelkuppe zurück, krochen nach rechts, bis sie sich in gerader
Linie hinter der Scheune befanden und durch sie gedeckt wurden, und robbten
dann vorsichtig den Abhang hinunter, bis sie an der Hinterwand der Scheune
ankamen. Die Holzplanken der Wand waren morsch und hatten breite Spalten
zwischen den
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