Clancy, Tom
Russian Girl«, verkündete Tariq, als er mit dem Notebook in
der Hand ins Wohnzimmer kam. Der Emir stand am Fenster und starrte in die
Wüste hinaus. Jetzt drehte er sich interessiert um.
»Eine gute
Nachricht, hoffe ich?«
»In einer
Minute wissen wir mehr.« Tariq fuhr das Notebook hoch, öffnete seinen
Webbrowser und rief eine Website namens storespot.com auf, einer von den
Dutzenden kostenloser Online-Datenspeicher, die im Internet zur Verfügung
stehen. Um einen Account zu eröffnen, benötigte man nur einen Benutzernamen,
ein Passwort und eine E-Mail-Adresse, und für Letzteres gab es spezielle
Webangebote mit »Wegwerf«-Adressen, die sich selbst wieder löschten.
Tariq
loggte sich ein, klickte auf drei Links und befand sich damit im Upload- und
Download-Bereich des Web-Speichers. Dort wartete eine einzige Datei im
Plain-Text-Format. Den aufgeführten Details zufolge war die Datei vor zwölf
Minuten hochgeladen worden. Tariq öffnete die Datei, kopierte den Inhalt auf
seinen Desktop und löschte die Datei aus dem Account. Dann öffnete er das
Textverarbeitungsprogramm und fügte den Inhalt in eine neue Datei ein. Er
brauchte zwei Minuten, um den Inhalt des Texts zu überfliegen.
»Alles
drin. Alles, was wir brauchen.«
»Welcher
Eingang?«
»Der
Südeingang.«
Der Emir
lächelte. Allah war mit ihnen. Von den beiden Eingängen wurde der Südeingang
weniger intensiv genutzt als der Nordeingang, was auch weniger Sicherheitspersonal
bedeutete. »Wo genau?«
»Auf der
dritten Endlagerebene, fünfhundert Meter weit im Innern und dreihundert Meter
unter der Oberfläche. Jenkins meint, das sei der Bereich, der den Ingenieuren
das größte Kopfzerbrechen bereitet. Nächste Woche ist eine Besprechung zwischen
dem Energieministerium und der NRC, also der Nuclear Regulatory Commission,
geplant, bei der es um das Auffüllen und Verschließen der gesamten Lagerebene
geht, bevor sie weitere Lieferungen annehmen.«
Doch der
Emir wusste, dass auch der Südeingang einen Nachteil hatte. Innerhalb von
Minuten nachdem der Truck vom Highway 95 in die Zufahrtsstraße eingebogen war,
würden Bewegungsmelder und Überwachungskameras vermutlich seine Durchfahrt
registrieren und an das Überwachungszentrum am Haupteingang der Einrichtung
melden. Und wenn das Personal feststellte, dass der Truck auf den Südeingang
zufuhr, wie würde es dann reagieren? Es schien ihm eher unwahrscheinlich, dass
sie sofort Alarm auslösen würden. Schließlich war diese Übungsanlieferung die
erste ihrer Art. Vielmehr würde das Personal vermutlich annehmen, dass der
Fahrer die falsche Abzweigung genommen hatte. Anrufe würden getätigt werden,
vielleicht würde man ein Auto zum Südeingang schicken, um den verirrten
Lastwagen zurückzudirigieren. Diese Aufklärungsversuche würden dann Musa und
seine Leute vereiteln.
Bei allen
Machbarkeitsstudien, die der URC in den frühen Planungsstadien von Lotus
durchgeführt hatte, war immer eine Frage besonders problematisch und nebulös
erschienen: die SicherheitsVorkehrungen in der Einrichtung selbst. Das war
eine Sache, die vom Energieministerium und vom NRC konsequent geheim gehalten
wurde, entweder aus Sorge um die Sicherheit oder aufgrund interner
Entscheidungsschwächen. Als die Planung für Lotus weiter voranschritt, wurde
allmählich klar, dass sie vermutlich von einem Worst-Case-Szenario ausgingen.
Und das mochte im Falle von Atomanlagen bedeuten, dass dort Schutztruppen der
NNSA, der für Nuklearsicherheit zuständigen Behörde, stationiert sein könnten,
eine gut ausgebildete und hervorragend ausgerüstete paramilitärische Spezialeinheit,
die dem Energieministerium unterstand.
Der 11.
September hatte nicht nur sehr viele Aspekte der amerikanischen Regierung und
Gesellschaft betroffen, sondern auch deutlich gemacht, dass man das nukleare
Material durch viel bessere Kontrollprogramme intensiver schützen musste. Man
musste es dem Energieministerium zugutehalten, dass es weder Kosten noch Mühen
gescheut hatte, um dieses Ziel zu erreichen. So hatte man die NNSA-Schutztrupps
in kleinen, speziellen Einheiten in gegenterroristischen Taktiken ausgebildet;
sie wurden mit gepanzerten Fahrzeugen und großkalibrigen Waffen ausgerüstet,
darunter Granatwerfer, panzerbrechende Munition und, an ausgewählten Standorten,
auch mit mobilen sowie stationären Dillon M134D Gatling Gun-Systemen.
Nichts in
der Aufklärungsarbeit des URC hatte den Emir zu der Vermutung veranlasst, dass
die NNSA in der
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