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Clancy, Tom

Clancy, Tom

Titel: Clancy, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dead or Alive
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Zuhörern recht schnell niedergezischt worden waren. Die
restlichen zwanzig Prozent seiner Kritiker waren Linke, die fest daran
glaubten, dass Edward Kealty das Land vom Abgrund zurückgerissen habe, den Ryan
hinterlassen hatte. Totaler Unsinn natürlich, aber sie glaubten fest daran.
Ryan hegte eine tiefe Überzeugung: Zum einen gab es die Realität, zum anderen
eine bestimmte Sichtweise, und die beiden kamen sich höchst selten nahe. Das
war eine Lektion, die Arnie van Damm ihm während seiner Präsidentschaft immer
- aber meist vergeblich - hatte einbläuen wollen. Ryans Stolz und Sturheit
hatten eben nicht zugelassen, dass er diese Lektion ohne Weiteres schluckte.
Manche Dinge waren eben einfach wahr, daran änderten
auch blödsinnige Sichtweisen nichts. Weshalb eine Mehrheit der amerikanischen
Wähler diese banale Tatsache verdrängt hatte, wollte einfach nicht in Ryans
Kopf, aber letztlich war er wohl kein objektiver Beobachter. Robby hätte ins
Weiße Haus kommen müssen. Jetzt musste er nur darauf achten, dass diese Enttäuschung
seine Rede nicht vergiftete. So gern er auch einen amtierenden Präsidenten
attackiert hätte - schließlich war der Kerl ein Esel -, zu einem so miserablen
Stil ließ er sich nicht hinreißen.
    Die Tür
zum Greenroom - in diesem Fall ein kleiner Aufenthaltsraum neben dem
McNeir-Auditorium - öffnete sich, und Andrea Price-O'Day, die Leiterin von Ryans
Secret-Service-Wache, trat an den beiden anderen Leibwächtern vorbei in den
Raum.
    »Fünf Minuten,
Sir.«
    »Viele
Zuhörer?«
    »Volles
Haus. Keine Fackeln, keine Mistgabeln.«
    Ryan
musste lachen. »Immer ein gutes Zeichen. Wie ist mein Krawattenknoten?«
    Er hatte
schon frühzeitig gelernt, dass Andrea einen doppelten Windsor weit besser
beherrschte als er selbst — fast so gut wie Cathy, aber die pflichtbewusste
Ärztin war heute schon früh am Morgen ins Krankenhaus gefahren, also hatte er
die Krawatte selbst binden müssen. Ein Fehler.
    Andrea
betrachtete das Ergebnis kritisch mit leicht geneigtem Kopf. »Gar nicht so
übel, Sir.« Sie rückte den Knoten ein wenig zurecht und nickte billigend. »Wenn
Sie so weitermachen, verliere ich noch meinen Job.«
    »Nie und
nimmer, Andrea.« Price-O'Day war seit sehr langer Zeit zur Familie Ryan
abgeordnet, sogar so lange, dass die meisten Ryans kaum jemals daran dachten,
dass sie bewaffnet und bereit war, zu töten und für ihre Sicherheit zu
sterben.
    Dann
klopfte es an der Tür, und einer der Agenten steckte den Kopf durch den Spalt.
»SHORTSTOP«, verkündete er und öffnete die Tür weiter, um Jack jr. eintreten
zu lassen.
    »Jack!«,
sagte der ältere Ryan erfreut und ging ihm entgegen.
    »Hallo,
Andrea«, grüßte Jack jr.
    »Mr.
Ryan.«
    »Nette
Überraschung«, sagte der Expräsident erfreut.
    »Ja, nun,
mein Date hat mich kurzfristig sitzen lassen, und da dachte ich ...«
    Ryan
lachte. »Jeder Mensch hat seine Prioritäten.«
    »Verdammt,
ich wollte nicht sagen ...«
    »Schon
gut, Jack. Bin froh, dass du da bist. Hast du schon einen Platz gefunden?«
    Jack jr.
nickte. »Erste Reihe.«
    »Sehr gut.
Wenn sie mich in die Enge treiben, meldest du dich mit einer harmlosen Frage.«
     
    Jack
schlenderte den Flur entlang, ging eine Treppe hinunter und auf den Hörsaal
zu. Der Flur war nur spärlich beleuchtet, jede zweite Neonlampe hatte man
abgeschaltet. Wie die meisten Bildungseinrichtungen wollte auch Georgetown
»grüner« werden. Als er an einem der Konferenzräume vorbeikam, hörte er von
dort ein metallisches Kratzen, wie von einem Stuhl, der über den Boden gezogen
wird. Er machte kehrt und spähte durch das Schlitzfenster hinein. Ein
Hausmeister in blauem Overall kniete neben einer umgedrehten Bohnermaschine.
Er hielt einen Schraubenzieher in der Hand, offenbar damit beschäftigt, das
Bürstenpad zu wechseln. Aus einem Impuls heraus stieß Jack die Tür auf und
streckte den Kopf durch den Spalt. Der Hauswart blickte auf. »Hi«, sagte Jack.
    »Hello.«
Der Mann, offenbar ein Hispano, sprach mit schwerem Akzent. »Wechsel Bürsten«,
sagte er.
    »Wollte nicht
stören«, sagte Jack und schloss die Tür wieder. Er zog sein Mobiltelefon heraus
und wählte Andreas Nummer. Sie antwortete schon nach dem ersten Zeichen. »He«,
sagte Jack. »War grade auf dem Weg zum Hörsaal ... Hier unten ist ein
Hausmeister ...«
    »Konferenzraum
2 B?«, fragte sie.
    »Ja.«
    »Wir haben
ihn überprüft, aber wir machen es noch mal. Wir gehen ohnehin durch das
Untergeschoss zum

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