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Clancy, Tom

Clancy, Tom

Titel: Clancy, Tom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dead or Alive
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der
Küste zurückgewichen und hatte das schwarze Wasser des arktischen Ozeans
freigegeben. Wenn es noch kälter wurde, würde das offene Wasser wieder zu Eis
erstarren, und es war noch genug Packeis in Sicht, eine ständige Erinnerung,
dass der Sommer hier oben bestenfalls ein flüchtiges Zwischenspiel gab. Mutter
Natur blieb so grimmig und herzlos wie immer, selbst unter einem
kristallblauen Himmel, in dem nur ein paar flockige Wolken zu sehen waren.
    Die Gegend
hier war nicht sehr viel anders als seine erste Stationierung bei der
Eismeerflotte in Poljarny vor zwölf Jahren, ungefähr zu der Zeit, als die
sowjetische Marine zu kollabieren begann. Sicher, sie hatte noch ein paar
Schiffe übrig; die meisten lagen in den Werften im Kola-Fjord vertäut, und ihre
Mannschaften bestanden aus Männern, die entweder dort bleiben mussten oder die
in ihrer Heimat nichts Besseres zu tun hatten. Es gab ein paar Schiffe, deren
Crews fast vollständig aus Offizieren bestanden, die ihren Sold tatsächlich
noch ein paar Mal im Jahr erhielten. Vitali hatte zu den letzten Männern
gehört, die noch von der ehemaligen sowjetischen Marine eingezogen worden
waren, und zu seinem Erstaunen hatte er entdeckt, dass ihm die Arbeit gefiel.
    Nach der
geisttötenden Grundausbildung hatten sie ihn zum starshina oder Maat gemacht, dann zum Bootsmann. Das war
verdammt harte Arbeit gewesen, echt schweißtreibend, aber sie war befriedigend,
und er bekam auch noch eine nützliche Ausbildung. Vom Verfall der sowjetischen
Marine hatte er selbst sogar profitiert, denn er hatte zum Schnäppchenpreis ein
altes, aber gut gepflegtes T-4-Landungsboot gekauft und es dann so umgebaut,
dass er auch Passagiere aufnehmen durfte. Meistens transportierte er
Wissenschaftler, die aus Gründen, die ihm rätselhaft blieben und ihn auch nicht
interessierten, die Region erforschen wollten. Manchmal auch ein paar Jäger,
die unbedingt den Pelz eines selbst geschossenen Eisbären als Bettvorleger
haben wollten.
    Seine
Charterkundschaft für diese Woche wartete weiter unten an der Küste in einem
kleinen Fischerdorf auf ihn. Schon vor zwei Tagen hatte er ihre Ausrüstung an
Bord genommen, einen GAZ-Lastwagen mit Allradantrieb, neuen Reifen und frisch
aufgesprühtem Lack, zudem noch ausgerüstet mit einem A-Frame-Schwerlastkran.
Die Ausrüstung war von einem anonymen Lkw-Fahrer angeliefert worden, der
wahrscheinlich, genau wie Vitali selbst, in Euro bezahlt worden war. Wie jeder
gute Kapitän hatte auch Vitali das Frachtgut inspiziert und mit leichtem
Erstaunen festgestellt, dass man am Lkw sämtliche Identifikationscodes entfernt
hatte, bis hin zur Fahrgestell- und Motornummer. Das machte zwar nicht
besonders viel Arbeit und erforderte auch keinen Mechaniker, aber Vitali war
trotzdem überzeugt, dass seine Charterkunden den Job nicht selbst ausgeführt
hatten. Also waren sie wohl nach Russland eingereist, hatten einen GAZ in
gutem Zustand gekauft, ordentlich dafür bezahlt, dass er vollkommen neutralisiert
wurde, und dann ein Boot privat gechartert. Offensichtlich eine Menge Geld zum
Ausgeben und extrem stark auf Anonymität bedacht. Was mochte das wohl bedeuten?
    Aber es
war töricht, wenn man übermäßig neugierig war. Clevere Katzen kannten die
Risiken der Neugier, und er hielt sich gern für clever. Die Euroscheine würden
auch sein Gedächtnis beeinflussen, womit offenbar auch seine Auftraggeber ausgesprochen
selbstsicher rechneten - der Anführer der Gruppe, der eindeutig aus dem
Mittelmeerraum stammte, hatte Vitali sogar aufgefordert, ihn Fred zu nennen.
Das war wohl weniger eine List als vielmehr ein Ersatzname, der unter diesen
Umständen nötig schien, fast wie ein kleiner Scherz zwischen alten Freunden,
was auch durch Freds Grinsen bei ihrem ersten Treffen bestätigt worden war.
    Jetzt
blickte er seiner Kundschaft entgegen, die gerade an Bord kam und ihm
zuwinkte. Danach gab er Wanja, seinem Maschinisten plus Matrosen, das Zeichen
zum Ablegen. Vitali warf den Dieselmotor an und manövrierte langsam aus dem
Dock.
    Wenig
später steuerte er aus der Fahrrinne auf das offene Meer hinaus. Das schwarze
Wasser mochte nicht sonderlich einladend wirken, aber er und das Boot gehörten
hierher, und es war ein gutes Gefühl, wieder hinauszufahren. Zu einem
perfekten Morgen fehlte ihm jetzt nur noch ein Beruhigungsmittel, und das
verschaffte sich Vitali mit einer American Marlboro Lights 100. Und schon war
der Morgen wirklich perfekt. Die örtliche Fischerflotte hatte den

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